Kultur in Dresden ist auf Ehrenamt angewiesen
Die Freie Szene sei weit mehr als ein Zusatzangebot, argumentiert O’Brien. Sie bezeichnet die stadtunabhängigen Kulturangebote als ein Fundament, auf dem das kulturelle und gesellschaftliche Leben vieler Stadtteile aufbaue. Eines dieser Angebote ist das „TanzNetzDresden“, ein Netzwerk für freischaffende Tänzerinnen und Choreografen. Anna Till ist im Vorstand des Netzwerks, selbst Tänzerin und Mitglied im Kulturbeirat der Stadt. Sie erlebt die Situation sehr persönlich: „Als erstes frage ich mich schon: Wie mache ich weiter? Das ist tatsächlich die dringendste Frage.“
Als erstes frage ich mich schon: Wie mache ich weiter?
Anna Till, Vorständin „TanzNetzDresden“
Das „TanzNetzDresden“ bietet professionelles Training, Workshops und Austauschformate – vieles davon gibt es nur, weil sich Menschen überwiegend ehrenamtlich engagieren. Doch bei einer Streichung der institutionellen Förderung stünde alles still. „Momentan ist ja vorgesehen, dass wir in der institutionellen Förderung auf null gehen“, so Till. Wenn das Netzwerk aus dem Fördertopf falle, würde dies bedeuten, dass auch keine Drittmittel mehr akquiriert werden können.
Stadtrat in Dresden entscheidet über Kürzungen
Die Stadt selbst verweist auf eine massive Haushaltslücke. Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch betont allerdings, dass nicht alle Entscheidungen politisch gewollt seien: „Seitens der Kulturverwaltung wollen wir keinen Kulturrückbau betreiben.“ Über den Haushalt entscheide am Ende der Dresdner Stadtrat. „Aber Fakt ist, dass mit der verhängten Haushaltssperre natürlich nicht mehr alle Einrichtungen die gleiche Summe bekommen können wie bisher.“
Es gibt aber einen Hoffnungsschimmer: Der Finanzausschuss hat nun geringere Kürzungen vorgeschlagen, über die der Stadtrat am Donnerstag entscheiden soll. „Ich hoffe darauf, dass die Haushaltssperre im Bereich der freien Träger dahingehend korrigiert werden soll, dass nur zehn Prozent des Gesamtbudgets zur Kürzung sind und nicht 25 Prozent“, so Klepsch. Damit müssten bei der Förderung freier Träger nicht mehr 1,4 Millionen gekürzt werden, sondern lediglich 550.000 Euro.
Für einige würde es immer noch das Aus bedeuten. Für andere wäre es zumindest ein kleiner Spielraum.
Andrea O’Brien, „Netzwerk Kultur Dresden“
Unsichere Zukunft für Kulturarbeit in Dresden
Andrea O’Brien vom „Netzwerk Kultur Dresden“ sieht jedoch auch diese Kürzung kritisch. „Für einige würde es immer noch das Aus bedeuten. Für andere wäre es zumindest ein kleiner Spielraum, Zeit zu gewinnen“, so O’Brien.
Wenn absehbar sei, dass ein Haus nicht mehr erhalten werden könne, müsse man an die Abwicklung gehen – und das lasse sich nicht mehr revidieren. Klar ist: Bei der Stadtratsentscheidung stehen nicht nur Budgetfragen auf dem Spiel, sondern auch die Frage, ob eine über Jahrzehnte gewachsene Kulturlandschaft in Dresden erhalten bleibt.
Redaktionelle Bearbeitung: ngh