Berlin – Die neue „Nationale Sicherheitsstrategie“ der USA löste in Europa Alarmstimmung aus. In seinem Interview mit POLITICO (gehört wie BILD zu Axel Springer) hat US-Präsident Donald Trump gestern nachgelegt: Die EU-Anführer seien „schwach“, ihre Migrationspolitik gefährlich. Trump schloss sogar eine Einmischung in europäische Wahlen nicht aus, um den Kontinent auf den vermeintlich richtigen Kurs zu bringen.
► Was kann jetzt auf Europa zukommen?
Besonders brisant ist die Ankündigung der US-Regierung, den „Widerstand“ gegen die EU in Europa zu fördern. Damit könnten EU-kritische, nationalistische Parteien gemeint sein. In Deutschland wäre dies die AfD. Nach BILD-Informationen führen AfD-Politiker derzeit Gespräche mit US-Regierungsvertretern. Sie klagen dabei auch über genau das, was das Trump-Lager an Deutschland für kritikwürdig hält.
„Die Bundesregierung sollte sich jetzt schon überlegen, wie sie auf eine US-Einmischung reagieren könnte“, sagte der Sicherheitsexperte Peter Neumann (King’s College London) im Podcast von BILD-Vize Paul Ronzheimer.
Trumps Plan für ein neues Europa. Hören Sie jetzt die neue Podcast-Folge von Paul Ronzheimer mit Peter Neumann. Bei Spotify, Apple Podcast oder im BILD-Player.
So könnten die USA sich in Deutschland einmischen
Sollte „es irgendwann zu diesem AfD-Verbotsverfahren kommen“, dann könnte „Amerika da sehr stark reagieren, möglicherweise sogar mit Sanktionen“. Möglich sei auch, dass die USA versuchen würden, staatliche Maßnahmen in Deutschland mit Drohungen zu verhindern: „Wenn Ihr irgendwas gegen die AfD macht, dann kommt Amerika und erlässt Sanktionen oder erhöht Zölle“, so Neumann.
Auch konkrete Unterstützung der deutschen Rechtsaußen-Partei aus den USA sei möglich. Neumann: „Nicht unbedingt von der amerikanischen Regierung, aber von Leuten, die mit der Republikanischen Partei zu tun haben.“ Sie könnten die AfD finanziell unterstützen, vorstellbar sei auch, „dass Elon Musk und andere amerikanische Medienplattformen Algorithmen entsprechend manipulieren, sodass die AfD bevorzugt wird, wenn das nicht bereits passiert“.
Der deutsche Sicherheitsexperte Peter Neumann warnt vor US-Einmischung in Deutschland
Foto: Markus Hertrich
„Freunde sprechen ehrlich miteinander“
Einen anderen Blick hat die amerikanische Außenpolitik-Expertin Mary Kissel. Sie war die rechte Hand von Trumps früherem US-Außenminister Mike Pompeo, ist jetzt Politikberaterin beim Investment-Riesen Stephens. Zu BILD sagt sie über Trumps EU-Plan: „Vieles an der Kritik der Medien erscheint mir überzogen. Die Nationale Sicherheitsstrategie stellt eindeutig fest, dass die USA die Beilegung des Krieges in der Ukraine als ein ‚Kerninteresse‘ betrachten – etwas, das insbesondere Deutschland begrüßen und mitgestalten sollte.“ Die Kritik am Zustand europäischer Volkswirtschaften basiere „auf Fakten und könnte als Anstoß dienen, den Fokus wieder stärker auf Wachstum und sozialen Aufstieg zu richten“.
Kissel zu BILD: „Freunde sprechen ehrlich miteinander. Trumps zweite Nationale Sicherheitsstrategie mag noch deutlicher formuliert sein als Trumps erste, aber ich sehe hier eher mehr als weniger Chancen für Europa – falls europäische Politiker den Mut haben, sich ehrlich mit den in dem Dokument aufgeworfenen Fragen auseinanderzusetzen.“
Beriet Außenminister Pompeo in Trumps erster Amtszeit: US-Expertin Mary Kissel
Foto: Gage Skidmore/Wikipedia
Auffällig ist: Während im amerikanischen Strategiepapier der EU auch „Zensur der freien Meinungsäußerung und Unterdrückung politischer Opposition“ vorgeworfen wird, sprach Trump im „Politico“-Interview fast ausschließlich über die Migrationspolitik Europas. Dies könnte darauf hindeuten, dass vor allem US-Vizepräsident JD Vance hinter dem Regierungsdokument steckt.
„Die Vorwürfe und Behauptungen sind beinahe deckungsgleich mit der Rede von JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz“, so Benedikt Franke, CEO der Sicherheits-Konferenz, zu BILD.