Berlin – Die in der Nationalen Sicherheitsstrategie angekündigte Wende der Europa-Politik der USA hat auf beiden Seiten des Atlantiks ein heftiges Presse-Echo ausgelöst. Dem Papier zufolge solle der „Widerstand“ gegen die EU in europäischen Ländern gestärkt werden.
Mehr noch: In einer Langfassung der Strategie werden Österreich, Ungarn, Italien und Polen als mögliche Kooperationspartner genannt, mit denen die Amerikaner „mehr zusammenarbeiten sollten“, mit dem Ziel, sie von der EU „wegzuziehen“.
Unverhohlene Freude über die neue Trump-Linie gibt es nur in Ungarn. Die Meinungen der internationalen Presse dazu gehen weit auseinander.
„Gegenspieler, ähnlich wie China und Russland“
► Scharf kommentiert die schwedische Tageszeitung „Dagens Nyheter“: „Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass die USA nicht nur auf dem Weg sind, Europa zu verlassen – sie werden praktisch zu einem Gegenspieler, ähnlich wie China und Russland. Peking und Moskau wollen die EU spalten und die europäischen Länder gegeneinander ausspielen. Washington macht deutlich, dass es dasselbe beabsichtigt.“
► Von einem Ende der Illusionen schreibt die niederländische Zeitung „de Volkskrant“: „Die Ukraine und die europäische Sicherheit können nur gerettet werden, wenn die Europäer ihre Illusionen über Amerika aufgeben und sich bewusst machen, was ein weiter vorrückendes Russland für ihre eigene Sicherheit bedeuten würde. Das erfordert ein kollektives Bewusstsein, das bisher kaum vorhanden ist: Europa ist zum ersten Mal seit einem Dreivierteljahrhundert ohne den Beistand der USA mit großen Fragen über Krieg und Frieden konfrontiert.“
Paktiert Trump künftig mit Putin-Freunden?
► „Trump will mit Österreichs Hilfe EU spalten“, titelt „Die Presse“ aus Österreich. Dabei verweist die Zeitung auf eine mögliche Schlüsselrolle der FPÖ, die in der Vergangenheit durch besondere Putin-Nähe aufgefallen ist. Wörtlich heißt es: „Plausibel erscheint, dass auch die Zusammenarbeit mit der FPÖ forciert werden soll. Die Freiheitlichen sind EU-kritisch und seit jeher bemüht, enge Bande in die Maga-Welt zu knüpfen.“
Auch interessant
Anzeige
Auch interessant
Anzeige
► „USA wollen Öxit vorantreiben“, titelt der Wiener „Standard“. Zwar sei bei der Langversion des Dokuments „offen, inwieweit der als wenig detailverliebt bekannte Präsident Einfluss genommen hat. Klar ist aber, dass Trump hinter der grundsätzlichen Geisteshaltung steht.“
► In Polen sieht man in Trumps Rundumschlag auch Chancen fürs eigene Land. Die „Gazeta Polska“ kommentiert: „Das Dokument (…) verlagert die Verantwortung für die Sicherheit stärker auf die Staaten der Region, erhöht die strategische Bedeutung unseres Teils Europas, eröffnet Polen neue Chancen, zwingt aber zugleich zu größerer eigenständiger Verteidigungsfähigkeit.“
Mehr zum ThemaEher eine „Verteidigung des Kontinent“
► Bemerkenswert: Einige Kommentatoren warnen vor Überbewertung der Strategie, darunter die „New York Times“. Das meist Trump-kritische Blatt kommentiert das Papier: „Liest man es genauer, klingen die Passagen über Europa eher wie eine Verteidigung des Kontinents. Sie beschreiben Europa unter anderem als ‚strategisch und kulturell lebenswichtig‘ für die Vereinigten Staaten.“ Und: „Die Hauptursache für den Ärger der Europäer darüber, dass ihre verschwindende Zivilisation von den Vereinigten Staaten betrauert wird, mag darin liegen, dass sie dieses Werk der Selbstzerstörung überhaupt erst auf Drängen Amerikas begonnen haben.“
► Die italienische Zeitung „Corriere della Sera“ kommentiert: „Es ist richtig, sich Sorgen zu machen. Aber das Papier sollte als das genommen werden, was es ist: ein Dokument. Außerdem ist es nicht selbstverständlich, dass Trump sich genau daran hält. Einige glauben, dass er es nicht einmal gelesen hat.“