Hannover (Niedersachsen) – Niemand vermisste den Mittfünfziger. Auch nicht, als sein Briefkasten bereits überquoll.

Der Fall aus dem Stadtteil Davenstedt im Osten von Hannover ist tragisch: Der Mann hatte zurückgezogen in seiner Erdgeschosswohnung in einer kleinen Neubausiedlung gelebt.

Dass er seit vielen Monaten nicht mehr gesehen wurde, wunderte sehr lange niemanden. Bis eines Tages der Rauchmelder anfing zu piepen, immer wieder. Das Gerät löste phasenweise Alarm aus, weil die Batterie fast leer war. Daraufhin riefen die Anwohner schließlich die Polizei. Als die Beamten die Tür öffneten, fanden sie die verweste Leiche des Mieters. Die hinzugezogenen Feuerwehrleute vermuten, dass er seit 1,5 bis 2 Jahren nicht mehr lebte.

Grausiger Fund hinter der Wohnungstür

Gegenüber BILD bestätigt ein Polizeisprecher die bedrückenden Umstände: „Nach derzeitigen Erkenntnissen des zuständigen Fachkommissariats für Todesermittlungen ist davon auszugehen, dass der Mann bereits vor längerer Zeit verstorben ist. Der Todeszeitpunkt wird aktuell zwischen Januar 2023 und dem Jahr 2025 eingeordnet.“ Ein Fremdverschulden liege nicht vor. Zuerst hatte die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ (HAZ) über den Fall berichtet.

Der Tod kam leise: Der Tod eines Mannes in dieser Siedlung blieb etwa zwei Jahre unbemerkt

Der Tod kam leise: Der Tod eines Mannes in dieser Siedlung blieb etwa zwei Jahre unbemerkt

Foto: Frank Tunnat

Nachbarin stellte Karton für die Post in den Hausflur

Rund 34.000 Menschen leben in Davenstedt. In dem ruhigen, grünen ehemaligen Dorf waren nach dem Krieg moderne Siedlungsbauten entstanden. Die Fluktuation ist vergleichsweise gering, man kennt sich hier eigentlich. Doch nun muss der Stadtteil einen besonders traurigen Fall von sozialer Isolation, Einsamkeit und ihren Folgen verkraften. Die HAZ zitiert eine ältere Nachbarin, die ihn „manchmal mit einem Rucksack zum nächsten Supermarkt gehen sah“.

Nachdem sie ihm nicht mehr begegnete, stellte sie einen Karton unter den überquellenden Briefkasten – für die Behördenpost. „Er war sehr in sich gekehrt. Ich war die Einzige, die ab und zu mit ihm gesprochen hat“, sagte die Seniorin dem Blatt.

Der offenbar arbeitslose Mann sei lediglich von seiner Mutter gelegentlich besucht worden. Doch sie starb während der Corona-Pandemie. Und irgendwann auch der Sohn. Unbemerkt von der Welt da draußen.

Mehr zum ThemaDie Wohnung war dem Toten schon gekündigt worden

Auch bei der Stadt als kommunalem Vermieter ist man betroffen. Stadtsprecher Dennis Dix zu BILD: „Das ist ein tragischer Fall. Aber es hat zu keiner Zeit Hinweise von Hausbewohnerinnen und Hausbewohnern bezüglich Geruchsbelästigungen, Ungezieferbefall oder Hinweise darauf, dass der Mieter nicht mehr gesehen wurde, gegeben. Deshalb stand nie der Verdacht im Raum, dass sich eine Leiche in der Wohnung befinden könnte.“

Eines fiel jedoch auf: Die Mietzahlungen blieben mittlerweile aus. Weil der Mann auf nichts reagierte, wurde ihm fristlos gekündigt und es lief eine Räumungsklage gegen ihn.