Ming Yang ist Mitglied der Kommunalen Ausländervertretung in Frankfurt. Eine Einladung nach Peking legt eine Nähe zur Einheitsfront der Kommunistischen Partei Chinas nahe. Gemeinsam mit einem ehemaligen Wirtschaftsminister organisiert er hochrangig besetzte Wirtschaftskonferenzen in China. Mehrere von Yangs Frankfurter Firmen sind jedoch insolvent.
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04:29 Min.|11.12.25|hr-iNFO im Gespräch mit Reporter Volker Siefert
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Vor einigen Jahren war Ming Yang bundesweit in den Schlagzeilen. Er war der erste chinesisch-stämmige Deutsche, der Oberbürgermeister einer Großstadt werden wollte. Auch wenn dieser Traum 2018 an den Wahlurnen geplatzt ist, mischt er als gewähltes Mitglied der Kommunalen Ausländervertretung (KAV) weiterhin in der Lokalpolitik in Frankfurt mit.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschied vor kurzem, dass Yang es hinnehmen muss, in die Nähe der Einheitsfront der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) gerückt zu werden. „An einer möglichen Einflussnahme der chinesischen Regierung auf das Bild Chinas in Deutschland besteht ein hohes politisches Interesse der Öffentlichkeit“, erklärte das OLG.
Anlass war eine wissenschaftliche Studie, gegen die Yang rechtlich vorgegangen ist. In ihr wurde Yang in die Nähe zur Einheitsfront gerückt, weil er 2019 zu einer Polit-Konferenz in Peking eingeladen war.
Mit Walter Döring unterwegs in China
Yang gibt an, Unternehmensberater zu sein. Auf der Website der Kommunalen Ausländervertretung wird er als Mitglied im Präsidium des Senate of Economy Europe geführt, einem Wirtschaftsgremium des ehemaligen FDP-Politikers Walter Döring. Dieser war bis 2004 Wirtschaftsminister und Vizeministerpräsident von Baden-Württemberg. In den letzten Jahren haben Döring und Yang mehrere Delegationsreisen deutscher Unternehmen nach China organisiert.
Döring wickelt diese Geschäfte über seine Akademie Deutscher Weltmarktführer (ADWM) in Schwäbisch Hall (Baden-Württemberg) ab. Das letzte von den beiden organisierte Event war das 2. Weltmarktführer-Forum in Peking vor ein paar Monaten. Bei der Konferenz kamen mehrere hundert Teilnehmer aus Deutschland und China zusammen.
Walter Döring (3.v.l.) und Ming Yang (4.v.l.) beim Hidden Champions Forum 2025.
Bild © Screenshot/ Hidden Champions Forum 2025
Dort sprachen mehrere hochrangige Vertreter der KPCh sowie ehemalige europäische Politiker. Mit dabei der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) oder der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD).
Deutsch-chinesischer Industriepark in Yangzhou
Döring beschreibt auf der Website seiner Akademie (ADWM) und auf seinem LinkedIn-Profil ausführlich seine Vermittlungstätigkeit. So findet sich bei LinkedIn ein kürzlich eingestellter Beitrag, in dem er von einem ersten Abschluss nach dem Weltmarktführer-Forum im Sommer berichtet. Ein süddeutscher Mittelständler siedle in China an.
Bei der Unterschrift waren Vertreter der kommunistischen Staats- und Parteiführung digital zugeschaltet und Ming Yang vom DEZ. Das Kürzel steht laut Döring für Deutsch-Europäisches Zentrum und soll von Yang geleitet werden.
An anderer Stelle freut sich Döring über die Teilnahme an der Grundsteinlegung für einen deutsch-chinesischen Industriepark in der Wirtschaftsmetropole Yangzhou diesen Sommer. Die Initiative für den Industriepark wurde von ihm und Yang angestoßen.
Ming Yang
Bild © Ming Yang
Ming Yangs Website noch im Aufbau
Entsprechende Internetseiten, auf denen Yang seine wirtschaftlichen Erfolge in China auf deutsch darstellt, lassen sich nur schwer finden. Die Seite, die den Namen des 61-jährigen Unternehmensberaters trägt, befindet sich derzeit im Aufbau.
Es gibt jedoch eine Website, die vom Namen her mit dem Deutsch-Europäischen Zentrum in Verbindung steht. Auf dieser finden sich auch zahlreiche Fotos von Delegationsreisen Yangs und Dörings und genaue Beschreibungen, wie DEZ deutsche Mittelständler nach China vermittelt. Yangs Name taucht dort jedoch aktuell weder auf der Seite noch im Impressum auf.
Slogan: „Unterstützung von ganz oben“
In älteren Versionen war Yang noch auf der DEZ-Website präsent und stand im Impressum. Im Jahr 2021 fand sich dort der Slogan „Unterstützung von ganz oben“ mit einem Zitat von Staats- und Parteichef Xi Jinping.
Der hr hatte Yang bereits vor Monaten Fragen zu von ihm betriebenen Firmen gestellt, die im China-Geschäft aktiv waren. Eine davon war die „DEZ Deutschland GmbH“, deren Geschäftsführer er war. Laut Amtsgericht Frankfurt hat das Finanzamt Frankfurt bereits Ende 2021 über die Firma einen Insolvenzantrag gestellt. Der Grund waren offene Steuerforderungen und Zahlungsunfähigkeit.
Bei der ersten Anfrage hatte Yang durch seinen Medienanwalt zunächst antworten lassen, die Bezeichnung „DEZ“ sei lediglich als „Label“ zu verstehen, das „in keinem rechtlichen oder organisatorischen Zusammenhang mit der Gesellschaft und insbesondere nicht auf eine unternehmerische Betätigung der Gesellschaft gerichtet“ sei.
Laut Anwalt handle es sich dabei um einen üblichen Vorgang, „der keineswegs zwingend mit negativen Umständen wie etwa einer Insolvenz verbunden ist“.
Zu wenig Zeit, um Insolvenz zu verifizieren
Der hr stellte Yang Anfang Dezember erneut Fragen zu dem vor mehreren Jahren eingeleiteten Insolvenzverfahren der DEZ. Sein Anwalt erklärte nun, dass eine Frist von vier Werktagen, um die hr-Anfrage zu beantworten, nicht ausreichend sei. „Wenn Sie vermuten oder Informationen dahingehend haben, dass dieser Löschung ein Insolvenzverfahren zugrunde lag, können wir das aufgrund der mangelnden Fristverlängerung nicht verifizieren.“
Neben der DEZ sind laut Amtsgericht zwei weitere Gesellschaften von Yang insolvent. Dazu zählt die Germany Hidden Champions Verwaltungs GmbH, die als Partner der ADWM Veranstaltungen und Konferenzen organisieren sollte.
Das Finanzamt Frankfurt stellte über sie einen Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit. Der Gutachter habe, so eine Sprecherin des Amtsgerichts, keinen Kontakt zum Geschäftsführer herstellen können. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt habe die Akte angefordert.
Ermittlungen wegen Insolvenzverschleppung
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte, dass sie im Zusammenhang mit der Germany Hidden Champions Verwaltungs GmbH gegen einen 61-jährigen Frankfurter wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Yangs Medienanwalt erklärt, seinem Mandanten sei von Ermittlungen nichts bekannt. „Entsprechend gelassen sieht Herr Yang etwaigen behördlichen Prüfungen entgegen – er hat nichts zu verbergen.“
Der Anwalt bestätigt die Existenz der DEZ-Website, erklärt aber, es handle sich nicht um eine Seite von Herrn Yang. Die Website stehe im Zusammenhang mit der Detou GmbH, über die 2024 ein Insolvenzantrag gestellt wurde. Der Grund sei „wie bei vielen Unternehmen jener Zeit“ eine wirtschaftliche Schieflage durch die Pandemie und andere „externe Faktoren“ gewesen.
Engagement für Industriepark als Privatperson
Zum Engagement für den Industriepark Yangzhou erklärt der Anwalt, Yang und Döring stünden „als Privatpersonen, beziehungsweise im Rahmen ihrer geschäftlichen Funktionen mit den Verantwortlichen in Yangzhou in Kontakt“, um die Idee voranzubringen. Yang habe die Initiative unterstützt und deutsche Unternehmen interessiert, „aber die Abrechnung etwaiger Leistungen erfolgt über separate vertragliche Vereinbarungen“.
Politikwissenschaftler: „Naive Kooperationsbereitschaft“
Der Politologe Andreas Fulda von der Universität Nottingham weist auf Gefahren hin, die von den Verstrickungen der deutschen Wirtschaft mit China ausgehen. Deutsche „Hidden Champions“ müssten in China Technologie abgeben und nicht selten Joint Ventures mit 51-prozentiger chinesischer Kontrolle eingehen, während chinesische Investoren in Deutschland volle Marktfreiheit genießen.
Mit der Strategie „Made in China 2025“ ziele die chinesische Führung gezielt auf Bereiche ab, in denen Baden-Württemberg weltweit führend ist: Automatisierung, Maschinenbau und grüne Technologien. „Wer wie Döring den Austausch forciere, ohne gleichzeitig bedingungslose Reziprozität einzufordern, riskiere, dass Deutschland langfristig Technologiehoheit und Wettbewerbsfähigkeit verliert,“ so Fulda.
Döring zieht Anwalt hinzu
Ex-Wirtschaftsminister Döring hat sich bislang zu seiner Vermittlung mittelständischer Unternehmen nicht detailliert geäußert. Er macht aber klar, dass er keine Gefahr ungleicher Verträge für seine Kunden sieht. Zu seiner Kooperation mit Yang schrieb er dem hr: „Da von Ihren Rechercheergebnissen viel abhängt, auch was meine weitere Zusammenarbeit angehen wird, werde ich nächste Woche einen Anwalt hinzuziehen.“ Bislang hat dieser sich nicht gemeldet.
Yang lässt durch seinen Medienanwalt erklären, dass kleine und mittlere Unternehmen durch seine Veranstaltungen reale Chancen auf neue Märkte und Kooperationen erhalten haben. Sie hätten niemals Druck verspürt oder seien dazu aufgefordert worden, Unternehmensanteile abzugeben. „Im Gegenteil, sie fühlten sich jederzeit professionell und korrekt beraten.“
Bald kein Senate of Europe mehr
Auf der Website von Senate of Europe wurde Yang zum Zeitpunkt der ersten Anfrage als Mitglied des Präsidiums geführt. Inzwischen lassen sich die Namen der Mitglieder dort nicht mehr finden. Als Grund gibt Döring Neuwahlen bis Ende 2025 an. Yang lässt über seinen Anwalt erklären, er sei noch Mitglied, habe aber vor längerer Zeit beschlossen, nicht mehr zu kandidieren.
Die Fraktion der Satirepartei „Die Partei“ nimmt die OLG-Entscheidung zu Yang zum Anlass, dem Frankfurter Magistrat in der nächsten Stadtverordnetensitzung Fragen dazu zu stellen, wie die Stadtregierung damit umgehen will, „dass sich fremde Dienste im Rathaus breitmachen“.