–
Nachbarn erhielten KI-Bilder per Post: China setzt Hongkonger Demokratieaktivistin im Exil unter Druck
Carmen Lau wird seit ihrer Flucht ins Vereinigte Königreich systematisch eingeschüchtert. Bereits im vergangenen Jahr waren ihre Nachbarn mit Briefpost aus China konfrontiert worden.
Publiziert heute um 16:13 Uhr
Carmen Lau, eine im Exil lebende Hongkonger Demokratieaktivistin, ist erneut Ziel einer Einschüchterungskampagne geworden.
Foto: Getty Images
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
Abo abschliessen Login
Eine in Grossbritannien lebende Demokratieaktivistin aus Hongkong ist Zielscheibe einer Einschüchterungskampagne geworden. Anwohnende in ihrer Nachbarschaft erhielten Briefe mit gefälschten, sexuell expliziten Bildern der 30-jährigen Carmen Lau. Die Schreiben wurden nach Angaben der Betroffenen aus China versandt.
Lau, die vor vier Jahren nach Grossbritannien geflüchtet war, sagte gegenüber der BBC, sie sei «schockiert» gewesen über die an verschiedene Adressen in Maidenhead zugestellten Sendungen. Die Briefe enthielten ihren Namen sowie digital manipulierte Bilder, die sie nackt oder in Unterwäsche und als Sexarbeiterin darstellen sollten. Die Fotos seien mit KI oder Bildbearbeitung erstellt worden, so Lau.
Demokratieaktivistin warnt vor transnationaler Repression
Erstmals wurde sie über die Briefe informiert, als der für ihren Wohnort zuständige Parlamentsabgeordnete Joshua Reynolds von Hinweisen aus der Nachbarschaft berichtete. Lau suchte im Vereinigten Königreich Schutz, nachdem in Hongkong oppositionelle Politikerinnen und Aktivisten im Zuge des neuen nationalen Sicherheitsgesetzes festgenommen worden waren. Seither kritisiert sie regelmässig die kommunistische Führung Chinas und warnte öffentlich vor den umstrittenen Plänen für eine «Mega-Botschaft» in London, die aus ihrer Sicht zu einer Basis für transnationale Repression gegen Regierungskritiker im Ausland werden könnte.
Bereits im vergangenen Jahr waren laut Lau rund ein Dutzend ihrer Nachbarn mit Schreiben konfrontiert worden, die angeblich von der Polizei stammten. Darin wurde eine Belohnung von 95’000 britischen Pfund (rund 101’00o Schweizer Franken) für ihre Übergabe an die chinesische Botschaft in London angeboten. Die neuen Briefe, die im vergangenen Monat verschickt wurden, stammen laut Poststempel aus Macau. Dieses Mal sei die Darstellung «explizit und sehr unangenehm» gewesen, sagt Lau.
Die Hongkong-Aktivisten Anna Kwok, Carmen Lau und Sunny Cheung bei einer Demonstration in Washington.
Foto: Imago
Sie berichtet ausserdem, dass in Hongkong geschulte Pro-Peking-Akteure genderbasierte Einschüchterung gegen Demokratieaktivistinnen genutzt hätten. Durch KI-Technologie habe diese Form der Belästigung nun eine neue Dimension erreicht. Als Frau sei dies besonders beunruhigend, sagte Lau.
Der Fall Carmen Lau wird untersucht
Der Wahlkreisabgeordnete Reynolds bezeichnete die Briefe als «inakzeptabel» und fordert Aufklärung darüber, wer dahintersteckt. Verantwortliche in Peking müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Er habe das Innen- und das Aussenministerium informiert, sagte Reynolds. Eine Regierungssprecherin erklärte, der Schutz von Hongkonger Exilanten im Vereinigten Königreich habe höchste Priorität. Die Polizei habe Lau zugesagt, den Fall zu untersuchen.
Die britische Regierung betont laut BBC, dass keinerlei Einschüchterung oder Belästigung durch ausländische Akteure toleriert werde. Sie habe gegenüber Chinas und Hongkonger Behörden wiederholt ihre Besorgnis über transnationale Repression sowie über Haftbefehle und Kopfgelder geäussert.
Chinas Repression
Newsletter
Der Morgen
Der perfekte Start in den Tag mit News und Geschichten aus der Schweiz und der Welt.
Einloggen Nicoletta Gueorguiev ist Nachrichtenredaktorin beim Tages-Anzeiger. Sie schreibt über aktuelle Entwicklungen in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Mehr Infos
Fehler gefunden? Jetzt melden.
Carmen Lau, eine im Exil lebende Hongkonger Demokratieaktivistin, ist erneut Ziel einer Einschüchterungskampagne geworden.
Foto: Getty Images
Die Hongkong-Aktivisten Anna Kwok, Carmen Lau und Sunny Cheung bei einer Demonstration in Washington.
Foto: Imago