Die Nachricht kam für viele völlig unerwartet: Die ARB Kino GmbH, die das Augsburger Kinodreieck betreibt, hat am Dienstag die Eröffnung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens beantragt. Zum Kinodreieck gehören neben dem Lechflimmern die Traditionshäuser Mephisto, Savoy und Thalia, letzteres samt Kaffeehaus. Entsprechend groß ist die Sorge unter Augsburger Kulturschaffenden um die Zukunft der Spielstätten.

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Filmproduzent Michael Kalb
Foto: Michael Kalb
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Filmproduzent Michael Kalb
Foto: Michael Kalb
- Michael Kalb, Filmproduzent
Ich war vor einer Woche dort zuletzt im Mephisto-Kino und war nun sehr überrascht. Das wäre ein sehr großer Verlust, wenn ein so traditionsreiches Kino mitten in der Stadt und mit dem Kaffeehaus als jahrzehntelangem Treffpunkt, verloren ginge. Denn die beiden Cineplexe in Augsburg ziehen ein anderes Publikum an und stehen für eine andere Art von Filmen. Damit gibt es mit dem Liliom nur noch ein Kino in der Stadt, das diese Filme zeigt. Besonders am Thalia war, dass Franz Fischer und Ellen Gratza Regisseure und Schauspieler, manchmal auch wirklich große Namen wie Mario Adorf oder Marcus Rosenmüller, eingeladen haben – und dann war der Laden auch immer voll, egal ob beim Lechflimmern oder im Kino. Das zeigt ja, dass das beim Filmpublikum geschätzt wurde, und es wäre schade, wenn das jetzt vorbei wäre. Damit wäre Augsburg auch aus der Sicht der Filmbranche von der Landschaft verschwunden. Franz Fischer und Ellen Gratza haben mir als Jugendlichen bei den Filmtagen schon eine Plattform gegeben und meine ersten Filme gezeigt, und später waren sie oft auch Ansprechpartner, wenn es darum ging, meine Filme zu präsentieren. Schade, wenn es dafür in der Stadt nun ein Kino weniger gibt. Hoffentlich findet sich noch eine Lösung.

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Der Klarinettist Stephan Holstein.
Foto: Stephan Holstein
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Der Klarinettist Stephan Holstein.
Foto: Stephan Holstein
- Stephan Holstein, Musiker
Wenn es das Thalia nicht mehr geben sollte, entsteht eine große Lücke, nicht nur der kulturellen Art, sondern auch für die Begegnung von Menschen. Was mich an diesem Ort immer begeistert hat, ist, wie mehrere Ebenen verbunden wurden: Filmkunst zu fördern und den Menschen gute Filme in ihrer ganzen Breite nahezubringen und auf der anderen Seite Begegnungsplätze zu schaffen. Ein Wiener Kaffeehaus ist dafür ein ganz spezieller Platz, das ist ein Lebensraum, da kommt man hin, kann sich eine Zeitung krallen und einfach sitzen bleiben; es kommen die Nachtschwärmer herein, es kommen Menschen nach dem Kinobesuch herein, die sich noch über den Film unterhalten wollen, es ist ein Ort, an dem sich auch die Generationen treffen. Für mich ging es dann auch nicht nur um Kinokunst, sondern um Kunst allgemein, die mittelbar wird, die man leicht erreichen und ausprobieren kann.
So kam es zu wunderbaren Konzerten im Kaffeehaus, etwa den traditionellen Weihnachtskonzerten. In einem Raum, der ursprünglich einmal Konzertsaal war, später Kino und jetzt Kaffeehaus, klingt die Musik wunderschön, wenn man dort akustisch spielt. Es war immer diese Idee der Begegnung, die man bei Franz Fischer und Ellen Gratza spürte. Und sie machten vieles möglich, wenn man an all die Gäste denkt, wie Josef Hader, Corinna Harfouch oder vor Kurzem noch Emil, oder auch auf der musikalischen Seite so bekannte Jazzmusiker wie Scott Hamilton oder Howard Alden. Im Mephisto-Kino, das ja auch als Konzertsaal ausgebaut ist, haben wir sogar einen Stummfilm von Buster Keaton vertont. Ich wünsche mir aus tiefstem Herzen, dass es eine Lösung für gibt – für Franz und Ellen, für diesen Ort und für uns alle in Augsburg.

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Kulturreferent Jürgen Enninger
Foto: Silvio Wyszengrad
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Kulturreferent Jürgen Enninger
Foto: Silvio Wyszengrad
- Jürgen Enninger, Kulturreferent
Ich bedauere es außerordentlich, dass das Thalia nun vielleicht auf der Kippe steht, weil die Vielfalt der Programmkinos eine besondere Bedeutung für die Kulturlandschaft in Augsburg hat. Es ist leider auch so, dass wir bundesweit beobachten – und da nehme ich alle möglichen kulturellen Ausdrucksformen ein, also auch Clubs, kleine Bühnen, Programmkinos –, wie sie sich zunehmend schwer tun, in dieser von digitalen Medien geprägten Landschaft Platz zu finden. Wir haben in Augsburg bewusst versucht, mit runden Tischen zur Filmlandschaft einen Gegenpol zu schaffen, und haben die Förderangebote durch Projektförderung geöffnet und angetrieben. Ich wollte zum Beispiel mit dem Dok-Fest Augsburg noch einmal einen Fokus auf das Thema Film legen. Aber dass es natürlich durch das jahrelange Ungleichgewicht in der Filmförderung zu Ungerechtigkeiten kommt, lässt sich nicht vermeiden.
Wenn man sich schwertut, Umsätze zu machen über das kulturelle Angebot, kann man auf Dauer diesen Wettkampf mit digitalen Anbietern nicht bestehen. Nach Corona hatte man ja auch das Gefühl, dass sich die Menschen an ihr Sofa zu sehr gewöhnt hatten. Aber ganz klar: Eine vielfältige und bunte Kinolandschaft gehört zu einer Großstadt wie Augsburg und deshalb kann ich diesen wirtschaftlichen Prozess als Kulturreferent nur bedauern.
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Birgit Müller-Bardorff
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Thalia
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