Donald Trump

Stand: 12.12.2025 07:44 Uhr

Die Beschlagnahmung des Tankers vor Venezuela sorgt in den USA für Aufsehen. Die Strategie der Regierung bleibt unklar. Geht es dabei um venezolanisches Erdöl? Experten rechnen mit einer weiteren Eskalation.


Carsten Kühntopp

„Operation Südlicher Speer“ heißt der amerikanische Militäreinsatz vor der Küste Venezuelas. Angeführt wird die Streitmacht von einem Flugzeugträger. Er diente laut einem US-Medienbericht wohl als Plattform für die Beschlagnahmung des Öltankers „Skipper“, der rund eine Million Fass Rohöl aus Venezuela geladen hat.

Werden bald weitere solcher Aktionen folgen? Karoline Leavitt, Sprecherin des Weißen Hauses, hält sich dabei bedeckt: „Ich werde keine zukünftigen Maßnahmen der Regierung bekanntgeben. Aber ich betone, dass die Trump-Regierung die Sanktionspolitik des Präsidenten ausführt.“

Der Tanker „Skipper“ ist Teil einer Schattenflotte, die auch den Iran mit Rohöl beliefert. Das Schiff steht unter US-Sanktionen. Daran, dass seine Beschlagnahmung nach internationalem Recht in Ordnung war, gibt es Zweifel.

Wirtschaftliche Interessen im Vordergrund

Nach zahlreichen Angriffen auf mutmaßliche Drogenboote aus Venezuela erhöht die US-Regierung nun den Druck auf die sozialistische Diktatur von Nicolas Maduro – und nimmt deren wichtigste Einnahmequelle ins Visier. Aus Sicht des ehemaligen US-Diplomaten Richard Haass passt das zu dem, was die neue Nationale Sicherheitsstrategie hervorhebt.

„Es signalisiert der Welt im Wesentlichen, dass wir in der westlichen Hemisphäre – ich formuliere es diplomatisch – mit großer Unabhängigkeit, Kritiker würden vielleicht das Wort ‚Straflosigkeit‘ verwenden, handeln werden, um Ziele zu erreichen, die unseren Interessen dienen“, sagt Haass im Sender NPR. In diesem Fall liege das Interesse ihm zufolge darin, einen Regimewechsel in Venezuela herbeizuführen. Bereits in seiner ersten Amtszeit verfolgte Präsident Trump dieses Ziel, indem seine Regierung Sanktionen verhängte.

Warum Maduro und seine Führung weg sollen, das ist aus Sicht von Ex-Diplomat Haass ganz klar: „Der wichtigste Grund ist, dass die Vereinigten Staaten an die venezolanischen Ölvorkommen wollen. Das sind die größten der Welt.“ Derzeit fördere Venezuela aber fast nichts, nur eine Million Fass am Tag, so der ehemalige Diplomat.

„Sie könnten ein Vielfaches produzieren. Diese US-Regierung, die wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund gestellt hat, ist sehr daran interessiert, dass Venezuela eine Regierung bekommt, die amerikanische Unternehmen ins Land einlädt.“ Derzeit ist nur der US-Energiekonzern Chevron im Ölsektor von Venezuela aktiv, unbehelligt von Trumps Anti-Maduro-Kurs.

Als nächstes Angriffe an Land?

Dass es vor allem ums Erdöl geht, bezweifelt Roxanna Vigil vom Council on Foreign Relations, einer Denkfabrik in Washington: „Venezuelas Ölsektor ist seit mehr als einem Jahrzehnt im Niedergang, vor allem wegen der Misswirtschaft der Regierung, wegen Korruption und mangelnder Investition.“

Die Produktion wieder hochzufahren würde viele Jahre dauern und viel Geld verschlingen, so Vigil. Wie auch immer: Die Wissenschaftlerin rechnet jetzt mit einer weiteren Eskalation durch die USA. „Der Präsident hat wiederholt gesagt, dass Angriffe auf Ziele an Land als nächstes kommen werden. Und wenn man sich alle Optionen ansieht, muss man dies als eine ernst gemeinte Drohung sehen.“

Trumps Sprecherin Leavitt beschwichtigt. Auf die Frage einer Reporterin, ob die Regierung mit Militärschlägen nicht einen längeren Krieg riskieren würde, antwortet sie: „Ein längerer Krieg ist definitiv etwas, woran der Präsident nicht interessiert ist. Er will Frieden.“