Die Realismusbewegungen in Europa hätten die Suche nach einer neuen Bildsprache gemeinsam, außerdem gebe es „Themen, die in ganz Europa auftauchen, ob das die Emanzipation der Frau ist, die eben jetzt eine neue Frisur trägt, neue Kleidung, neue Berufe übernimmt oder auch, ob es die sich verändernden Großstädte sind“, so Richter. Auch sozialer Wohnungsbau oder die Arbeit in Fabriken werden Gegenstand der neuen Kunst. „Diese Neuordnung der Gesellschaft ist etwas, das sich in dieser Kunst in ganz Europa ausdrückt“, betont die Kuratorin.
Mit den großen politischen Umbrüchen der Zwischenkriegsjahre geht auch ein neues Frauenbild einher. Die Rolle der Frau in der Gesellschaft verändert sich: In der Weimarer Republik wird wie in vielen europäischen Ländern das Wahlrecht für Frauen eingeführt. Sie sind berufstätig und dürfen erstmals an Staatlichen Kunstakademien studieren. „Man kann fast sagen, es gab einen Sturm auf Kunstakademien“, erläutert Kuratorin Anja Richter. Das neue Selbstbewusstsein zeigt sich auch in den Werken von Künstlerinnen der europäischen Avantgarde, wie beispielsweise im „Selbstporträt mit rotem Schal“ der kroatische Malerin Cata Dujšin-Ribarvon von 1930, das Teil der Chemnitzer Ausstellung ist.