Am Mittwochabend wird im Weilimdorfer Bezirksbeirat über die Schüsse auf einem Spielplatz diskutiert. Danach kommt es vor der Tür zu einer Auseinandersetzung.
Es wird kontrovers diskutiert im Weilimdorfer Bezirksbeirat. Dorthin sind am Mittwochabend kurzfristig Polizei und mobile Jugendarbeit gekommen, um über die Lage zu berichten. Anlass sind die Schüsse mit einem Schwerverletzten auf dem Spielplatz „Beim Esel“ wenige Tage zuvor. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob der Bereich schon länger ein Brennpunkt ist oder nicht.
In den Augen diverser Anwohner ist das so. Deshalb kommen kritische Fragen und Anmerkungen, etwa zur Polizeipräsenz. Allerdings gibt es auch Stimmen, die davor warnen, jetzt alle jungen Leute über einen Kamm zu scheren. Die Diskussion verläuft engagiert, aber keinesfalls hitzig.
Erst verbaler, dann handfester Streit
Das ändert sich offenbar, nachdem die gut einstündige Abhandlung des Themas im Saal beendet ist. Zahlreiche Beobachter verlassen das Bezirksrathaus. Während es in der Sitzung mit der Tagesordnung weitergeht, kochen draußen die Emotionen hoch.
Sicher ist: Am Ende stehen drei Polizeifahrzeuge am Löwenmarkt, diverse Polizeibeamte vernehmen Zeugen. Es soll erst eine verbale, dann eine körperliche Auseinandersetzung mit mehreren Beteiligten gegeben haben. Gegangen sein soll es dabei um die Lage auf dem Spielplatz und unterschiedliche Meinungen dazu. Bei allem anderen gehen die Schilderungen allerdings weit auseinander.
Mittendrin: ein Stuttgarter AfD-Politiker. Er hatte die Sitzung zuvor wie weitere AfD-Vertreter besucht und danach das Bezirksrathaus verlassen. Mit diversen anderen Zuschauerinnen und Zuschauern stand er danach noch vor dem Gebäude. Seinen Schilderungen nach hat er am Ende der folgenden Auseinandersetzungen einen Störer „festgenommen“. Aus Sicht des „Festgenommenen“ soll der Politiker eine Körperverletzung begangen haben. Beide Seiten benennen dafür Personen, die ihre jeweilige Version angeblich bezeugen können.
Laut dem Politiker sei ein Sitzungsteilnehmer vor die Tür gekommen und habe sofort Streit gesucht. „Der Mann hat uns als Rechtsextremisten und Faschisten bezeichnet“, sagt er. Danach sei der Mann weitergegangen und habe mit Bürgern, die anderer Meinung über die Lage beim Spielplatz waren als er, diskutiert. Einen davon habe der Mann schließlich gegen dessen Willen mit dem Handy fotografiert. Der Fotografierte habe Angst gehabt, dass die Bilder im Internet veröffentlicht würden.
Wer ist der Geschädigte?
„Der Mann wollte sich danach entfernen. Ich bin ihm daraufhin nachgegangen und habe von jedermanns Festnahmerecht Gebrauch gemacht“, sagt der Politiker. Er habe den Mann mehrere Minuten lang am Arm festgehalten, bis die Polizei eingetroffen sei. Der Kontrahent habe ihn in dieser Zeit körperlich attackiert. Das bestätigt der ebenfalls anwesende AfD-Kreissprecher Andreas Mürter: Sein Parteikollege sei der Geschädigte. „Der Mann, der das Foto gemacht hat, hat um sich geschlagen, auch mir gegen das Bein geschlagen. Ich habe die Polizei gerufen“, sagt Mürter. Er habe den Eindruck gehabt, der Mann sei ideologisch motiviert.
Bei dem Bürger, um den es geht, hört sich die Geschichte anders an. Als er das Bezirksrathaus verlassen habe, seien er und seine Begleiterin wegen ihrer zuvor geäußerten abweichenden Meinung sofort von den Vertretern der AfD und einigen Bürgern angegangen worden. Einer der Beteiligten habe ihm damit gedroht, dass er wisse, wie er heiße und wo er wohne, und dass er bei ihm vorbeikommen wolle. Daraufhin habe er den Mann fotografiert und sei weggegangen.
Razzia in Feuerbach: Hier wird einer von bisher zwei Tatverdächtigen festgenommen. Foto: SDMG/Schulz
Der Politiker, so der Mann, sei ihm nachgegangen und habe ihn „rund zehn Minuten lang in den Schwitzkasten genommen“. Davon gebe es Fotos. „Dabei wollte er wiederholt, dass ich zugebe, dass ich bei der Antifa bin“, sagt der Betroffene. Mit der habe er aber überhaupt nichts zu tun. Er habe Anzeige gegen den AfD-Politiker wegen Körperverletzung erstattet. Seine Begleiterin bestätigt diesen Hergang.
Der Politiker nennt diese Version „gelogen“ und verweist darauf, dass gegen den Betroffenen inzwischen er selbst und mehrere Zeugen ebenfalls Anzeige erstattet hätten. Eine Polizeisprecherin bestätigt, dass es den Einsatz gegeben hat – alles weitere müssten die Ermittlungen ergeben.
Situation eskaliert
Eine Augenzeugin berichtet, der Bürger sei „sehr aufgewühlt“ aus dem Gebäude gekommen. Er sei mit einem der Umstehenden in Streit geraten, beide hätten sich sehr aufgeregt. Am Ende sei der Mann weggegangen und habe dabei ein Foto des anderen gemacht. Der und die Vertreter der AfD hätten ihn zum Löschen des Fotos aufgefordert, schließlich sei er festgehalten worden, bis die Polizei kam. Die Situation sei dabei eskaliert, der Mann und seine Begleiterin hätten laut um Hilfe gerufen. Diverse Passanten seien daraufhin dazugekommen. „Leider sieht man, dass das Thema Brisanz hat“, sagt sie.
Auch Bezirksvorsteher Julian Schahl kam schließlich dazu, unterbrach dafür die Sitzung. Was genau passiert ist, hat er nicht beobachtet. Ihm ist aber eines wichtig: „Ich als Bezirksvorsteher möchte betonen, dass ich alles versuchen werde, die gesamte Debatte im Bezirk auf einer sachlichen Ebene zu führen und gesamtpolitische Entscheidungen differenziert zu betrachten.“
Als ein Schritt dazu soll es im neuen Jahr ein Treffen zwischen Vertretern der mobilen Jugendarbeit und Anwohnern des Spielplatzes geben, um gemeinsam Lösungen zu finden. Hoffentlich dann ohne Handgreiflichkeiten.