
Verteidigungsminister Boris Pistorius und Sönke Schmuck, Kommandeur in Celle, bei einem Pressestatement 2024.Bild: dpa / Swen Pförtner
Deutschland
Sie waren deutlich sichtbar, sie waren viele – und hatten offenbar ein Ziel: Einschüchterung. In der Nacht auf Freitag kreisten rund 25 Drohnen über der Immelmann-Kaserne in Celle. Ein gezielter Akt der Provokation? Der Kommandeur hat, was die Drahtzieher angeht, einen Verdacht.
13.12.2025, 11:0013.12.2025, 11:00

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In der Nacht auf Freitag ist es über der Celler Immelmann-Kaserne zu einem sicherheitspolitisch brisanten Zwischenfall gekommen: Dutzende große Drohnen kreisten stundenlang über dem Gelände, während Soldat:innen ihre Weihnachtsfeier begingen.
Die Drohnen flogen offenbar in Formation, gesteuert über KI-Systeme. Wie die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ (HAZ) berichtet, geht die Bundeswehr von einer gezielten Provokation aus und verdächtigt Russland als Akteur.
Sichtungen über dem Flugplatz: Polizei bestätigt Drohnen-Schwarm
Gegen 19 Uhr tauchten die ersten leuchtenden Punkte am Himmel über dem Gelände der Bundeswehr auf. Zunächst hielten einige Anwesende sie für Drohnenspielzeug. Doch schnell wurde klar: Es handelte sich um größere, professionell gesteuerte Fluggeräte. Innerhalb kürzester Zeit meldeten mehrere Personen ihre Beobachtungen bei der Polizei.

Drohnensichtungen gab es in diesem Jahr auch an europäischen Flughäfen.Bild: dpa / Jan Woitas
Die Drohnen flogen wiederholt über das Kasernengelände, laut Augenzeugen insgesamt bis zu 25 Stück.
Um 22:02 Uhr bestätigte die Behörde laut „HAZ„: „Im Bereich der Immelmann-Kaserne in Celle wurden heute Abend mehrere Drohnen gesichtet. Die ULS (Unbemannte Luftfahrtsysteme) sind auch in dem gesperrten Luftraum über dem Gelände unterwegs. […] Eine Gefahr für die Bevölkerung besteht nicht.“
Wer hinter dem Vorfall steckt, ist bislang unklar. Die Personen, die die Drohnen steuerten, konnten weder geortet noch identifiziert werden. Wie Polizeisprecherin Ulrike Trumtrar am nächsten Morgen erklärte, liege die Zuständigkeit bei der Bundeswehr.
Oberst über Drohnen bei Kaserne: „Die wollten gesehen werden“
Oberst Sönke Schmuck, Kommandeur des Ausbildungs- und Übungszentrums Luftbeweglichkeit in Celle, geht nicht von einem Zufall aus. Im Gespräch mit der HAZ sagte er: „Es war ganz offensichtlich, dass wir sie sehen sollten, denn sie waren voll beleuchtet.“
Zwischen 19 und 23 Uhr seien die Flugkörper mehrfach über das Gelände geflogen.
Es habe sich um „richtig große Drohnen“ gehandelt, keine privaten Hobbymodelle. Noch brisanter ist eine weitere Einschätzung des Obersts: „Es waren bis zu 25 Drohnen im Einsatz, und die wurden offenbar in Formation mit einer künstlichen Intelligenz gesteuert. Das macht man nicht mal eben so, sondern da waren Profis am Werk.“
Dass die Steuerung beispielsweise aus einem geparkten Fahrzeug heraus erfolgt sein könnte, hält er für plausibel.
Kommandant vermutet Russland hinter dem Drohnen-Vorfall
Obwohl die Bundeswehr durchaus über technische Mittel zur Abwehr verfüge, habe man bewusst auf ein Eingreifen verzichtet, erklärt Schmuck: „Das wäre nicht verhältnismäßig gewesen.“
Der Grund: Es habe zu dem Zeitpunkt keinen aktiven Flugbetrieb gegeben und auch keine sensiblen Objekte, die ausspioniert werden konnten. Die Soldaten hätten sich ihre Weihnachtsfeier „nicht vermiesen lassen“, erklärt der Kommandeur weiter.
Deutliche Worte fand er auch zum vermuteten Absender der Aktion: „Die Russen haben den ganzen Scheiß umsonst in die Luft gebracht“, sagte Schmuck. Für ihn steht außer Frage, dass die Aktion gezielt von russischer Seite initiiert wurde: „Wer sonst sollte so etwas machen und zu solch einer von langer Hand vorbereiteten Aktion fähig sein?“
Immerhin: Die Kooperation zwischen Polizei und Bundeswehr soll in der Nacht reibungslos funktioniert haben. Auch die Zivilbevölkerung habe hohe Aufmerksamkeit gezeigt. „Ich muss vor allem auch den vielen Bürgern danken, die die Drohnensichtungen gemeldet haben“, sagte Schmuck.
Der Vorfall in Celle reiht sich ein in ein bundesweites Muster ungewöhnlicher Drohnensichtungen.
Neue Spur zu russischen Schiffen: Reporter bringen Rosatom ins Spiel
Laut internen Polizeidokumenten, auf die sich das Portal „Eunews“ beruft, wurden allein im Jahr 2025 in Deutschland 1955 nicht identifizierte Drohnen über oder nahe Militärbasen registriert. In über 85 Prozent der Fälle blieb der Drohnen-Typ unbekannt.
Sieben Journalist:innen der Berliner Axel Springer School in Zusammenarbeit mit „Welt“ und „Bild“ haben insgesamt 19 zeitliche und geografische Überschneidungen zwischen Drohnensichtungen und der Position verdächtiger Frachtschiffe festgestellt.
Eines davon, die unter Antigua-und-Barbuda-Flagge fahrende Hav Dolphin, hielt sich laut Bericht im Mai 2025 tagelang in der Kieler Bucht auf. Genau zu jenem Zeitraum, in dem dort mehrfach Drohnenschwärme über Militäranlagen gesichtet wurden.
Die Reporter:innen fanden zudem Hinweise, dass das Schiff zuvor auf einer russischen Werft in Kaliningrad lag. Es gab Verbindungen zum Staatskonzern Rosatom, der laut Recherchen Drohnen mit bis zu 200 Kilometern Reichweite betreibt. Die Crew bestand vollständig aus russischen Staatsbürger:innen. Sicherheitskreise äußerten gegenüber den Reporter:innen den Verdacht, es handele sich um russische Agenten mit Spionageauftrag.