Mit der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie hat US-Präsident Donald Trump seine außenpolitischen Ziele für alle noch einmal deutlich gemacht. Diese Deutlichkeit beunruhigt viele in Europa, die darin eine unverhohlene Einmischung in ihre Innenpolitik sehen, mit dem Ziel, die Aussichten der europäischen extremen Rechten zu verbessern.

„Es handelt sich um den Versuch, in innenpolitische Angelegenheiten Europas einzugreifen, um demokratische Prozesse zu schwächen und rechtsextreme Parteien zu stärken“, sagt Guntram Wolff vom Brüsseler Thinktank Bruegel.

Die Strategie sei weit mehr als nur ein Bekenntnis zu sich einander ähnelnden Ansichten zu Themen wie Einwanderung, meinen Experten. Sie weise auf einen umfassenderen Plan hin: die Aufspaltung der 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) entlang ideologischer Linien, um den Block zu schwächen und dominieren zu können.

Eine Schwächung der EU auf globaler Ebene sei im Interesse der US-Regierung, macht Zsuzsanna Vegh vom European Council on Foreign Relations (ECFR) deutlich: „Ein geteiltes Europa wäre schwächer und in Handelsfragen leichter beeinflussbar.“

MAGA und europäische Rechtspopulisten rücken näher zusammen

Mehrere rechtspopulistische Parteien in Europa, darunter Fidesz in Ungarn, die Alternative für Deutschland (AfD) in Deutschland oder die Rassemblement National (RN) in Frankreich, stellen sich gegen Immigration und haben sich in unterschiedlichem Maße euroskeptisch geäußert. 

Die Weltanschauung der MAGA-Bewegung überschneidet sich häufig mit der extremer Rechter in Europa, insbesondere wenn es um Einwanderung aus muslimischen Ländern geht. In der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA wird nun wegen hoher Einwanderungszahlen und niedriger Geburtenraten gewarnt, Europa stünde in den nächsten zwei Jahrzehnten vor der „zivilisatorischen Auslöschung“.

Neue US-Sicherheitsstrategie: Kalte Schulter für Europa

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Das Dokument wirft der EU zudem vor, die freie Meinungsäußerung zu zensieren und die politische Opposition zu unterdrücken – und deutet an, dass das Gesetz über Digitale Dienste (Digital Services Act, DSA), die Meinungsfreiheit der Anhänger rechtspopulistischer Parteien einschränke, anstatt, wie von der EU behauptet, ihre Bürger und Bürgerinnen vor online verbreiteten Desinformationen schütze.

In der vergangenen Woche verhängte die EU-Kommission eine Strafe in Höhe von 120 Millionen Euro gegen den Online-Dienst X wegen mangelnder Transparenz bei Werbung und Verstößen gegen andere Verpflichtungen. US-Vizepräsident JD Vance kritisierte die EU daraufhin scharf und warf ihr vor, „amerikanische Unternehmen wegen Müll zu attackieren“.

Nur wenig später sprachen sich die rechtspopulistischen Parteien Europas für X und gegen die EU aus. „Wenn die Oberherren in Brüssel eine Debatte nicht gewinnen können, greifen sie zu Strafen“, schrieb der ungarische Ministerpräsident und Vorsitzende der rechtsnationalen Partei Fidesz, Viktor Orban, auf X. „Europa braucht Meinungsfreiheit, keine nicht gewählten Bürokraten, die entscheiden, was wir lesen und sagen dürfen.“

„Die Europäische Kommission weiß Zensur und die Chat-Kontrolle ihrer Bürger zu schätzen“, postete Alice Weidel, Vorsitzende der deutschen AfD. „Sie wollen kritische Stimmen zum Schweigen bringen, indem sie die Meinungsfreiheit einschränken.“

Was will Trump damit erreichen? 

In ihren Beziehungen mit Europa sollten die USA laut Nationaler Sicherheitsstrategie den Schwerpunkt darauf setzen, „den Widerstand innerhalb europäischer Staaten gegen Europas gegenwärtigen Weg zu kultivieren“.

Das Dokument zeige, dass die aktuelle US-Regierung politische Partner in den einzelnen Ländern suche, anstatt mit den demokratisch gewählten Regierungen der Länder zusammenzuarbeiten, meint Vegh vom ECFR.

Dies sei „eine Abkehr von herkömmlichen diplomatischen Beziehungen, bei denen versucht wird, gute Beziehungen zwischen Ländern zu pflegen. Stattdessen wird Verbindungen zwischen Parteien und Parteiendiplomatie der Vorzug gegeben“, fügt sie hinzu.

Der schärfste Angriff gegen die EU fände sich in der Strategie, „gleichgesinnte politische Akteure zu unterstützen und die europäische Politik in einer Richtung zu beeinflussen, die für die Trump-Regierung günstig ist“.

„Die Idee scheint zumindest in Teilen zu sein, die liberalen demokratischen Grundsätze, die der EU zugrunde liegen und diese einen, in Frage zu stellen“, vermutet Vegh. „Die US-Regierung schließt sich mit der europäischen Rechten zusammen, weil diese die EU von innen herausfordert.“

Viktor Orban und Donald Trump in Mar-a-Lago, beide mit der Daumen-hoch-GesteUngarns Ministerpräsident Viktor Orban und US-Präsident Donald Trump gelten als enge Verbündete – hier im Juli 2024 in Trumps Anwesen Mar-a-LagoBild: Viktor Orban via X via REUTERS

Wolff ist überzeugt, dass die USA die EU zu ihrem eigenen Vorteil und auf Kosten der Sicherheit und des Wohlstands in Europa untergraben. „Europäische Unternehmen profitieren von den eng verwobenen globalen Wertschöpfungsketten, die durch eine stark integrierte EU und ihren Binnenmarkt ermöglicht werden“, stellt Wolff klar. „Wenn man die EU und ihren Kern, den Binnenmarkt, angreift, greift man die Interessen der EU-Unternehmen an, die in vielen Ländern tätig sind.“

„In Bezug auf die Sicherheit besteht Übereinstimmung mit Russland. [Wladimir] Putin hat bereits bestätigt, dass er die Strategie gutheißt“, fügt Wolff hinzu. „Natürlich hat Putin den Traum, die Vormachtstellung über die zentraleuropäischen Länder wiederherzustellen.“

Zum Vorteil oder Nachteil von Europas Rechtspopulisten?

Wie die Trump-Regierung ihre Strategie umsetzen will, ob sie also zum Beispiel rechtspopulistische europäische Parteien finanziell unterstützen will, ist noch unklar.

„Bisher unterstützte [die ehemalige US-Entwicklungshilfebehörde] USAID zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich weltweit für die Stärkung der Demokratie einsetzten, mit Finanzmitteln“, erläutert Vegh. „USAID gibt es nicht mehr, doch die Regierung richtet möglicherweise neue Kanäle ein, über die sie Organisationen mit Verbindungen zu ihren ideologischen Verbündeten in Europa unterstützen kann. Öffentlich treten solche Kooperationen jedoch noch nicht in Erscheinung.“

Für rechtspopulistische Parteien in Europa könnte die demonstrative Nähe zu Trump auch ins Auge gehen, meint Wolff. „Wenn den Menschen klar wird, dass eine solche Verbindung eine offene Bedrohung der Sicherheit und des Wohlstands in Europa bedeutet, ruft das möglicherweise eine Gegenreaktion hervor. Die Rechtspopulisten könnten als Kraft wahrgenommen werden, die Europas Kerninteressen untergräbt“, fügt er hinzu.

Obwohl die Nationale Sicherheitsstrategie der USA im Großen und Ganzen Unterstützung für Europas Rechtspopulisten äußere, sollten europäische Gruppierungen „genau überlegen, wie nahe sie einer Regierung stehen wollen, die in Europa unpopulär ist“, meint Ian Lesser, Leiter des Brüsseler Büros des German Marshall Funds, einem transatlantischem Thinktank.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.