In Belarus sind die Oppositionelle Maria Kolesnikowa sowie weitere 122 politische Gefangene freigelassen worden. Das berichteten mehrere Nachrichtenagenturen unter Berufung auf die Opposition und eine Menschenrechtsorganisation. Demnach ist auch der Friedensnobelpreisträger von 2022, Ales Bjaljazki, unter den Freigelassenen. Auch der ehemalige Präsidentenkandidat Viktor Babariko ist demnach wieder in Freiheit.
Die staatliche Nachrichtenagentur Belta meldete, insgesamt seien 123 Häftlinge aus verschiedenen Ländern begnadigt
worden. Es
gab zunächst aber keine offizielle Liste der Freigelassenen. Nach Angaben der Organisation Wjasna zählen zu ihnen Maria Kolesnikowa
und Ales Bjaljazki. Kolesnikowa sei schon nicht mehr in Belarus, teilten Oppositionsvertreter in Vilnius mit. Bjaljazki werde Wjasna zufolge nach mehr als vier Jahren Haft nach Litauen abgeschoben.
Opposition in Belarus
Politische Gefangene in Belarus:
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Belarus:
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Menschenrechtspreis:
EU-Parlament verleiht Sacharow-Preis an inhaftierte Journalisten
Vorausgegangen waren zweitägige Gespräche des US-Gesandten John Coale mit dem belarussischen Präsidenten
Alexander Lukaschenko in Minsk. Die USA wollen im Gegenzug für die Freilassung der Gefangenen mehrere Sanktionen gegen Belarus aufheben. Dabei geht es um die Einfuhr von Kaliumkarbonat, ein wichtiger Bestandteil von Düngemitteln. Die Europäische Union verbietet weiterhin die Einfuhr von Kali aus Belarus.
© Lea Dohle
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Die belarussische Oppositionsführerin
Swetlana Tichanowskaja sagte der Nachrichtenagentur AP, die
Aufhebung der Sanktionen sei Teil eines Deals zwischen den zwei
Regierungen: „Die Freilassung politischer Gefangener bedeutet,
dass Lukaschenko den Schmerz westlicher Sanktionen versteht und
versucht, sie zu lockern.“ Doch dürfe man nicht
naiv sein: „Lukaschenko hat seine Politik nicht geändert“ Der belarussische Präsident gehe weiter
gegen Kritikerinnen und Kritiker vor, zudem unterstütze er den
russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Maria Kolesnikowa gehörte zu den Anführerinnen der Massenproteste in Belarus nach der von
beispiellosen Manipulationsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl
2020. Lukaschenko ließ die Proteste niederschlagen.
Kolesnikowa wurde im September 2020 festgenommen und ein Jahr später
wegen „Verschwörung zum Umsturz“ zu einer elfjährigen Haftstrafe
verurteilt.
Ales Bjaljazki war im März 2023 wegen angeblicher
Finanzdelikte zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Der
Demokratieaktivist hatte bereits früher mehrere Jahre im Gefängnis
gesessen. 2011 musste er in einem anderen Fall für rund drei Jahre in
Haft. 2022 wurde der Bürgerrechtler mit dem Friedensnobelpreis
ausgezeichnet. Bjaljazki hatte Wjasna 1996 gegründet, die bekannteste
Bürger- und Menschenrechtsgruppe in Belarus.
Eine Geste „auf Bitten anderer Staatschefs“
Lukaschenkos Pressedienst teilte mit, die Freilassung sei im „Rahmen der mit
US-Präsident Donald Trump getroffenen Vereinbarungen und auf dessen
Bitte hin“ erfolgt. Es handele sich um eine Geste auf „Bitten
anderer Staatschefs und aus humanitären Gründen sowie aufgrund
allgemeiner menschlicher und familiärer Werte“. Ziel sei es, die positive Dynamik der Beziehungen zu
den Partnerländern von Belarus zu beschleunigen und die Lage in der gesamten europäischen Region zu stabilisieren.
Grund des Schritts sei auch die Aufhebung der Sanktionen gegen die Kalium-Industrie der Republik Belarus, hieß es weiter. Lukaschenko habe Bürger
verschiedener Länder begnadigt, „die nach den Gesetzen der Republik Belarus
wegen verschiedener Straftaten – Spionage, terroristische und
extremistische Aktivitäten – verurteilt wurden“. Die
Verurteilten hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Sie galten als
politische Gefangene.
Seit Juli 2024 hat Belarus mehr als 430 politische Gefangene
aus der Haft entlassen – im augenscheinlichen Versuch, sich dem Westen
anzunähern. In dem Land sind jedoch immer noch Hunderte Kritiker Lukaschenkos in Haft.