Regionale Vielfältigkeit und „Geschichte einer wilden Handlung“
Noch etwas schwergewichtiger und ausführlicher erzählt Gerd Schwerhoff über den Bauernkrieg, der bei ihm eine „wilde Handlung“ ist. Mit dem zeitgenössischen Terminus zielt der Dresdner Historiker auf das chaotische und dynamische Geschehen der Jahre um 1525, als sich ein bäuerlicher Aufstand an den nächsten anschließt und so den Eindruck eines organisierten Krieges der Bauern gegen Adel und Mönche erweckt. Bei Schwerhoff wird der Bauernkrieg in seiner regionalen Vielfältigkeit erzählt, er rekonstruiert die „Ereignisgeschichte des Bauernkrieges“ von den ersten Zehntverweigerungen in der Schweiz über das brutale Niedermetzeln der Bauern auf dem Schlachtberg in Frankenhausen bis zum finalen Scheitern der Bauernaufstände in Tirol. Ein Buch, das sowohl einen Überblick liefert als auch das regionale Geschehen beleuchtet.
Angaben zum Buch
Gerd Schwerhoff: „Der Bauernkrieg. Geschichte einer wilden Handlung“
C.H. Beck, 2025
720 Seiten, 21 Abbildungen und 6 Karten
ISBN: 978-3-406-82180-6
34 Euro
Der Bauernkrieg als Medienereignis
Eine ganz andere Sicht auf den Bauernkrieg präsentiert Thomas Kaufmann: „Den Bauernkrieg gab es, weil er medial initiiert und inszeniert wurde.“ Die Aufstände von Tirol bis Thüringen verschmelzen erst in der publizistischen Wahrnehmung der Zeitgenossen zu einem einzigen großen Kampf des gemeinen Mannes gegen die Obrigkeit. Ohne Buchdruck kein Bauernkrieg, so die pointierte These des Göttinger Kirchengeschichtlers, die er anhand von Holzdrucken, Flugschriften, Pamphleten und Schriften durchdekliniert.
Der Vorzug seines Ansatzes: Der Bauernkrieg erscheint nicht als isoliertes Ereignis weniger Monate, sondern es wird deutlich, wie er durch die Jahrhunderte nachwirkt. Die Publizistik endet nämlich nicht mit der Niederlage der Tiroler Bauern, sondern hält durch die Jahrhunderte an. Gewisse Topoi wie Luther als Verräter an der Sache der Bauern, tauchen seit damals immer wieder auf, ebenso die Schuldzuweisung für Gewalt an Thomas Müntzer.
Immer wieder müssen die Bauernkriege für aktuelle Projektionen herhalten. Im 19. Jahrhundert bei Wilhelm Zimmermann als Vorkämpfer für eine geeinte deutsche Nation. Für Friedrich Engels scheitern die Bauern 1525 am fehlenden Mittun des Bürgertums, so wie in der Revolution von 1848 die Proletarier. Thomas Kaufmanns Werk über das Medienereignis Bauernkrieg ergänzt perfekt die Bücher von Lyndal Roper und Gerd Schwerhoff.
Angaben zum Buch
Thomas Kaufmann: „Der Bauernkrieg. Ein Medienereignis“
Verlag Herder, 2024
544 Seiten, 35 Euro
ISBN: 978-3-451-39028-9