Riegele vom Fass, Desperados aus der Flasche, „Mega Touch Down“ aus dem Zwei-Liter-Eimer. In der Augsburger Party-Kneipe Peaches ist die Auswahl groß – und auf Wunsch auch das Volumen der Trinkgefäße. Hier trifft mallorquinisches Eimertrinken auf amerikanische Atmosphäre mit ziemlich viel Lametta. Denn das Peaches zur Weihnachtszeit sieht im oberen Barbereich aus wie die Geschenke-Zentrale des Weihnachtsmanns. Hier schwebt Weihnachten wortwörtlich in der Luft, jede der schummrigen Wandleuchten hat eine Weihnachtsmütze auf, Tannengirlanden zieren den Lokalbereich. Der Keller hat weit weniger von einem weihnachtlichen Fiebertraum, dafür wird hier die Stimmung mit fortschreitender Stunde immer wilder. Erst kürzlich hat ein anderer Barbetreiber in der Maxstraße verkündet: „Die Zeit der Eimer ist vorbei.“ Im Peaches sieht das anders aus. Hier stehen die Eimer noch hoch im Kurs – und man steht dazu.

Das Peaches war die erste Bar in Augsburg mit dem Konzept „Eimertrinken“

„Wir waren die Ersten in Augsburg mit den Eimern“, sagt Leo Dietz, 58, Mitbegründer des Peaches. „Alle, die das auch machen, haben es nachgemacht.“ Dietz war viele Jahre Geschäftsführer der Peaches-Betreiberfirma, heute – inzwischen Landtagsabgeordneter und Chef der Stadtratsfraktion der CSU – ist er noch Gesellschafter. Sind die Eimer ein Relikt aus der Vergangenheit? Dietz sieht das nicht so. Solange die Eimer nachgefragt werden, werde es sie im Peaches auch geben.

Auf jedem zweiten Tisch im Kellerbereich steht an diesem Abend ein großer Cocktail-Kübel, darin bis zu acht Strohhalme. Auch Lukas, 19, trinkt aus dem Eimer. Der Cocktail heißt „Multipler Orgasmus“. Die junge Frau neben ihm und er haben sich heute erst kennengelernt, aus einem Eimer trinken sie trotzdem. Das Peaches sei schon immer eine Kuppelbörse gewesen, sagt Leo Dietz. In Lukas‘ Fall war allerdings sein Vater der Kuppler. „Er hat sie für mich angesprochen. Der ist hier auch irgendwo“, sagt Lukas mit Blick in den sich füllenden Laden.

Peaches-Mitgründer Leo Dietz will das Eimertrinken so lange anbieten, wie es die Nachfrage dafür gibt.

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Peaches-Mitgründer Leo Dietz will das Eimertrinken so lange anbieten, wie es die Nachfrage dafür gibt.
Foto: Anna Kondratenko

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Peaches-Mitgründer Leo Dietz will das Eimertrinken so lange anbieten, wie es die Nachfrage dafür gibt.
Foto: Anna Kondratenko

Thomas am Nebentisch ist heute mit seiner Schwester Birgit nach dem Christkindlesmarkt im Peaches. „Ich war schon vor 20 Jahren hier Gast und es hat sich kaum verändert“, sagt er. An der Garderobe habe er heute sogar einen alten Schulfreund wieder getroffen. „Das ist 30 Jahre her, aber ich habe ihn sofort wieder erkannt, der ist mit seinem Sohn da“. Sein Schulfreund: Daniel, der Vater von Lukas.

Kurze Zeit später auf der Frauentoilette: In einer Kabine drängen sich mehrere junge Frauen. „Ich habe so lange nicht mehr gekotzt“, sagt eine von ihnen, die anderen reden ihr gut zu.

Es ist mittlerweile kurz vor Zwölf. Eine Servicekraft berichtet, sie hätte einem Tisch gerade den fünften Eimer für den Abend gebracht. „Es muss nicht schmecken, nur zwecken“, sagt Tobi, 27. Der Laden wird voller, alle Tische oben und unten sind mittlerweile besetzt und Menschen stehen dicht gedrängt in Grüppchen in den Gängen, auf den Tischen wird getanzt. Über die Lautsprecher ertönt „alles, was mal angesagt war und ist“ – so bringt Leo Dietz das musikalische Programm auf den Punkt.

Egal ob erster Anlaufpunkt oder Endstation: Das Peaches bietet eine gute Party

Stephan, 21, ist mit drei Kumpels da. „Vier Eimer sind das Ziel“, sagt er. Mit einem Fassungsvermögen von zwei Litern ist das ein sportliches Vorhaben. „Das rentiert sich einfach mehr“, sagt er. „Mit einem Cocktail ist man schon bei zehn Euro, mit 35 Euro für den Eimer ist das einfach der bessere Deal“. Später ziehen sie noch weiter, erklären sie. Das Peaches sei zum Vorglühen aber oft eine ihrer Anlaufstellen.

Vor Jahren habe es Diskussionen über ein Eimer-Verbot gegeben, sagt Leo Dietz. Der Grund? Die große Menge Alkohol würde zu exzessivem Konsum führen, lautete die Kritik. „Aber das hatte keine Rechtsgrundlage und ist auch Quatsch, deshalb kam es nicht zum Verbot“, sagt er. Grundsätzlich gelte im Laden: Wer zu betrunken wirke, der bekomme nichts mehr.

Auf einer hölzernen Kirchenempore, ein Import aus England, tummeln sich mehrere Gruppen. Samed, 28, und Tobi, 27, haben mit zwei anderen Freunden gleich zwei Eimer „für die Abwechslung“ auf dem kleinen Tisch stehen. „Das ist einfach viel gesellschaftlicher, gemeinsam aus einem Eimer zu trinken“, sagt Samed. Das betont auch Leo Dietz mehrfach: „Das Eimertrinken stärkt das Gemeinschaftsgefühl“, sagt er. Eine junge Frau beschreibt den Kübel lachend als ihre „persönliche Herpesschleuder“ – und zieht erneut am Strohhalm.

Einige nutzen das Peaches als ersten Anlaufpunkt für den Abend, um später noch weiterzuziehen. Für andere bleibt es die Hauptstation der Nacht. Alex, 34, kam mit einer zehnköpfigen Truppe direkt vom Christkindlesmarkt ins Peaches. „Man kann als große Männergruppe halbwegs sicher sein, dass man reinkommt“, sagt er. Besonders attraktiv sei der Laden auch deshalb, weil kein Eintritt verlangt werde und man trotzdem davon ausgehen könne, dass es eine gute Party werde, berichtet einer.

Um Punkt drei Uhr geht im Keller die Musik aus und das Licht an. „So haben wir das schon immer gemacht“, sagt Leo Dietz. „Der Grund ist ganz einfach: Um drei Uhr ist die Party meist auf ihrem Höhepunkt. Genau dann aufzuhören, hinterlässt bei den Gästen das Gefühl, gern noch weiter gefeiert zu haben.“ Frei nach dem Motto: Aufhören, wenn es am schönsten ist.

  • Josefine Reiermann

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  • Leo Dietz

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  • Augsburg

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