Die steigenden Lebensmittelpreise nützen vor allem dem Handel, während die Hersteller immer stärker unter Druck geraten, so ein Fazit des am 21. November 2025 vorgelegte Gutachten der Monopolkommission des Bundeswirtschaftsministeriums. Die Fusionen der letzten Jahre haben dazu geführt, dass rund 85 Prozent des Lebensmitteleinzelhandels von vier großen Unternehmensgruppen kontrolliert werden: Edeka, Rewe, Schwarz (Lidl) und Aldi. Bei immer mehr Produkten treten sie in direkte Konkurrenz mit der Landwirtschaft.

Umso interessanter sind Alternativen, die zeigen, dass es anders geht: Schon vor vier Jahren hat sich die Initiative FoodHub München entschlossen, die Zusammenarbeit zwischen Handel und Erzeugerbetrieben neu zu denken. Und es hat funktioniert.

Nach dem erfolgreichen bayerischen Volksbegehren „Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern“, besser bekannt unter dem Slogan „Rettet die Bienen“, hatten sich einige der Initiatoren gefragt, wie sie in ihrer Konsumentenrolle nachhaltige Landwirtschaft weiter unterstützen könnten. Kristin Mansmann, Mit-Initiatorin von FoodHub:

„Bei Gesprächen mit landwirtschaftlichen Betrieben wurde schnell klar: Viele Probleme beginnen beim Handel, denn der diktiert Bedingungen, die Nachhaltigkeit und Fairness konterkarieren.“

Genau hier setzte der erste genossenschaftliche Mitmach-Biosupermarkt, der FoodHub München im Stadtteil Giesing ein. Nach den Vorbildern der seit 1973 erfolgreichen Kooperative Park Slope Food Coop in Brooklyn New York und La Louve in Paris – Eröffnung Herbst 2916 – betreibt die „FoodHub München Market e.G.“ seit Juli 2021 auf rund 700 Quadratmetern einen Vollsortiment-Supermarkt. Überwiegend Bio mit viel Direktbezug von Bauern und Lebensmittel-Handwerkern aus der Region und weiteren fairen Produkten.

Wie ihre Vorbilder verkehrt die Genossenschaft mit ihren vielen klein- und mittelständischen Lieferbetrieben auf Augenhöhe. Der FoodHub-Aufschlag auf den Einkaufspreis zur Deckung der eigenen Kosten beträgt einheitlich 30 Prozent beziehungsweise 35 Prozent bei verderblichen Waren. Die Erzeuger bekommen verlässlich die Preise, die sie brauchen, um ihre Betriebe rentabel zu führen und weiterzuentwickeln. Noch einmal Kristin Mansmann:

 „Immer wieder spiegeln uns kleine und mittelständische Betriebe, wie wichtig unsere Handelsbeziehung für ihr Überleben ist beziehungsweise dafür, dass sie ihre Qualitätsstandards halten können.“

Das funktioniert finanziell auch für die Supermarkt-Genossenschaft. Die Mitgliederzahl ist auf gut 2.500 gewachsen und die Kredittilgung läuft nach Plan.

Blick in den Giesinger Supermarkt, hinten rechts der große Unverpacktbereich für Lebensmittel. Foto: Copyright FoodHub

Solidarität als entscheidende Motivation für die Mitglieder

Der Erfolg hat vor allem eine Quelle, und das sind die Mitglieder. Nur sie können im Supermarkt einkaufen. Wer mitmachen will, zahlt in der Regel die einmalige Genossenschaftseinlage von 180 Euro und – das ist entscheidend – arbeitet alle vier Wochen drei Stunden mit. Dieser Einsatz senkt die Kosten deutlich und ermöglicht Preise, die trotz hoher Qualität bei vielen Produkten klar unter dem Niveau anderer Biosupermärkte liegen.

Attraktive Preise sind für die aktiven Mitglieder ein willkommener Nebeneffekt. Das Mitmachen und damit verbundene Eintauchen in die Welt der Lebensmittelbranche einschließlich interessanter Kontakte zu Gleichgesinnten wird als Bereicherung erlebt. Als größte Motivation nennen die meisten aber den Wunsch eine umweltfreundliche, vielfältige und faire Lebensmittelproduktion solidarisch zu unterstützen: Handel ohne die fatalen Folgen der Gewinnmaximierung, wie sie die Monopolkommission erneut aufgezeigt hat.

Das Ziel für 2026: Ein FoodHub für Schwabing

Es begann auf einer Mitglieder-Großgruppenveranstaltung Ende 2024, auf der alle Teilnehmenden aufgefordert waren, ihre Wunschvorstellungen zu artikulieren. „Näher an meinem Wohnviertel“ lautete eine der Ideen aus der Schwabinger Ecke.

Und der Samen geht auf. Wenn heute Mitglieder einer rund 20-köpfigen Gruppe aus München-Schwabing dort gut gelaunt ihre Flyer verteilen und verkünden „Wir bauen uns unseren eigenen Biosupermarkt. Mach mit!“ steht in vielen Gesichtern erst mal ein großes Fragezeichen. Ein Supermarkt zum Mitmachen? Initiiert von Menschen wie Du und Ich? Das kann doch weder erfolgreich noch sinnvoll sein …?

Doch dann erfahren sie mehr über das Konzept und den erfolgreichen FoodHub in Giesing und spätestens, wenn sie diesen bei einer Ladenführung mit Probeeinkauf selbst erlebt haben, unterschreiben viele die Beteiligungserklärung noch vor Ort. Im Dezember konnte das Schwabing-Team ihr 300stes Mitglied begrüßen, rund 800 Interessierte lassen sich über den Newsletter auf dem aktuellen Stand zum Schwabing-Projekt halten.

Die spannende Frage nach dem künftigen Standort

“Habt Ihr schon einen Laden für den neuen Mitmach-Supermarkt? Wo wird er sein?” Das ist definitiv die mit weitem Abstand häufigste und spannendste Frage zum geplanten Mitmachsupermarkt in Schwabing und der häufigste Grund, warum viele Interessierte noch in Warteposition sind. Eine konkrete Antwort gibt es bisher noch nicht und da beißt sich die bekannte Katze in den eigenen Schwanz: Die potenziellen Mitglieder warten auf den Standort und ein Standort kann erst verbindlich angemietet werden, wenn ausreichend Mitglieder dabei sind.

Mit über 300 Mitgliedern für Schwabing ist jetzt der Meilenstein erreicht, der den Startschuss zur verstärkten systematischen Ladensuche gab.

Einfach wird die Suche sicherlich nicht werden, aber die Schwabinger Initiative hat auch einen Vorteil, und zwar die vielen Interessierten, die so einen nachhaltigen Mitmach-Supermarkt in Schwabing begrüßen würden. Alle können bei der Ladensuche mitmachen! Informationen zu den Anforderungen, Kriterien und dem in Frage kommenden Gebiet gibt es auf der FoodHub-Unterseite Standortsuche. Dort kann man auf einer Karte die bisher überprüften und aktuell vorgeschlagenen Standorte sehen und findet den Link zum Anschreiben der Standortgruppe, die mit professioneller Expertise die Vorschläge prüft. Weitere Aktionen sind geplant, Interessierte werden über den Newsletter informiert.

Jetzt schon FoodHub-Produkte auch in Schwabing: Online-Shop und Einkaufsgemeinschaft machen´s möglich

Zu den Ideen, die man sich in Schwabing von Giesing abgeschaut hat, gehört der Vorabeinstieg in den genossenschaftlichen Verkauf über Online-Shop und Einkaufsgemeinschaft. Pünktlich zum geplanten Termin am 10. Oktober 2025 ging es los: Über den Shop können interessierte Mitglieder seitdem aus einem kleinen, vielfältigen FoodHub-Sortiment bestellen. An der Arbeit im Hintergrund – Webshop pflegen, Kisten packen, nach Schwabing transportieren, Ausgabe betreuen – beteiligen sich auch Schwabing-Interessierte, die bisher noch nicht aktiv waren.

Die Warenausgabe am Freitag spät nachmittags im Café Metta in der Barerstraße fühlt sich manchmal an wie eine kleine Spontanparty zum Kennenlernen. Für Friedrun Kehnel, Mitglied in der AG „Einkaufsgemeinschaft“, ist diese nicht zuletzt ein sinnvoller Schritt auf dem Weg zum späteren Supermarkt:

„So lernen immer mehr Schwabinger Mitglieder, die nicht auch schon in Giesing aktiv sind, die Foodhub-Mitmachkultur kennen. Und vor allem ist es schön, dass es immerhin einen Teil des Foodhub-Sortiments auch in Schwabing gibt.“

Weitere Informationen gibt es auf der Website des Foodhub mit einer speziellen Unterseite für das Schwabing-Projekt. Zum tieferen Einstieg bieten sich die vielfältigen und hilfreichen Medienveröffentlichungen an und nicht zuletzt die regelmäßig über die Website angebotenen Ladenführungen mit Probeeinkauf unter dem Motto „den Foodhub hautnah erleben“