Jüdische Geschichte und junge Kunst zusammenbringen

Das Programm für das Themenjahr bietet eine Fülle an Veranstaltungen. Um die 400 sind angekündigt. Der Freistaat hat dafür über 1,4 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Dadurch konnten über die Kulturstiftung des Landes 92 Projekte unterstützt werden. Stiftungsdirektor Manuel Frey sagt, man habe Projekte gesucht, die beide Pole – Vergangenheit und Gegenwart – bedienen können.

Einerseits werde auf die Tradition einer reichen jüdischen Vergangenheit in Sachsen geschaut. Auf der anderen Seite gebe es auch aktuell ein lebendiges jüdisches Leben. „Wir haben junge Künstlerinnen und Künstler, die sich mit jüdischer Kunst und Kultur beschäftigen, die wollten wir auch dabei haben“, so Frey bei MDR KULTUR. „Und ideal ist es, wenn man beides zusammenbringt.“

Kunstvolle Kordeln und Quasten von jüdischen Unternehmern aus Sachsen

Zu den geförderten Projekten gehört zum Beispiel eine Ausstellung im Erzgebirgsmuseum in Annaberg-Buchholz, für die Museumspädagoge Bastian Guthke schon im Vorfeld viel recherchiert hat. Dabei geht es um jüdische Unternehmer, die kunstvolle Textilverzierungen wie Borten, Quasten und Kordeln hergestellt haben.

Die Liste der sogenannten Posamenten-Unternehmer, die bis ins 20. Jahrhundert hinein gewirkt und damit der Stadt zu Weltruhm verholfen haben, ist lang. „Das Thema ist gewissermaßen unbekannt, also da ist durchaus noch Bedarf, das an die Öffentlichkeit zu bringen“, findet Guthke. Die Ausstellung solle zeigen, was in Sachsen an großem Kulturgut geschaffen wurde, „gerade eben durch die jüdischen Unternehmer.“

Moped-Gottesdienst und Akrobatik im Jahr der jüdischen Kultur 2026

Aber auch ohne die Unterstützung des Freistaates wurden zahlreiche Projekte initiiert. Aktuell beteiligen sich 54 Städte und Gemeinden am Programm. Von Ausstellungen über Musik bis hin zum interkulturellen Moped-Gottesdienst ist alles dabei.

Auch die Sängerin und Luftakrobatin Elaina Pliskin Jacobs wird mit ihrem Klezmer-Zirkus mehrfach zu erleben sein. Die in Leipzig lebende Künstlerin hofft, dass die Vielfalt jüdischen Lebens sichtbar wird. „Die aschkenasische Kultur ist normalerweise gedacht als die sozusagen ’normale‘ jüdische Kultur, aber es gibt so viele verschiedene jüdische Kulturen rund um die Welt und 2026 kann ein Vorbild geben für die Zukunft.“

Thema Antisemitismus bleibt präsent

Auch beim sächsischen Landesverband der jüdischen Gemeinden blickt man mit großen Erwartungen auf das Jahr 2026, in dem der Verband zudem sein 100. Jubiläum feiert. Die anfängliche Kritik und die Skepsis, als 2022 ein Konzept für das Themenjahr seitens des Kulturministeriums vorgelegt wurde, ohne vorher mit den Akteurinnen und Akteuren der jüdischen Gemeinschaft zu sprechen, scheinen größtenteils verflogen.

Auch bei Konstantin Zahariev, dem stellvertretenden Verbandvorsitzenden. „Ich bin auch in Hoffnung, dass wir hier zu Hause uns besser kennenlernen“, sagt er bei MDR KULTUR. Antisemitismus habe in letzter Zeit „viel Öl ins Feuer gegossen“. Er hoffe, dass „wir uns näher kommen und unsere Blicke etwas angleichen, Rücksicht aufeinander nehmen.“

Ich hoffe, dass wir uns näherkommen und unsere Blicke etwas angleichen, Rücksicht aufeinander nehmen.“

Konstantin Zahariev vor dem Jahr der jüdischen Kultur in Sachsen

„Tacheles“-Projektsprecherin Nora Pester wird nicht müde, zu betonen, dass man sich „Jahr der jüdischen Kultur“ und nicht „Jahr gegen Antisemitismus“ genannt habe. Trotzdem solle das Thema keinesfalls ausgeblendet werden. Allein schon durch das eng gestrickte Sicherheitskonzept sei es immer präsent. „Ich setze hier ganz stark auf die Mitte der sächsischen Gesellschaft, dass sie mit ihrer Präsenz und ihrer Solidarität gegenüber den Veranstaltern, den jüdischen Akteurinnen und Akteuren auch ein Zeichen setzen: Nicht bei uns, nicht in unserer Mitte! Wir stehen zu unserem jüdischen Leben hier in Sachsen und auch zu dessen Schutz.“