Sobald er aber sein Morgenritual erfolgreich beendet hat und die Zeiger auf 10 Uhr stehen, ist er ein aufmerksamer Gastgeber, Erzähler spannender Geschichten und humorvoller Ästhet.

An diesem Vormittag um 11 Uhr scheinen die dicken Regentropfen auf seinem leuchtend grünen Anzug mit Glitzer-Broschen regelrecht abzuperlen, als er das Tor zu seiner Villa – dem „Schloss Wuppertal“ – öffnet. In die große Eingangshalle jedenfalls passt er bestens rein: Nichts an ihm verrät die Morgenmuffeligkeit oder lässt auf einen trüben Dezembertag schließen. Im Gegenteil, mit den glitzernden Kugeln, Kunstwerken und Fabergé-Eiern, die für die Adventszeit dort stehen, kann Hazy Hartlieb gut mithalten. Er strahlt eine fast in Vergessenheit geratene Stilsicherheit aus, die bei aller Nostalgie nicht vor Kitsch oder Witz zurückschreckt. Wie ein klassischer Filmstar steckt sich der Kostümbildner und Künstler immer wieder eine Zigarette an, die er elegant hält und schließlich in einem gläsernen Aschenbecher ausdrückt.

Jetzt in der Vorweihnachtszeit ist die Dekoration in „Schloss Wuppertal“ an ihrem Höhepunkt angekommen: Im großen Saal hängt ein prachtvoll geschmückter Leuchter von der Decke, in diesem Jahr in pastelligen Rosatönen mit blauen Details gehalten. Mehrere Stunden hat Hazy Hartlieb ihn arrangiert, die Kugeln, Figürchen und Federn sammelt er das ganze Jahr über. Auf jedem Tisch, in jeder Ecke gibt es weitere Accessoires, alle farblich sortiert, die meisten glitzern. Unzählige Details, funkelnde Schmucksteine und Glitter-Elemente sorgen für eine angenehme Reizüberflutung. Auf einer Bank liegen rote Kappen mit weihnachtlichen Aufnähern, „die leider an Trump erinnern“, sagt Hazy Hartlieb und beginnt, kopfschüttelnd über den Wahnsinn in der Politik zu sprechen – über die, die andere ausgrenzen und bedrohen, die rote Caps oder Glatze tragen.

Das ist etwas, was Hazy Hartlieb und sein Mann Lothar auf „Schloss Wuppertal“ nicht zulassen: Hier sollen die Menschen zusammenfinden. Ganz egal, welcher Religion sie angehören, in welchem Land sie geboren sind, wen sie lieben. So auch an Weihnachten, wenn zwölf Leute im Schloss feiern. „Geschenke gibt es nicht“, sagt Hazy Hartlieb, es geht um das Beisammensein. Ein wärmender Gedanke, dass es trotz all der Deko, der Kunst, der Accessoires, der knalligen Kostüme und Anzüge und der Opulenz vor allem um die Liebe zur Schönheit geht, die manchmal gar nichts Materielles ist.

An jedem Adventssonntag
ist „Tag der offenen Tür“

Dass die Villa mitten im wintergrauen Wuppertal so eine bunte, ästhetische Insel darstellt, hat laut Hazy Hartlieb einen bestimmten Grund: „Ich bin in Bayern geboren und aufgewachsen. Die Reinkarnation Ludwigs II. – wie er liebe ich Kunst, Kultur und schöne Männer.“ Auch, wenn das Bergische Land kein Schloss Neuschwanstein benötigt, braucht es ganz sicher die sinnliche Fülle, die es hier zu finden gibt. Genau wie die leuchtenden Farben, den Glitzer und Glanz, für den Hazy Hartlieb als Person steht. Er fühlt sich damit nicht allein: „Gott sei Dank gibt es in Wuppertal einige ältere Damen, die stilsicher bunte Farben und auch mal Leoprints tragen“, sagt er. Trotzdem fällt er zwischen all dem Grau und Schwarz mit der bunten Kleidung auf. Entscheidet er sich doch mal für einen dezenteren Ton, fügt der Künstler und Kostümbildner noch etwas Extravaganz hinzu: „Schwarz trage ich nur, wenn es glitzert.“

Davon können sich die Gäste des Open House (einer Art „Tag der offenen Tür“) an jedem Adventssonntag im Schloss selbst überzeugen – zwischen 14 und 19 Uhr öffnen Hazy Hartlieb und sein Mann die Tore und Türen. Und bei großen Partys im Sommer wie Winter dürfen auch spontan immer noch Leute dazukommen. Als nächstes steht eine 70-60-40-Party an, wenn Lothar Abstohs seinen 70. und Hazy Hartlieb seinen 60. Geburtstag und beide ihr 40-jähriges Zusammensein feiern. An Silvester aber bleibt es ruhig: Die beiden Hunde brauchen besonders viele Kuscheleinheiten, wenn draußen Raketen und Knaller gezündet werden.