EuGH-Beschwerde gegen Verurteilung
Der kurdische Aktivist und Politiker Kenan A. wurde bereits im September 2024 wegen angeblicher Mitgliedschaft in der PKK zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Seine Anwälte halten die Verurteilung jedoch für rechtswidrig. Die Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts stelle einen Verstoß gegen das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit dar, das in Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert ist. A.s Anwälte legten im Oktober 2025 deshalb Beschwerde gegen das Urteil beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein.
Annäherung zwischen Türkei und PKK
Im Nahen Osten gab es zuletzt eine Annäherung zwischen der türkischen Regierung und der PKK: Die türkische Justiz lockerte die Haftbedingungen für den seit 1999 inhaftierten PKK-Gründer Abdullah Öcalan. Die PKK verkündete im Mai ihre Auflösung, im Juli verbrannte sie symbolisch Waffen im Nordirak, im Oktober begann sie nach eigenen Angaben, Kämpfer aus der Türkei abzuziehen. Es ist ein Paradigmenwechsel nach einem jahrzehntelangen blutigen Kampf gegen den türkischen Staat.
Dresdner Bundestagsabgeordneter hofft auf besseren Schutz der Kurden
Das deutsche Vorgehen gegen die PKK steht in der Kritik. Beispielsweise forderte Jan van Aken, Vorsitzender der Partei Die Linke im Juli, dass „das Verbot der PKK auch in Deutschland aufgehoben werden“ muss. Und auch der Dresdner Bundestagsabgeordnete Kassem Taher Saleh (Grüne) erklärte dem MDR, dass er nach Jahrzehnten von Menschenrechtsverletzungen und politischer Repression „aus der kurdischen Community, sowohl hier in Deutschland als auch in der Türkei, große Zuversicht und Hoffnung auf eine friedliche Zukunft“ spüre.
Die PKK habe mit der Niederlegung der Waffen ihren Beitrag dazu geleistet, führt der Dresdner weiter aus. Die Rechte und den Schutz der Kurdinnen und Kurden in der türkischen Verfassung zu verankern, werde laut Taher Salehs Einschätzung ein langwieriger Prozess und fordert: „Wir in Deutschland sollten uns mit aller Kraft hinter die Bemühungen stellen, politische Strukturen zu schaffen, die dies ermöglichen.“
Bundesregierung bleibt bei Einstufung als Terrororganisation
Die deutsche Bundesregierung begrüßte zwar die Auflösung der PKK. An der Einstufung als Terrororganisation hält das Bundesinnenministerium dennoch fest. „Ankündigungen und Beschlüsse allein genügen nicht“, antwortete die Bundesregierung im Mai auf eine Anfrage eines Linken-Politikers. Seit 2002 steht die PKK zudem auf der EU-Terrorliste.
Auch das Bundesjustizministerium zieht die allgemeine Verfolgungsermächtigung, die es erlaubt, die PKK als ausländische terroristische Vereinigung auch innerhalb Deutschlands strafrechtlich zu verfolgen, bisher nicht zurück. Diese hatte sie 2011 erteilt. Sie werde anlassbezogen überprüft, teilte das Justizministerium auf MDR-Anfrage mit. Bislang sei sie „weder ausgeweitet noch eingeschränkt“ worden.
Würde Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) die Ermächtigung aufheben, träfe das auch laufende Verfahren wie jenes von Aziz K. in Dresden. Denn ohne die Ermächtigung ist eine Anklage wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland nach Paragraf 129b des Strafgesetzbuches nicht möglich.
Kriminalbeamter Peglow: Prüfung der Neubewertung „gut und richtig“
Der Vorsitzende des Bundes deutscher Kriminalbeamter e.V. Dirk Peglow erklärte dem MDR, dass die Bewertung der PKK als Terrororganisation in einer Zeit entstand, als sich ihre Anhänger aus Protest selbst anzündeten und Terroranschläge in Deutschland verübten. „Heute haben wir eine andere Art der Erkenntnisnahme über die PKK. Insofern ist es nur gut und richtig, wenn das möglicherweise auf den Prüfstand gestellt wird“, sagte Peglow. Er betonte jedoch, dass für eine Neubewertung bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen: Die Ankündigungen der PKK-Führung müssten in Taten umgesetzt werden. Bisher sah Peglow die Voraussetzungen noch nicht erfüllt.