Mannheim. Jugendkirche Waldhof: Nach zwei Wochen endet die 18. Aktion gegen Kinderarmut. Nach den Weihnachtsferien beginnt wieder der ganzjährige Mittwochstisch. Kindergrundsicherung bleibt dringende Forderung.
57 Schulklassen mit insgesamt mehr als 1300 Jungen und Mädchen hatten in den zwei Aktionswochen die 18. Mannheimer KinderVesperkirche besucht. Deren Leiterin Svenja Hauseur vom Evangelischen Kinder- und Jugendwerk zieht Bilanz: Alles außer dem Anlass war sehr positiv. Die Kinder hatten eine schöne Zeit in der KinderVesperkirche. Doch zeige sich immer deutlicher, dass Kinderarmut sich nicht nur auf die finanzielle Situation von Familien bezöge. Vermehrt gehe es darum, mit welcher Aufmerksamkeit und Präsenz Kinder auf ihrem Lebensweg begleitet werden.
Dekan Hartmann: Kindergrundsicherung bleibt dringende Forderung
Mit der Versorgung der Kinder lege eine Gesellschaft die Basis für ihre Gegenwart und Zukunft, sagt Hartmann mit Blick auf die KinderVesperkirche, die die letzte für ihn als Dekan in Mannheim ist. „Kinder von heute sind die Mitgestalterinnen, Mitgestalter, Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträger von morgen.“ In Teilhabe und pädagogische Strategien zu investieren, zahle sich für eine Gesellschaft aus. Es sei für ihn „bitter zu sehen, auf welch hohem Niveau die Kinderarmut stagniert“. Unverändert ist in Mannheim jedes fünfte Kind davon betroffen. In einem benachteiligten Umfeld können sie nicht die Zuwendung und Förderung erhalten, die sie auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben brauchen. Kein Kind dürfe durch das soziale Netz fallen, betont Hartmann. Bei Engpässen in Familie oder Schule dürften die Kinder nicht verloren gehen. „Kinder müssen gefördert werden, individuell und in der Gruppe“, so Dekan Hartmann. „Wir brauchen gebündelte und leicht zugängliche Hilfen für Familien und eine an den Bedarfen vor Ort ausgerichtete Ausstattung für Schulen und Kitas in sozialen Brennpunkten.“
Die KinderVesperkirche ist auch eine wertvolle Verbindung hin zu den Lehrkräften, die ihre Schulklassen begleiten. Diese informiert Svenja Hauseur darüber, dass Bedarfe von Kindern benannt werden können. Dann hilft die KinderVesperkirche auf kurzem Weg, direkt oder durch Informationen beispielsweise über das Kinderkaufhaus Plus der Diakonie Mannheim. Dort können gut erhaltene Kleidung, Schul- und Freizeitbedarf für wenig Geld erworben werden. Oft erhalten die Familien auch einen Gutschein für einen Einkauf dort. „In diesem Jahr hatten wir deutlich mehr solcher Einzelfallhilfen als in den Vorjahren“, sagt Svenja Hauseur.
Svenja Hauseur: Kinder brauchen die Gewissheit, willkommen zu sein und gesehen zu werden
„Platz bei mir“ lautete das diesjährige Motto. Denn jedes Kind möchte einen Platz haben, an den es gehört, wo es gesehen, geliebt und in seiner Entwicklung gestärkt werde, so KinderVesperkirche-Leiterin Svenja Hauseur. In diesem Jahr sei das Bedürfnis vieler Schüler:innen, wahrgenommen zu werden, besonders deutlich gewesen: Die Freude darüber, dass in den drei Stunden, die die Kinder in der Jugendkirche im Stadtteil Waldhof verbringen, viel Raum und viele Möglichkeiten sowie ansprechbare und präsente Erwachsene für sie da seien, zog sich durch alle Öffnungstage. „Es war wieder sehr berührend zu sehen, wie sich die Kinder hier entfalten, wie sie ihre Bedürfnisse wahrnehmen und ihnen nachgehen“, schaut Hauseur auf die zwei Wochen zurück. Ob ausdauerndes Basteln an den Kreativtischen, gemeinsames LEGO-Bauen und spielen oder der Wunsch, anstelle einer vorgelesenen Geschichte lieber selbständig in einem Buch zu blättern und zu lesen – die Kinder konnten in der KinderVesperkirche das tun, wohin es sie zog.
Leckeres Mittagessen und erstmals frisch gebackene Waffeln
Häufig zog es die Schülerinnen und Schüler auch an den Waffelstand. Denn erstmals gab es frisch gebackene Waffeln. „Das war der Renner“, schmunzelt Svenja Hauseur, die für die 56 Kilogramm Teig sorgte, die in den zehn Öffnungstagen verbacken wurden.
Treue Spender und ein verlässliches Team von freiwilligen Helferinnen und Helfer
Ohne die finanziellen Spenden und ohne die Sach- und Zeitspenden wäre die KinderVesperkirche nicht möglich, betont Svenja Hauseur. Die KinderVesperkirche inklusive ihrer ganzjährigen Fortsetzung im Mittwochstisch für angemeldete Schülerinnen und Schüler kostet 50.000 Euro. Weitere 50.000 Euro fließen als Unterstützung in das Projekt „Begleitpat:innen“ und das Kinderkaufhaus Plus der Diakonie Mannheim. „Wir danken den Spendern von Herzen, die uns die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung stellen“, so Hauseur. „Und wir haben hier ein großartiges Team von Ehrenamtlichen aus der Gemeinde und deren Umfeld. Auch können wir uns auf die Auszubildenden der Mannheimer Firma VOLZ E.K.T. sowie Erzieher:innen-Klassen von ‚das Kurpfalz‘ verlassen,“ sagt Hauseur mit großer Wertschätzung. Nur mit diesem stabilen und flexiblen Netzwerk sei diese Aktion gegen Kinderarmut möglich.
Der Mittwochstisch ist die ganzjährige KinderVesperkirche
Was in den zwei Aktionswochen mit eingeladenen Schulklassen aus ganz Mannheim angeboten wird, geht ganzjährig im wöchentlichen Mittwochstisch weiter: Dann kommen angemeldete Schülerinnen und Schüler aus der Umgebung mittwochs nach Schulende in die Jugendkirche und genießen dort dasselbe Angebot wie in den Aktionswochen: Ein frisch zubereitetes Mittagessen, die Möglichkeit zu spielen, zu chillen oder zu basteln, Hausaufgaben zu machen und vor allem in dem Team verlässliche Ansprechpersonen zu haben. Diese haben ein offenes Auge und ein offenes Ohr für die Belange der Kinder. Sie hören zu, sind für die Kinder da und helfen bei Bedarf unkompliziert und konkret.
Die 19. Mannheimer KinderVesperkirche findet in den zwei Adventswochen 2026 statt.
Die KinderVesperkirche ist eine Initiative der Evangelischen Kirche Mannheim. Seit 2008 macht sie auf die schwierige Situation von Kindern aus finanziell schwachen Familien aufmerksam und hilft auch ganz konkret. Die KinderVesperkirche mit ihrem ganzjährigen Mittwochstisch wird aus Spenden finanziert. Diese unterstützen auch das Kinderkaufhaus Plus und das Projekt Begleitpaten der Diakonie Mannheim. Spendenkonto: Evangelische Kirche Mannheim, Sparkasse Rhein Neckar Nord, IBAN: DE44670505050039003007, BIC: MANSDE66XXX. Stichwort: „KinderVesperkirche“.red
Weitere Informationen:
Weitere Informationen erhalten Interessierte unter: www.kindervesperkirche.ekma.de/