1. wa.de
  2. NRW

DruckenTeilen

Ein verlassenes Bauprojekt wird zur Touristenattraktion. Die Google-Community feiert das Milser Loch mit ironischen Bewertungen. Ein Phänomen zwischen Belustigung und Verwirrung.

Bielefeld – Was passiert, wenn eine Baustelle zur Touristenattraktion wird? Das Milser Loch an der L712n im Bielefelder Norden liefert die kuriose Antwort. Vor über einem Jahr ging die beauftragte Baufirma pleite und hinterließ eine halbfertige Brückenbaustelle – ein Loch voller Beton und rostigen Baustahls, umgeben von schiefen Warnschildern. Was eigentlich ein Ärgernis für Anwohner und Verkehrsplaner sein sollte, hat sich dank der Kreativität der Internet-Community zu einem ironischen Wahrzeichen entwickelt, das mittlerweile sogar mit weihnachtlicher Dekoration geschmückt wird.

Mensch, was ist das schön: das Milser Loch.Mensch, was ist das schön: das Milser Loch. © Andreas Eickhoff

Die wahre Magie entfaltet sich in den Google-Bewertungen, wo sich die Nutzer regelrecht in das „Baustellenloch von Milse“ verliebt haben. Mit der gleichen Ernsthaftigkeit, mit der man das Taj Mahal oder den Eiffelturm bewerten würde, verfassen User liebevolle Rezensionen über ihre „Ausflüge“ zum Milser Loch. „Ich war mit meiner Freundin am legendären Milser Loch – und ganz ehrlich: Das war einer der schönsten Tage meines Lebens“, schwärmt ein Besucher in den Kommentaren.

„Einer der schönsten Tage meines Lebens“ – Baustellenloch in NRW zieht Besucher an

Die Bewertungen übertreffen sich gegenseitig an Kreativität und liebevollem Spott. Nutzer vergleichen das schlichte Baustellenloch ernsthaft mit Weltwundern, empfehlen Besuchszeiten und geben Ausflugstipps. Das Milser Loch hat es geschafft, was viele echte Tourismusattraktionen nicht schaffen: Es erzeugt echte Begeisterung – wenn auch mit einem Augenzwinkern. Die Google-Community hat aus „Bielefelds spektakulärstem Nichts“ ein Phänomen gemacht, das zeigt, wie aus kollektivem Humor digitale Folklore entstehen kann .

Während das Internet feiert, stehen die Anwohner zwischen Belustigung und Verwirrung. Tatsächlich pilgern mittlerweile neugierige Besucher zu der Baustelle, angelockt von den humorvollen Online-Bewertungen. Sogar das Fernsehen war schon für einen Drehtermin vor Ort und auch wir haben extra einen Reporter mit seiner Kamera auf die Reise zur neuerdings offenbar berühmtesten Baustelle NRWs geschickt – Donnerwetter! Das Milser Loch zeigt, wie das Internet aus dem Alltäglichen etwas Besonderes machen kann – auch wenn es nur ein Loch im Boden ist.

Irgendwer hat Weihnachtsdeko am Milser Loch platziert.Irgendwer hat Weihnachtsdeko am Milser Loch platziert. © Andreas Eickhoff

Während Straßen.NRW plant, den Bauabschnitt bald neu auszuschreiben, hat das Milser Loch längst ein Eigenleben entwickelt . Manche Anwohner scherzen bereits, so ist es in einem der vielen Berichte zu lesen, man könne das Loch einfach mit Wasser volllaufen lassen und Bielefeld hätte endlich einen Freizeitsee. Bis zur Fertigstellung der Brücke bleibt das Milser Loch also das, was es durch die Google-Community geworden ist: Bielefelds skurrilste Sehenswürdigkeit und ein perfektes Beispiel dafür, wie Internet-Humor aus dem Nichts etwas Denkwürdiges schaffen kann. In einer Stadt, die ohnehin für ihre vermeintliche Nicht-Existenz bekannt ist, passt eine Attraktion, die eigentlich keine ist, perfekt ins Bild.