Für Marco B. (Name geändert) ist die Vorweihnachtszeit nicht entspannt. Der 40-Jährige arbeitet als Paketzusteller bei DHL. Er erlebt gerade seine erste Saison. Im Sommer hat er bei der Post angefangen.
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Marco B. und seine Kollegen liefern täglich 200 Pakete und mehr aus. Das ist ein Knochenjob, der viel Ausdauer erfordert. Sie arbeiten in zwei Schichten. Die erste beginnt um 8.00 Uhr und endet um 16.30 Uhr. Die zweite startet zwischen 9.00 und 9.30 Uhr. Bevor Marco B. in sein Postauto steigt, belädt er es selbst.
„Die Post stattet ihre Fahrzeuge mit Regalen und einer Sackkarre aus“, erzählt er.
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„Allerdings mietet die Post auch viele Sprinter von SIXT oder Europcar, die völlig unzureichend ausgestattet sind. Diese Mietfahrzeuge sind nämlich ganz normale Transporter ohne Innenausbau oder Sackkarre.“ Deshalb müssen die Paketboten die bis zu 31,5 Kilogramm schweren Pakete platzsparend und effizient sortieren. „Wir haben dafür morgens etwa 90 Minuten Zeit“, erklärt Marco B.
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Übergabe nur gegen Ausweiskontrolle
In der Basis sortieren die Mitarbeiter die Pakete auf dem Band nach Postleitzahlen. Über Rutschen gelangen die Pakete zu den Fahrern. Sie scannen dann jedes Paket. Kunden können auf diese Weise den Standort nachverfolgen. „So erhalten sie beispielsweise die Nachricht, dass ihr Paket ins Zustellfahrzeug geladen wurde“, fügt Marco B. hinzu.
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Zusätzlich gibt es noch Pakete, die nicht über das Band laufen, weil sie entweder zu groß sind oder als sogenannte VIP-Pakete gelten. Diese Pakete enthalten hochwertige Waren wie Handys oder Vorwerk-Geräte, die Zusteller nur nach Vorlage eines Ausweises persönlich an die Empfänger übergeben. Auch bei Tabakwaren und Spirituosen müssen Kunden ihr Alter durch einen Ausweis nachweisen. Marco B. erklärt: „Wir nehmen auch Zahlungen entgegen, zum Beispiel für Zollgebühren oder bei Nachnahmesendungen.“
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Zusteller muss Paket ersetzen
Um das Problem verschwundener Pakete zu reduzieren, verlangt die Post, dass Zusteller die Übergabe an der Haustür durch die Unterschrift des Kunden bestätigen lassen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Empfänger mit DHL einen Ablageort vereinbart hat – in diesem Fall ist keine Unterschrift notwendig. Hält ein Zusteller diese Regel nicht ein und geht ein Paket verloren, muss er den entstandenen Schaden selbst tragen. „Natürlich gibt es Kollegen, die diese Vorgaben ignorieren“, fügt Marco B hinzu. „Das ist jedoch riskant, da eine Abmahnung oder sogar eine Anzeige, beispielsweise wegen Unterschriftsfälschung, drohen kann.“
Vor diesen Türen wird oftmals nicht geklingelt
In ländlichen Gegenden arbeitet es sich entspannter, berichtet der Paketbote. An solchen Orten vereinbaren Kunden oft Ablageorte für Pakete oder Nachbarn nehmen diese entgegen. In Großstädten gestaltet sich die Zustellung hingegen deutlich schwieriger. Marco B. beschreibt: „Denken Sie an ein Hochhaus mit acht bis zehn Stockwerken und mehreren Wohnungen pro Etage. Es dauert lange, die richtige Adresse zu finden, und manchmal blockiert ein defekter Fahrstuhl den Weg. Das kostet Zeit, die uns später fehlt. Deshalb stehen wir häufig vor dem Haus und klingeln nicht.“
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Er erklärt weiter, dass die Zusteller nicht schon fünf Kilometer vor dem Ziel angeben können, dass der Kunde nicht zu Hause ist. Denn das Navigationssystem der DHL zeigt die Position der Postboten jederzeit an. Wenn das Unternehmen herausfindet, dass Zusteller falsche Angaben machen, droht eine Abmahnung. „Die Post versteht da keinen Spaß“, ergänzt er.
Stattdessen druckt der Zusteller direkt vor Ort einen Aufkleber aus, der auf die gelbe Benachrichtigungskarte im Briefkasten kommt, und einen weiteren Aufkleber für das Paket, das er anschließend zur Packstation oder in eine DHL-Filiale bringt. Sind die Briefkästen hinter einer verschlossenen Tür, schickt die Post dem Kunden eine Benachrichtigung per Brief. Dieser Vorgang kann manchmal bis zu zwei Tage dauern.
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Anweisung sorgt für Kopfschütteln bei Zustellern
Um sicherzustellen, dass Kunden ihr Paket erhalten, empfiehlt der DHL-Mitarbeiter, die Funktion „Ablageort“ oder „Weiterleitung“ an eine Filiale oder Packstation zu nutzen. „Dort können Kunden auch einen Wunschtag angeben“, fügt er hinzu.
Seit einiger Zeit müssen die Paketfahrer alle Pakete von der Basisstation mitnehmen. „Wir laden die Pakete auch dann in die Fahrzeuge, wenn wir wissen, dass die zu beliefernde Firma am Samstag nicht arbeitet. Nur wenn die Firma ausdrücklich eine Rückstellung beauftragt, lassen wir die Pakete in der Basisstation.“ Diese Vorgabe sorgt bei Marco B. und seinen Kollegen für einen erheblichen Mehraufwand. Sie müssen die Pakete morgens einscannen und abends erneut bearbeiten. „Wenn wir es abends nicht schaffen, alle Pakete auszuliefern, erfassen wir diese mit der Funktion ‚Abbruch‛ und informieren den Kunden darüber“, erklärt er. Am nächsten Morgen beginnen die Fahrer wieder von vorn. „Nur Pakete von Amazon mit Prio-Kennzeichnung und Wunschtag-Aufträge liefern wir zwingend am selben Tag aus“, betont er.
Packstationen sind wie ein Überraschungsei
Die Paketzusteller kümmern sich nicht nur um die Zustellung, sondern holen auch Pakete bei Firmen, Privatpersonen, DHL-Filialen und Packstationen ab. „Manchmal tragen wir bis zu 30 Pakete zum Auto und legen sie am Ende der Schicht in den Sperrgutbehälter der Basis“, berichtet Marco. Beim Öffnen der Packstationen erleben die Zusteller laut Marco oft Überraschungen, da Kunden ihre Retouren gelegentlich nicht ordentlich verpacken. „Einige werfen die Sachen einfach lose hinein. Dann müssen wir sie vor Ort verpacken, adressieren und scannen. Wenn es schlecht läuft, sind das bis zu 20 Pakete.“ Das kostet viel Zeit, die an anderer Stelle fehlt.
Kollegen pinkeln in eine Flasche
Es überrascht daher nicht, dass manche Zusteller auf ihre gesetzlich vorgeschriebenen Pausen verzichten, um die Arbeit zu bewältigen. „Die Pause ist normalerweise verpflichtend. Mit dem Handscanner melden wir Pausen von 15 oder 30 Minuten. Wenn das Gerät keine Pause registriert, erscheint irgendwann eine Warnung. Geht man dann nicht in die Pause, blockiert der Scanner, und wir können nicht weiterarbeiten. Man kann aber auch einfach pausieren und trotzdem weiterarbeiten“, erklärt Marco B.
Die Pausen könnten auch für Toilettengänge genutzt werden, was sich jedoch oft als schwierig erweist. „Ich versuche, in Firmen oder Praxen meine Notdurft zu verrichten. Bei Privatpersonen frage ich nicht, das wäre mir unangenehm. Auf Landtouren halten wir manchmal auf einem Feldweg, und meine männlichen Kollegen haben für alle Fälle immer eine leere Flasche im Auto. Wie meine Kolleginnen das handhaben, weiß ich nicht“, schildert Marco.
Kunden lassen sich auch Toilettenpapier liefern
In den kommenden Wochen wird der 40-Jährige, der in einer Zustellbasis in Süddeutschland arbeitet, wieder unzählige Pakete durch das Land transportieren. „Etwa ein Viertel aller Pakete bestellen die Kunden bei Temu. Aber wir liefern auch Hundefutter, Fernseher, Küchenmaschinen, Toilettenpapier, HelloFresh-Kisten und Getränkedosen aus“, erzählt er. Besonders ärgert es ihn, wenn einige Dienstleister minderwertige Kartonagen verwenden. „Diese reißen schnell auf, der Inhalt fällt heraus, und wir müssen die Waren dann in der Basis neu verpacken.“
Ein Postsprecher reagierte auf die Vorwürfe – den Beitrag finden Sie hier: DHL-Sprecher reagiert auf Kritik an Postboten: „Sie machen sich damit doch viel mehr Arbeit“