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Die Verhandlungen zwischen den USA und der Ukraine sind beendet. Ergebnisse lassen noch auf sich warten. Für Oberst Reiners ist klar: Putin sitzt am längeren Hebel.
Berlin – In Berlin verhandelt Wolodymyr Selenskyj mit Donald Trumps Gesandten Steve Witkoff und Jared Kushner über den Friedensplan für die Ukraine. Die Stunden an dem langen Holztisch im Kanzleramt sind lang. Bisher ist über genaue Ergebnisse noch nichts bekannt. Denn die russische Seite unter Wladimir Putin sitzt am längeren Hebel. Das sagt Oberst Markus Reisner, österreichischer Militäroffizier und Historiker. Für ihn ist klar: Der Ukraine droht ein Diktatfrieden. „Dann hätte Russland auf ganzer Linie gewonnen.“
Anfang Dezember waren Trumps Verhandler Steve Witkoff und Jared Kushner zu Beratungen bei Wladimir Putin in Moskau © IMAGO / Anadolu Agency
Jede Woche sitzt Reisner in seinem Arbeitszimmer der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt vor seiner Kamera und erklärt die aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg. Bei ntv sagte er am Montag (15. Dezember): „Die Friedensverhandlungen sind so intensiv wie noch nie seit Beginn des Konflikts. An diesem 1390. Tag des Krieges stellt sich für mich die Frage: Entscheidet sich nun das Schicksal der Ukraine?“
Verhandlungen über Ende des Ukraine-Kriegs in Berlin: Trump geht es ums Geld
Die Kernstreitpunkte der Verhandlungen über einen Frieden in der Ukraine sind die Zukunft des Donbass, Sicherheitsgarantien und der Wiederaufbau. Für Reisner zeichnet sich dabei ab, dass sich die USA und Russland zunehmend zusammenschließen. „Ihnen haben die Russen gemeinsame Geschäfte angeboten und die Amerikaner haben angebissen. Sie wollen Profite machen. Um einen würdevollen Frieden geht es ihnen weniger“, analysiert Reisner.
Das betrifft auch den Donbass. Die Idee der USA ist, dort eine entmilitarisierte Wirtschaftszone einzurichten, die die Ukraine möglicherweise kontrollieren soll, aber den Russen zugesprochen werden könnte. Das käme für Reisner allerdings einer Übergabe des Gebiets an die Russen gleich. „Die Russen versuchen die Amerikaner offensichtlich mit einer gemeinsamen Ausbeutung der Bodenschätze des Donbass zu ködern.“
Panzer, Drohnen, Luftabwehr: Waffen für die Ukraine
Fotostrecke ansehenRussland hat im Ukraine-Krieg Unterstützung aus Nordkorea, China und Iran
Während Wladimir Putin Donald Trump also mit finanziellen Vorteilen auf seine Seite zieht, erhält er militärische Unterstützung aus Nordkorea, China und Iran. Der Militärexperte warnt: „Russland kann Glasfaser-Drohnen in großem Maßstab einsetzen, weil China die Kabel, Spulen und Wickelmaschinen liefert. Nordkorea liefert Artilleriemunition, aus dem Iran kommt Drohnentechnologie.“
Die russische Armee habe zuletzt die Stadt Odessa massiv angegriffen und konnte die Stadt Siwersk einnehmen. Trotzdem bleiben große Erfolge aus, die Ukrainer können sich weiter verteidigen. Zuletzt konnte die ukrainische Armee Kupjansk zurückerobern. „Dort haben die Ukrainer begonnen, russische Truppen in der Stadt einzuschließen und Land gewonnen.“ Und auch die Sanktionen und die ukrainischen Angriffe auf Russlands Wirtschaft würden ihre Wirkung zeigen. „Trotzdem ist die Frage, wie lange die Ukraine noch durchhält. Und nicht, wie lange die Russen noch durchhalten.“
Ukraine hat im Krieg vier Probleme: Geld, Energie, Korruption und Soldatenmangel
Denn obwohl so viele Faktoren das Kräftegleichgewicht momentan noch in der Schwebe halten, ist die russische Verhandlungsposition unnachgiebig. „Die Russen glauben, sie sind bereits kurz vor dem Sieg. Sie sagen sich: Wir halten sicher noch ein halbes Jahr, wenn nicht auch ein Jahr durch, bis wir das bekommen, was wir haben möchten. Kompromissbereit sind die Russen nicht.“
Und die Ukraine hat laut Reisner vier große Probleme: „Sie braucht Geld, sie steckt wegen der Luftangriffe in einer Energiekrise, das Dritte ist der Korruptionsskandal im Umfeld von Selenskyj und das Vierte betrifft den Soldatenmangel an der Front.“ Und den Europäern mangele es aktuell sowohl am Wille als auch an Ressourcen, um die Ukraine ausreichend zu unterstützen. Sie müssten mehr Waffen liefern, vor allem für die Luftabwehr und mehr Geld an die Ukraine übergeben, um den Staat am Laufen zu halten. Reisner ist der Meinung, dass die Karten der Ukraine von Woche zu Woche schlechter werden. „Selenskyj ist weit von den Forderungen des vergangenen Jahres entfernt. Damals sprach er noch davon, die gesamte Ukraine, inklusive der Krim zurückzuerobern. Bekommt sein Land nicht mehr Hilfe aus dem Westen, wird es sehr schwierig.“
Ende des Ukraine Kriegs? Militärexperte sieht drei Szenarien
Für Reisner gibt es für das Ende des Ukraine-Kriegs drei Szenarien: „Das ‚koreanische Szenario‘ wäre ein Waffenstillstand ohne Friedensverhandlungen, das ‚deutsche Szenario‘, wäre eine Teilung mit einer Rest-Ukraine in der NATO. Das ‚finnische Szenario‘ wäre ein Diktatfrieden, in dem der Staat überlebt, aber Gebiete abtritt.“ Wenn sich Putin weiter in der stärkeren Position sieht, werde Russland aber keine Zugeständnisse machen, meint Reisner.
Gleichzeitig seien die Amerikaner bereit, die Ukraine zu einem Frieden zu zwingen. Reisner schließt mit dem Satz: „Russland war immer nur verhandlungsbereit, wenn es das Messer an der Kehle hatte. Das sehen wir aber nicht. Die Europäer sind nicht in der Lage, die Amerikaner nicht bereit dazu.“ (Quellen: ntv, Tagesschau, t-online) (cdz)