Liebe Leserin, lieber Leser,
ein
„Glimmer“ ist so etwas wie der Gegenteil eines Triggers: etwas, das
nicht schlimme, sondern schöne Erinnerungen weckt und gute Gefühle
auslöst – ein Geruch aus der Kindheit zum Beispiel, der
Lieblingssong, warme Sonnenstrahlen im Winter.
„Wir
wollten einen Namen, mit dem man direkt Positives verbindet, Freude
und Leichtigkeit“, erzählte mir Anton Burmester, als wir gestern
Abend telefonierten. Wir sprachen über das Projekt, das der
29-Jährige zusammen mit zwei Freunden im Oberhafen aufzieht: ein neuer Club, für Partys, Konzerte und vieles mehr, namens:
glimmer. (Ja, kleingeschrieben.)
Als
die Nachricht Ende letzter Woche die Runde machte, dachte ich: Wer
macht denn bitte heute einen neuen Club auf?! Nicht, dass ich das
schlecht fände, ganz im Gegenteil, nur klingt so ein Projekt in
Zeiten, in denen allenthalben vom „Clubsterben“ die Rede ist, ganz
schön, sagen wir mal: mutig.
Burmester
weiß das. „Theoretisch kann das voll nach hinten losgehen“, sagte
er. „Aber wir haben richtig Bock! Und gerade ist die Überzeugung,
dass wir das packen, größer als jeder Zweifel.“ Schon im April
haben er und seine Mitstreiter Johann Kipping und Luke
Mehrhoff den Zuschlag von der Kulturbehörde bekommen, eine Fläche
von 548 Quadratmetern im Oberhafenquartier zu bespielen. Dabei geht
es um genau die Fläche, auf der bis 2019 der legendäre Club Moloch
zu finden war, der nicht zuletzt wegen Lärmbeschwerden aus der
Nachbarschaft dicht machen musste.
Die
drei Freunde haben nun große Pläne: Dort, wo früher der alte
Lokschuppen stand, soll ein neues Gebäude entstehen, in dem dank
Schallisolierung auch mal richtig laute Bässe wummern dürfen,
außerdem sollen die Räume für Lesungen, Konzerte und Workshops
genutzt werden. Gedacht ist das Projekt nämlich nicht nur als
Musikclub, sondern als „großes Kulturzentrum, in dem sich ein
Netzwerk von Kreativen treffen kann“, wie Burmester erzählte.
Dieses Netzwerk bringt das Team gleich mit: Mit ihrer Partyreihe
„Synthetic Love“ haben sie sich in den vergangenen drei Jahren eine
kleine Fangemeinde aufgebaut – anfangs feierten sie mit Freunden in
kleinen Läden, später mit 1.000 Partygästen im Uebel &
Gefährlich.
© ZON
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Irgendwann
kam die Idee auf: ein eigener Club, das wär doch was. Die drei
stellten einen Finanzplan auf Basis von Fremd- und Eigenkapital auf,
bewarben sich auf die Ausschreibung der Stadt. Und jetzt wird’s
ernst. Noch arbeitet Burmester in der Gastronomie und als freier
Journalist, bisher hätten sie nichts persönlich an ihren Partys
verdient, bald aber wird daraus für alle ein Job, in der Saison
2026/27 soll das glimmer öffnen.
„Dann
sind wir Geschäftsführer und Gesellschafter …“, sagte Burmester
an einer Stelle im Gespräch und musste selbst kurz glucksen, „ach,
das klingt noch so ungewohnt.“
Ich
bin sicher: bald nicht mehr. Chapeau für so viel Mut und alles Gute
den dreien!
Und
Ihnen einen Tag voller Glimmer!
Ihre
Annika Lasarzik
WAS HEUTE WICHTIG IST
© Marcus Brandt/dpa
Der
Hamburger Fernsehturm,
im Volksmund Tele-Michel, soll nach rund 30 Jahren Schließung ab der
zweiten Jahreshälfte 2031 wieder für Besucher öffnen. Das gab der
Senat bekannt. Möglich werden soll das durch zusätzliche
städtische Mittel von knapp 2,6 Millionen Euro; insgesamt wird die
Sanierung voraussichtlich rund 39,7 Millionen Euro kosten, wobei Hamburg und Bund jeweils die Hälfte der Kosten tragen sollen. Die Bürgerschaft muss den Plänen noch zustimmen. Die
Wiedereröffnung war ursprünglich bereits für 2023 geplant, hatte
sich jedoch mehrfach verzögert.
In Hamburg wurden 2024 insgesamt 1.986 Fälle von Kindeswohlgefährdung festgestellt
– ein deutlicher Anstieg gegenüber 2023 mit 1.780 Fällen. Am häufigsten
lag Vernachlässigung vor, sie spielte in 56 Prozent der Fälle eine
Rolle, etwa durch unzureichende Versorgung, fehlende Hygiene oder
mangelnde erzieherische Einflussnahme, oft in Kombination mit
psychischer (34 Prozent), körperlicher (30 Prozent) oder sexueller
Gewalt (6 Prozent). In 72 Prozent der Fälle stellten die Behörden eine
eindeutige Kindeswohlgefährdung fest, betroffen waren vor allem Kinder
und Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren.
Die
marode S-Bahn-Brücke an der
Holstenstraße ist irreparabel und muss
abgerissen werden, die Sperrung Richtung Altona wird daher noch
Monate, möglicherweise Jahre andauern. Das geht aus aktuellen
Gutachten hervor. Um die Einschränkungen zu begrenzen, plant die
Bahn ab der zweiten Hälfte des kommenden Jahres den Einbau von
Hilfsbrücken; zudem gelten seit Montag neue Linienführungen mit der
S7.
In aller Kürze
• Bei einem Warnstreik
von ver.di haben sich am Montag mehrere
Hundert Beschäftigte des öffentlichen Dienstes vor der Europa
Passage versammelt, um in der laufenden Tarifrunde der Länder sieben
Prozent mehr Lohn, mindestens 300 Euro, sowie bessere Bedingungen für
Nachwuchskräfte zu fordern – Hamburgs Finanzsenator Andreas
Dressel (SPD) wies die Forderung als zu hoch zurück •
In Bahrenfeld ist erstmals ein betreutes
Wohnprojekt speziell für psychisch
erkrankte Frauen eröffnet worden –
die Unterkunft bietet Platz für bis zu 41 Bewohnerinnen und
verbindet Wohnen, sozialpädagogische Betreuung und ärztliche
Versorgung unter einem Dach, teilte die Sozialbehörde mit
AUS DER HAMBURG-AUSGABE
© (Ausschnitt): Mario Chavarria
Da brauchen Sie nicht mal Sojasoße
Unser
Gastrokritiker Michael Allmaier empfiehlt fünf neue, mutige
Restaurants. Lesen Sie hier einen Tipp für sizilianische Küche.
Mit
sizilianischer Strenge
Das
Erste, was im Kasa auffällt, ist die reduzierte, formstrenge
Einrichtung. Vielleicht weil man Klischees im Kopf hat von der
sizilianischen Gastronomie: sehr südlich, sonnig, intensiv und
entsprechend sehr anders als Hamburg. Claudio Sambito stammt aus
Palermo. Er war Architekt, Privatkoch und Wasserballer, ehe er sich
mit seinem Lokal in Eimsbüttel selbstständig machte. Ein leiser
Gastgeber, der sich gern mal versichert, ob er auch wirklich nicht
stört. Und, wie sich bald zeigt, auch ein leiser Koch.
Die
überschaubare, regelmäßig wechselnde Karte hält eine Balance von
sizilianischen Klassikern und weniger bekannten Gerichten. Dass hier
gut eingekauft wird, merkt man beim Lammkarree mit gebratenen kleinen
Artischocken (und etwas trivialen Rosmarin-Kartoffeln als
Sattmacher). Man versteht auch schnell, dass es hier um Finesse geht.
Beim Arancino, einem mit Fleisch gefüllten Reisbällchen, kommt sie
von der Süße der Erbsen; beim Pulpo-Kartoffel-Ragout von glatter
Petersilie und einem Hauch Fenchel. Die volle Dosis Süden gibt es
zum Dessert, beim dekonstruierten Cannolo mit reichlich Pistazien,
kandierten Orangen, Kakao und Marsala.
Es
ist noch zu früh, Claudio Sambito mit der leider nicht mehr aktiven
Anna Sgroi zu vergleichen, die den Maßstab für sizilianische Küche
in Hamburg gesetzt hat. Aber seine Kasa ist schon jetzt sehr anders
als die üblichen „Italiener“.
Kasa,
Bellealliancestr. 32, Eimsbüttel. Hauptgericht ab 24 Euro
Wo
Sie Bibimbap in einer Weinbar oder Tacos mit Party finden, lesen
Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf zeit.de
DER SATZ
© Meike Schrömbgens/BILD
„Siebzig
Jahre nach dem Beginn seiner Karriere macht Freddy Quinn klar Schiff.
Wobei man sich keineswegs sicher sein kann, was von dem, was er uns
hier erzählt, wirklich stimmt, und was wieder nur neues Seemannsgarn
ist.“
Manfred
Nidl, 94, trat unter dem Künstlernamen Freddy Quinn auf und wurde
der erste Superstar der deutschen Popmusikgeschichte. Nun erscheint
seine Autobiografie „Wie es wirklich war“, die er mit dem
Journalisten Daniel Böcking verfertigt hat; sie
verspricht Aufklärung über sein Leben.
DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN
Das
Museum am Rothenbaum lädt am kommenden Donnerstag zu: „Süße
Traditionen. Eine Führung mit süßem Ausklang“. Der Blick richtet sich auf die Pausenrituale weltweit und wie sie
Momente des Innehaltens schaffen. Zum Abschluss gibt es Kaffee und
Kuchen und damit auch die Möglichkeit zum Austausch. Oder nur zum
Genuss.
„Süße
Traditionen. Führung mit süßem Ausklang“, 18.12., 16 Uhr, MARKK,
Rothenbaumchaussee 64, Anmeldung
hier
MEINE STADT
Brahms-Kontor © Veronica Rüter
HAMBURGER SCHNACK
In
einem Café in Blankenese. Eine Dame trifft zufällig einen älteren
Herren. Sie geht zu seinem Tisch und fragt: „Wie geht es dir?“ Er:
„Ach ja, oben klar und unten dicht. Mehr erwarte ich nicht mehr.“
Gehört
von Franziska Schubert
Das war
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