
AUDIO: Neue Staffel Kunstverbrechen: „Giacometti und die Fälscher-Bande“ (4 Min)
Stand: 16.12.2025 06:00 Uhr
Die Skulpturen von Alberto Giacometti erzielen Rekordpreise. Wie ein Verbrecher-Trio erfolgreich gefälschte Skulpturen auf den Markt bringt und schließlich ins Visier der Ermittler gerät, erzählt die neue Staffel des True Crime-Doku-Podcasts Kunstverbrechen.
Über Jahre fälscht ein Verbrecher-Trio Skulpturen von Alberto Giacometti – und verdient damit ein Vermögen. Die Vorgehensweise der Kriminellen ist filmreif, ziemlich frech und erstaunlich erfolgreich. Die Kunstverbrechen-Hosts Lenore Lötsch und Torben Steenbuck beleuchten, wie das gelang und wie schließlich einer der größten Kunstfälscherskandale Europas aufgedeckt wurde.
Die Treffen der Fälscher mit potenziellen Käufern wirken im Nachhinein erstaunlich unseriös. Sie finden oft auf einem Parkplatz statt. Ein Mann, der sich Reichsgraf von Waldstein nennt, holt ein in Tuch geschlagenes Bündel aus dem Kofferraum seines Sportwagens und präsentiert den Interessenten eine angeblich von Giacometti gefertigte Bronzestatue.
„Es war teilweise so, wenn ich aus Prag, aus der Tschechei oder von Paris oder sonst wo zurückkam, dass sie schon regelmäßig vor meinem Kofferraum standen, mit grabbelnden Händen, damit ich die Kofferraumklappe endlich aufmache, damit sie kaufen konnten … haben, haben, haben!“ So beschreibt der vermeintliche Reichsgraf von Waldstein das Aufeinandertreffen mit den Menschen, die ihm die gefälschten Skulpturen abkaufen.
126 Millionen Dollar für Giacomettis „Pointing Man“
Die Skulpturen sollen vom Schweizer Alberto Giacometti stammen, einem der teuersten Künstler der Welt. Sein „Pointing Man“ wird 2015 bei Christies für 126 Millionen Dollar versteigert. Aus dem Kofferraum des ominösen Grafen gibt es die vermeintlichen Raritäten zu einem Schnäppchenpreis. Viele wollen sich das nicht entgehen lassen – und ignorieren die dubiose Verkaufssituation.
Die drei Haupttäter finden zufällig zueinander. Da ist zum einen der Graf – der Verkäufer: Adelig ist der Graf nicht. Der Schwindler heißt eigentlich Lothar Senke und stammt aus der DDR. Die Kunstwerke, die er verkauft, sind nicht von Alberto Giacometti, sondern von dem Niederländer Robert Driessen.
NIederländer Driessen hat Erfahrung mit Fälschungen
„Ich bin Fälscher, bestimmt kein Künstler, aber ich mache Kunst“, sagt Driessen von sich. Der 66-Jährige stammt aus einer Kunsthändler-Familie und lernt früh, dass in der Kunstszene viel Geld zu holen ist. Schon in seinen 20er Jahren fälscht er nach eigener Aussage recht lukrativ zunächst Gemälde, dann Skulpturen. Er arbeitet zusammen mit kleinen, diskreten Gießereien, die aus seinen Wachsfiguren Bronzen machen.
Eines Tages in den 1990er Jahren habe er eine Anfrage von Herbert Schulte, einem Kunsthändler aus Mainz, bekommen. Ob Driessen jemanden kenne, der gefälschte Giacometti-Skulpturen habe, wollte Schulte von ihm wissen. Driessen verspricht dem Kunsthändler, sich umzuhören. „Und dann habe ich gesagt: ‚Okay, ich versuche das mal‘, und habe zwei, drei Wachsfiguren gemacht, so 30, 40 Zentimeter. Das sah eigentlich gut aus“, schildert Driessen den Beginn seiner Giacometti-Fälschungen.

Gestohlene van Goghs oder dubiose Kunstsammler: Lenore Lötsch und Torben Steenbuck bringen ihren True-Crime-Podcast live auf die Bühne.
Angebliches Echtheitszertifikat in Buchform überzeugt Käufer
Der Antiquitätenhändler Schulte ist der Drahtzieher, er fädelt die Geschäfte ein. Robert Driessen fälscht die Kunst. Der Graf verkauft sie. Jeder von ihnen hält sich für unschuldig. Die fabulierte Geschichte von der Herkunft der Werke geben sie jedem Kunden als Echtheitszertifikat in Buchform mit. Das Trio macht ein Vermögen mit diesem Geschäftsmodell. Denn der 1966 verstorbene Giacometti wird seit den 1990er Jahren immer beliebter.

Er ist einer der größten Fälscher der Neuzeit: Robert Driessen. Das Kunstverbrechen-Team trifft ihn zum Interview.
Großes Giacometti-Angebot bringt Ermittler auf die Spur

Die ARD Doku „Millionen Fake – Jagd auf die Kunstfälscher“ gibt einen tiefen Einblick in die Welt der Kunstfälscher.
Doch gerade die Seltenheit der Originale – es gibt nur schätzungsweise 500 – wird der Bande zum Verhängnis. Als Anfang der 2.000er Jahre plötzlich mehrere Giacometti-Figuren gleichzeitig auf dem Markt angeboten werden, schaltet sich Ernst Schöller ein, jahrzehntelanger Kunstermittler beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg.
„Wenn man sich mal ein Jahr lang fast täglich mit Giacometti beschäftigt und die (Skupturen, Anm. d. Red.) in der Hand hat, ist das fast so, dass – wenn man eine Figur in die Hand nimmt – das Bauchgefühl sich meldet und sagt: ‚Brauchst du eigentlich gar nicht weiter anzuschauen, das Ding ist grottenfalsch.'“, berichtet der ehemalige Ermittler Ernst Schöller, der inzwischen im Ruhestand ist und Podcast-Host Lenore Lötsch bei sich zuhause von seinen Ermittlungen in diesem unglaublichen Fall erzählt hat.

Drei Männer machen ein Vermögen mit gefälschten Skulpturen von Alberto Giacometti. Die ARD Doku rekonstruiert die Methoden der Verbrecher und die Jagd auf sie.
Verfahren wird erst nach Jahren eröffnet
Die Eröffnung des Verfahrens zieht sich über viele Jahre, bis 2008 die Staatsanwältin Mirja Feldmann den Fall übernimmt und spürt, welche Dimension die Geschichte hat. Sie zieht ein großes Ermittlungsverfahren auf – und wird selbst zu einer Person, an der sich die Beteiligten reiben. Es wird einer der größten Kunstfälscher-Skandale: 2009 gehen dem LKA Stuttgart mehr als 1.000 Giacometti-Fälschungen ins Netz.
Wie konnte der Betrug gelingen? Und was brachte das Ermittlungsverfahren ans Licht?
Die neue Staffel „Kunstverbrechen – Giacometti und die Fälscher-Bande“ von Lenore Lötsch und Torben Steenbuck – ein True Crime-Doku-Podcast von NDR Kultur und WDR – beleuchtet diesen spektakulären Fall ausführlich. Die ersten drei Folgen stehen bereits jetzt in der ARD Audiothek, am 23. Dezember folgen die Teile vier und fünf. Die dazugehörige Doku-Film-Reihe „Millionen Fake“ sehen Sie in der ARD Mediathek.

Er ist einer der größten Fälscher der Neuzeit: Robert Driessen. Das Kunstverbrechen-Team trifft ihn zum Interview.

Das System der Giacometti-Fälschungen nimmt Fahrt auf. Aber der Fälscher Robert Driessen steht immer mehr unter Druck.

Mit einer düsteren Serie über einen Hater im Netz, einer Doku mit neuem Material zu Riefenstahl und einer zu einem Kunstfälscher.

Die Schau „Das Maß der Welt“ präsentiert rund 100 Zeichnungen, Malereien und Skulpturen des Schweizer Künstlers.

Gestohlene van Goghs oder dubiose Kunstsammler: Lenore Lötsch und Torben Steenbuck bringen ihren True-Crime-Podcast live auf die Bühne.