Wie es ein Betrüger geschafft hat, noble Zweiräder an sich zu bringen und die Maschinen im Balkan verschwinden zu lassen, und welchen Beitrag ein 28-Jähriger geleistet hat.
Motorräder, unter anderem der US-Marke Harley-Davidson, wurden nach angeblichen Probefahrten bei Zweiradhändlern nicht mehr zurückgebracht. Einen der Betrüger hat das Amtsgericht Karlsruhe jetzt verurteilt.
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Unter Motorradfahrern stehen große Reisemaschinen wie die BMW R 1250 GS „Adventure“ oder auch die Ducati „Multistrada“ V4 hoch im Kurs. Das Gleiche gilt für die Street Glide von Harley Davidson. Preislich rangieren solche Zweiräder weit jenseits der Schallmauer von 20.000 Euro.
Das macht sie nicht nur für zahlungskräftige Enthusiasten begehrenswert, sondern auch für lichtscheue Gestalten. Diese Erfahrung haben in der vergangenen Zweiradsaison mehrere Motorradhändler in der Region Karlsruhe gemacht.
Dort, bei Händlern in Grötzingen, in Ettlingen, im pfälzischen Silz, aber auch in Karlsdorf-Neuthard und anderswo, wurde zwischen März und Juni 2024 jeweils nach telefonischer Terminvereinbarung ein Interessent vorstellig und bekundete Kaufinteresse.
Gefälschte kroatische Papiere ebneten den Weg
Der Mann legte einen gefälschten kroatischen Führerschein und entsprechende Ausweispapiere vor, außerdem eine selbst gebastelte Meldebescheinigung aus Rheinstetten. Dann schwang sich der englischsprachige Interessent im Biker-Outfit jeweils aufs testweise überlassene Motorrad und rauschte vom Hof. Ihre Zweiräder sahen die Händler nicht mehr wieder.
Mit einer Ausnahme: Eine in Ettlingen an den Mann ausgegebene Ducati im Wert von 27.000 Euro fand sich später unbeschädigt in Daxlanden. Gleichwohl war der Wert der weggekommenen Motorräder mit annähernd 100.000 Euro beträchtlich. Den Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft zufolge sind die noblen Zweiräder wohl an unbekannte Abnehmer auf dem Balkan gegangen.
Mutmaßlicher Haupttäter ist noch auf freiem Fuß
Die Ermittlungen haben bislang allerdings einen Schönheitsfehler: Das mutmaßliche Mastermind der betrügerischen Motorradmasche ist bis heute auf freiem Fuß. Der Mann, dem das Schöffengericht jetzt den Prozess gemacht hat, war zwar in zwei Fällen Mittäter. Als Interessent bei den Motorradhändlern aufgetreten ist er zumindest in den angeklagten Fällen aber nicht.
Stattdessen chauffierte er den mutmaßlichen Kopf der Betrüger in zwei der Fälle zu den Zweiradhäusern. Das räumte der 28 Jahre alte Serbe vor Gericht ein. Bei diesen Gelegenheiten verschwanden in Ettlingen die später wieder aufgetauchte Ducati sowie im pfälzischen Silz eine Harley-Davidson. Letztere auf Nimmerwiedersehen.
Als der 28-Jährige bei einem großen Motorradhändler im württembergischen Filderstadt möglicherweise erstmals selbst als angeblicher Probefahrer auftreten wollte, hatte sich die Betrugsserie in der Branche herumgesprochen. Der dortige Verkäufer schöpfte Verdacht und holte die Polizei. Das Amtsgericht in Nürtingen verurteilte den Mann wegen dieses Betrugsversuchs zu einer Bewährungsstrafe.
Der Chauffeur muss ins Gefängnis
Jetzt hat das Karlsruher Schöffengericht den Mann unter Einbeziehung der damaligen Strafe zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Maßgeblich waren die beiden Fälle aus Ettlingen und Silz.
Der 28-Jährige hatte seinen Komplizen dabei jeweils zu den Händlern gefahren. Wie die Ermittlungen ergaben, war das von ihm genutzte Smartphone nahe Silz eingewählt, außerdem fanden sich darauf Videoaufnahmen, die den Komplizen beim Wegfahren auf der Ducati zeigen.
Eine Serie von Betrügereien zum Nachteil von Motorradhändlern in der Region hat das Amtsgericht Karlsruhe zumindest teilweise aufgearbeitet.
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In weiteren angeklagten Fällen sei eine Straftat nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Gewissheit nachweisbar, sagte der Vorsitzende des Schöffengerichts, Constantin Hofmann, bei der Begründung des Urteils.
Dabei hatte der Komplize des nun Verurteilten in Grötzingen eine BMW R 1250 GS „Adventure“ an sich gebracht, im nordbadischen Leimen fiel ihm ein gut 14.000 Euro teurer Roller vom Typ Yamaha XMax in die Hände, in Karlsdorf-Neuthard war es eine Piaggio MP3 Exclusive 530 für 8.000 Euro.
Gericht sieht Mittäterschaft und nicht nur Beihilfe
An einem Beutezug in Villingen-Schwenningen will der 28-Jährige nicht beteiligt gewesen sein. Unter einem Vorwand habe er dem Komplizen die Mitwirkung verweigert. Die Freundin des Mannes bestätigte, dass er zum fraglichen Zeitpunkt bei einer Geburtstagsfeier gewesen sei.
Die Tour, für die dann offenbar ein anderer Chauffeur einsprang, brachte den mutmaßlichen Haupttäter in den Besitz eines fast 25.000 Euro teuren Sportmotorrads vom Typ BMW S1000 RR.
Während Erster Staatsanwalt Manuel Graulich drei Taten für erwiesen erachtete und unter Berücksichtigung der Bewährungsstrafe aus Nürtingen drei Jahre Gefängnis beantragte, hielt Rechtsanwalt Giuseppe Olivo zwei Jahre Haft zur Bewährung für angemessen. Sein Mandant habe lediglich Beihilfe geleistet. In seinem Urteil stellte Richter Hofmann hingegen klar: Der 28-Jährige war Mittäter, nicht nur Gehilfe.