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Der Drogerieriese dm startet seine eigene Versandapotheke – und stellt das Apothekensystem in Deutschland offen infrage. Im exklusiven BILD-Interview sagt dm-Geschäftsführer Sebastian Bayer: „Das heutige System stößt an seine Grenzen.“
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Der Zeitpunkt ist brisant. Während dm loslegt, schalten tausende Apotheken am Mittwoch bundesweit symbolisch das Licht aus. Der Protest trägt den Namen „Versorgungsblackout“ und richtet sich gegen den seit Jahren geltenden Honorarstopp.
dm-Geschäftsführer Sebastian Bayer weist einen Zusammenhang zurück. „Das zu verbinden, wäre mir zu platt“, sagt er. „Wir starten ausschließlich deshalb, weil wir die Vorbereitungen abgeschlossen und die Lizenzen erhalten haben.“ Zugleich zählt er die Schwächen des Systems auf: sinkende Apothekenzahlen, fehlender Nachwuchs, viele Inhaber kurz vor der Rente. Präsenzapotheken werde es weiter brauchen – aber nicht in der heutigen Struktur.
Hier lesen Sie das exklusive Interview im Wortlaut.
Für die Apotheker ist die Lage existenziell. Seit 13 Jahren ist ihr Honorar eingefroren, die Kosten sind um 65 Prozent gestiegen. Fast jede fünfte Apotheke hat seit 2013 geschlossen.
„Für die Apotheken sieht es gerade finster aus“, sagt ABDA-Präsident Thomas Preis. „Die Bundesregierung lässt uns im Stich. Ohne schnelle Honorarerhöhung droht eine Unterversorgung – auch in den Städten.“
Politisch herrscht Stillstand. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD war eine Erhöhung des Apothekenhonorars auf 9,50 Euro versprochen. Im aktuellen Gesetzentwurf fehlt sie. Für die Apotheker ist das ein klarer Wortbruch.
Darum verschickt dm die Medikamente aus Tschechien
Besonders brisant: dm verschickt Medikamente aus Tschechien – nicht aus Deutschland. Der Grund seien deutsche Gesetze. Fremd- und Mehrbesitzverbot verhinderten effiziente Strukturen, trieben die Kosten nach oben.
„Am Ende zahlen die Menschen dafür“, sagt Bayer zu BILD. Billiger seien die Medikamente dadurch aber nicht, betont er. Verkauft würden nur für Deutschland zugelassene Arzneien.
Bei den Preisen will dm auf den bekannten Dauerpreis setzen: keine Lockangebote, keine Rabatt-Schlachten. Rezeptpflichtige Medikamente bleiben vorerst außen vor. dm sehe sich als Drogeriemarkt mit Fokus auf Gesunderhaltung, nicht auf Akutversorgung.
Ausschließen will er den Verkauf von Medikamenten wie Schmerzmitteln aber nicht. „Das ist die Frage der Regulatorik. In vielen Ländern sind solche Produkte frei im Handel erhältlich. Ob sich das in Deutschland ändern wird, hängt von politischen Entscheidungen ab. Wenn sich die Regeln ändern, ändern sich auch die Spielregeln für alle Marktteilnehmer.“
Doppelt so teuer: Warum sind Pillen online billiger, Herr Apotheken-Chef?
Quelle: BILD 15.09.2025