Berlin – Das Flugzeug ist und bleibt das wichtigste Fernverkehrsmittel. Berlin ist abgehängt. Die Welt zieht müde lächelnd vorbei an unserem Provinzflughafen. Das muss sich ändern.
Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) hat vorgeschlagen, den Berliner Flughafen künftig mit einer dritten Start- und Landebahn auszustatten. Dafür erntete sie einen Sturm der Empörung, sie wurde regelrecht für verrückt erklärt. Dabei ist ihr Vorschlag vernünftig und keinesfalls abwegig.
Am Montag sagte Bonde in einem Gespräch bei der Industrie- und Handelskammer (IHK): „Wir müssen gucken, dass wir eine neue Landebahn bekommen. Wenn wir mehr Slots zum Starten und Landen haben, werden wir auch attraktiver.“ Damit spielte sie auf das ungelöste Problem an, dass es nur wenige außereuropäische Flugverbindungen von und nach Berlin gibt.
Eine dritte Startbahn sei „unnötig, unrealistisch und nicht finanzierbar“, behauptete daraufhin Brandenburgs Infrastrukturminister Detlef Tabbert (BSW). „Jetzt schnappt die Berliner Verkehrssenatorin völlig über“, sagte der Brandenburger Bundestagsabgeordnete Christian Görke (Linke). und der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Ludwig Scheetz, warf Bonde „eine Berliner Arroganz“ vor, die ihm „auf die Nerven“ gehe.
Der RBB hieb in die selbe Kerbe. Antenne Brandenburg erteilte ausschließlich Anwohnern das Wort, die die dritte Startbahn heftig ablehnen. Und die Abendschau behauptete, „überall auf der Welt“ kämen „bedeutende Flughäfen mit zwei Start- und Landebahnen aus.“
Das stimmt nicht. Frankfurt am Main betreibt vier Bahnen, Rom-Fiumicino auch. Warschau baut einen neuen Flughafen (Centralny Port Komunikacyjny), ebenfalls mit vier Bahnen.
Dort, wo Flughäfen bisher nur zwei Bahnen haben, werden weitere für notwendig erachtet und angestrebt, so in London-Heathrow, wo die dritte Bahn in Planung ist. In München liegen die Pläne für die dritte Bahn nach Protesten von Umweltverbänden auf Eis, werden aber nicht aufgegeben.
In Berlin ist neben der Südbahn Platz gelassen für die dritte Bahn. Sie läge weiter außerhalb der Siedlungsgebiete, sodass das Nachtflugverbot auf dieser Bahn gelockert werden könnte.
Auch darauf kam Senatorin Bonde am Montag zu sprechen. Das strenge Nachtflugverbot (22 bis 6 Uhr, für lärmarme Maschinen von 24 bis 5.30 Uhr) führt zu absurden und teuren Szenen: Maschinen, die sich um wenige Minuten verspäten, werden gnadenlos nach Hannover, Leipzig oder sonstwohin geschickt, die Passagiere stranden nachts in der Pampa.
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Frau Bonde spricht von der Zukunft, in der das Flugzeug das wichtigste Fernverkehrsmittel sein und bleiben wird. Berlin ist abgehängt. Die Welt zieht müde lächelnd vorbei an unserem Provinzflughafen. Immer weniger Touristen von außerhalb Europas kommen in die Stadt und immer weniger Investoren, weil sie umsteigen müssen, um Berlin zu erreichen.
Allen, die Frau Bonde jetzt für verrückt erklären, sei gesagt, dass sie es wahrscheinlich selbst sind, wenn sie immer nur Nein sagen und in Kauf nehmen, dass unsere Region Geld und Arbeitsplätze verliert.
Wir befinden uns in einer schweren Wirtschaftskrise und sehen kein Licht am Ende des Tunnels. Da ist der Fluglärm das geringste Problem.
Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de