Die französische Hauptstadt Paris hat eine urbane Seilbahn eröffnet: leise, emissionsfrei und fest im Nahverkehr verankert. Könnte dieses Modell auch für Berlin funktionieren und neue Wege über Straßen, Schienen und Wasser eröffnen? Immerhin ist in Marzahn bereits seit 2017 eine Seilbahn erfolgreich im Einsatz.

Realistische Vision oder übertriebene Utopie? So wie auf diesem Bild könnte in der Berliner Innenstadt eine Seilbahn verschiedene Hot Spots miteinander verbinden und neue Verkehrswege ermöglichen. / © Foto: Wikimedia Commons / JoachimKohlerBremen (CC0 4.0), mit KI bearbeitet

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Was lange nach alpinem Tourismus oder exotischer Sonderlösung klang, ist in Paris nun Teil des urbanen Alltags: Mit der „Cable C1“ hat die französische Hauptstadt im Dezember 2025 ihre erste urbane Seilbahn eröffnet.

Die Anlage verbindet mehrere Stadtteile im Südosten der Metropolregion und überwindet dabei Straßen, Bahntrassen und topografische Barrieren; leise, emissionsfrei und unabhängig vom übrigen Verkehr. Die Kabinen schweben in dichter Taktung über den Stadtraum, integriert in den öffentlichen Nahverkehr, tariflich eingebunden und betrieblich erprobt.

Zusätzliches Verkehrsmittel: Neue Seilbahn für den Pariser Metropolraum eröffnet

Paris versteht die Seilbahn nicht als touristisches Gimmick, sondern als funktionales Verkehrsmittel für den Alltag. Gerade in dicht bebauten Stadtgebieten, in denen klassische Infrastrukturprojekte teuer, langwierig oder politisch umstritten sind, gilt die Seilbahn als pragmatische Ergänzung.

Der Betrieb erfolgt in der französischen Hauptstadt weitgehend automatisiert, die Eingriffe in den Stadtraum bleiben vergleichsweise gering, die Bauzeit war überschaubar. Vor allem aber: Die Anlage läuft, und widerlegt damit den häufig vorschnell geäußerten Vorwurf der Utopie, wenn es um zusätzlich, eher ungewöhnliche Verkehrsmittel in urbanen Räumen geht.

Auch Berlin kennt die Seilbahn, bislang allerdings als Sonderfall

Ganz neu wäre das Prinzip für Berlin nicht. Seit der Internationalen Gartenausstellung 2017 verbindet eine Seilbahn die Gärten der Welt in Marzahn-Hellersdorf mit dem Kienberg.

Was zunächst als temporäre Attraktion geplant war, wurde aufgrund hoher Akzeptanz und stabiler Nachfrage in den Dauerbetrieb überführt. Heute nutzen sowohl Ausflügler als auch Anwohnende die Anlage, sie ist barrierefrei, leise und weitgehend konfliktfrei in den Stadtraum eingebettet.

Allerdings bleibt die Berliner Seilbahn bislang ein Sonderfall, da sie räumlich begrenzt ist und außerhalb der Innenstadt sowie ohne direkte Funktion im Alltagsverkehr funktioniert. Genau hier setzt aber die aktuelle Debatte an: Könnte das Modell, das in Paris nun innerstädtisch funktioniert, auch für Berlin eine Rolle spielen?

Die Idee einer weiteren Seilbahn für Berlin ist nicht neu

Vorschläge für urbane Seilbahnen in Berlin kursieren seit Jahren. Bereits vor über einem Jahrzehnt wurde etwa eine Verbindung über den Wannsee ins Spiel gebracht, um bestehende Verkehrsachsen zu entlasten.

Immer wieder tauchte die Seilbahn auch in verkehrspolitischen Debatten auf; meist schnell verworfen, oft mit dem Hinweis auf rechtliche Hürden, Akzeptanzprobleme oder mangelnde Wirtschaftlichkeit.

Internationale Beispiele zeigen: Seilbahnen können sich im urbanen Raum als Verkehrsmittel etablieren

Doch die Rahmenbedingungen haben sich verändert. Anbieter verfügen heute über standardisierte, stadtverträgliche Systeme. Genehmigungsverfahren sind europaweit erprobt, Sicherheitsstandards etabliert, auch im deutschen Raum, auch in Berlin.

Und nicht zuletzt zeigen internationale Beispiele, dass sich urbane Seilbahnen im Betrieb selbst tragen können, durch Fahrgeldeinnahmen, integrierte Tarifsysteme und vergleichsweise geringe Wartungskosten.

Eine Seilbahn für die Hauptstadt? Denkbare Trassen im Berliner Stadtraum

Gerade Berlin bietet mit seiner weitläufigen Struktur und zahlreichen Barrieren – Bahntrassen, Wasserläufe, große Verkehrsknoten – potenzielle Einsatzorte. Diskutiert werden könnten etwa direkte Verbindungen zwischen Potsdamer Platz und Hauptbahnhof, vom Alexanderplatz zur Friedrichstraße oder weiter bis zum Potsdamer Platz. Auch kulturgeprägte Achsen wie Kulturforum und Museumsinsel ließen sich theoretisch mit einer Seilbahn verknüpfen.

Im südlichen Innenstadtbereich bieten sich Strecken zwischen dem Tempelhofer Feld und dem Park am Gleisdreieck an – eine Verbindung zweier großer Freiräume, die bislang nur umwegig erschlossen sind. Im Osten wiederum könnte eine Seilbahn zwischen dem Spreepark im Plänterwald und der East Side Gallery neue Wege über die Spree eröffnen.

Berliner Seilbahn: Verkehrsmittel, Infrastruktur und Imagegewinn?

Die Vorteile liegen, zumindest theoretisch, auf der Hand: Seilbahnen sind lokal emissionsfrei, flächensparend und agieren unabhängig vom Staugeschehen. Sie können dort verkehren, wo U-Bahnen zu teuer und Straßenbahnen politisch schwer durchsetzbar sind, ganz zu schweigen von einer Magnetbahn, die allein durch ihre bloße Erwähnung bei vielen Menschen auf große Ablehnung stößt.

Gleichzeitig hätten innerstädtische Seilbahnen für Berlin einen nicht zu unterschätzenden Nebeneffekt: Als sichtbares, modernes Verkehrsmittel könnten sie das Image einer innovationsbereiten Stadt stärken – nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zum bestehenden System.

Was kann ein Seilbahnprojekt für die Außenwahrnehmung Berlins bewirken?

Vor dem Hintergrund ambitionierter Vorhaben wie EXPO 2035 und Olympia ein durchaus relevanter Punkt für die Außendarstellung der Stadt. Entscheidend wäre letztlich eine nüchterne Prüfung. Eine urbane Seilbahn löst nicht die Verkehrsprobleme Berlins.

Sie kann aber Teil eines differenzierten, multimodalen Systems sein. Paris zeigt: Was fährt, ist keine Vision mehr. Für Berlin stellt sich daher weniger die Frage nach dem „Ob“, sondern nach dem „Wo“ und „Wie“. Wenn sich der Berliner Senat diese Frage überhaupt stellen möchte.

Eine Seilbahn vom Potsdamer Platz bis zum Berliner Hauptbahnhof? Eine Visualisierung zeigt, wie dies aussehen könnte. / © Foto: Wikimedia Commons / Norbert Nagel (CC-BY-SA 3.0), mit KI bearbeitet

Quellen: Der Spiegel, Neues Deutschland, GOLEM, Wikipedia, Der Tagesspiegel, Architektur Urbanistik Berlin