Die neuen Patrons an der Hohenheimer Straße: Miodrag Starcevic (links) und Giulio De Vita haben das lange leer stehende Restaurant wieder herausgeputzt. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko
Aus Begeisterung haben Miodrag Starcevic und Giulio de Vita „ein schweres Erbe“ übernommen – und es elegant herausgeputzt. Im früheren Kern’s Pastetchen wird jetzt italienisch gekocht.
Das beste Wiener Schnitzel, der beste Tafelspitz mit Kren, der beste Topfenpalatschinken: Alle Stuttgarter, die K&K-Küche liebten, pilgerten an die Hohenheimer Straße 64. „Es ist ein schweres Erbe“, sagt Miodrag Starcevic, „alle kennen Kern’s Pastetchen.“ Dabei hat das Restaurant seit zehn Jahren geschlossen und stand die meiste Zeit leer. Erst durch einen Verkauf des Gebäudes kam wieder Betrieb in die Räume. Giulio De Vita will nun wieder eine Adresse für Genießer daraus machen – allerdings mit italienischen statt österreichischen Gerichten. Nach ihm ist das Lokal benannt. Das Zeug zum Lieblingsitaliener hat er als früherer Koch im Capriccio. „Er zaubert sensationelle Pasta“, schwärmt Miodrag Starcevic über die Kochkünste seines Kompagnons.
Im Giulio läuft Jazzmusik
Als Immobilienmakler und Sanierungsmanager war der 46-Jährige ursprünglich in die Hohenheimer Straße 64 gekommen. Nun ist er auch zum Gastgeber geworden. „Wir müssen etwas daraus machen, es wieder beleben“, dachte er sich, als er im früheren Kern’s Pastetchen stand. Traurig habe es ausgesehen, ergänzt Giulio De Vita, „es war gefühlt eine Ruine“. Mit der Unterstützung des neuen Eigentümers wurde saniert, renoviert und investiert.
Viel Zeit und Nerven habe es gekostet, erzählt der 58-Jährige. Ein elegantes Restaurant ist das Ergebnis, Dunkelgrün, Hellgrau, viel Holz, Designstühle mit filigranem Korbgeflecht und Schwarz-Weiß-Fotografien sollen ein Ambiente wie im Mailand der 1950er Jahre schaffen. Im Sommer wollen sie mit ihrer Klimaanlage punkten und möglicherweise einem kleinen Außenbereich in der Schickstraße, wenn das Amt zustimmt. Ein Gewölbekeller mit Lederbänken und „Wohlfühlatmosphäre“ gehört außerdem dazu. „Schöne Jazzmusik“ lässt Miodrag Starcevic dazu laufen.
Eine bekannte Adresse: in der Hohenheimer Straße 64 befand sich Kern’s Pastetchen. Foto: Lichtgut / Kovalenko
Im Capriccio lernten sich der Koch und der Immobilienfachmann kennen. „Wir haben Ideen, wir haben Energie, das passt“, befanden sie. Ihr neues Geschäft führen sie gemeinsam, sie würden sich hervorragend ergänzen. Giulio De Vita war 2021 wegen der Eröffnung des Lokals aus Italien nach Deutschland gekommen, weil der Vater des jungen Wirts Flavio Meli ein Bekannter von ihm ist. Seit 40 Jahren ist er in der Gastronomie tätig, ihn reizte die Selbstständigkeit, bei Miodrag Starcevic war es die Location. „Es ist ein Schmuckstück“, sagt er, „das war der Antrieb.“ Am 1. November legten sie mit Giulio „heimlich, still und leise“ los, um das Restaurant ruhig und langsam aufzubauen. Die Speisekarte wechselt wöchentlich. Aktuell tischt Giulio De Vita Oktopussalat (16,50 Euro), Spaghetti aus dem Parmesanlaib (18,50 Euro) oder Paccheri mit neapolitanischem Rinderragout (19, 50 Euro) auf. Fisch ist eine weitere Spezialität von ihm: Dorade mit Gambas und Kirschtomaten (29,50 Euro) bietet er gerade an. Drei Pizzen hat er immer im Programm, eine ist mit Vitello tonnato (20,50 Euro) belegt.
Miodrag Starcevic plant Weinproben im Gewölbekeller, Jazz-Abende und hofft auf „gute Gespräche“. Italienische Klassiker wie Amarone oder Barolo und Namen wie Tignanello sowie französische Tropfen kann er unter anderem ausschenken. Auch wenn es so klingt und das an der Wand hängende, eingerahmte Trikot von Antonio Rüdiger darauf hindeutet: Ein Edel-Italiener solle Giulio nicht werden, betont der Koch. „Zu Gast bei Freunden“ lautet das Motto der beiden, das auch gut zu ihrem legendären Gastgeber und Vorgänger Josef Kern passt, der im Herbst 2019 verstorben ist.