Am Donnerstagmorgen hat erstmals ein ICE-Sprinter den Stuttgarter Hauptbahnhof in Richtung Berlin verlassen. Die neue Verbindung verspricht deutlich kürzere Fahrzeiten in die Bundeshauptstadt. Die erreichen Fahrgäste aus Stuttgart via Frankfurt bisher in gut fünf Stunden und 40 Minuten. Der Sprinter fährt hingegen über Nürnberg und soll von Neckar bis Spree gerade einmal vier Stunden und 45 Minuten benötigen.
Allerdings konnte dieses Versprechen bei der Premierenfahrt nicht in vollem Umfang eingelöst werden. Wegen der Vielzahl an Baustellen der Bahn in der Region Stuttgart musste der Zug einen Umweg nehmen – und benötigte fahrplanmäßig etwas weniger als fünf Stunden.
Baustellen bremsen die Premiere des ICE-Sprinters
Von diesem kleinen Makel wollte sich aber das prominente Trio, das am frühen Donnerstagmorgen die Premierenfahrt in Stuttgart auf die Reise schickte, nicht die Stimmung verderben lassen. „Mit dieser Verbindung setzt die Deutsche Bahn zwischen Stuttgart und Berlin ein starkes und konkurrenzfähiges Angebot auf die Schiene“, sagte Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne).
Hermann nennt neue Verbindung „höchst überfällig“
Sein Haus habe schon bei der Eröffnung der neuen Schnellfahrstrecke durch den Thüringer Wald, die überhaupt erst die sehr kurzen Reisezeiten aus Süddeutschland nach Berlin ermöglicht, an Konzepten getüftelt, wie auch Stuttgart von der 2017 in Betrieb genommenen Neubaustrecke profitieren könne. Mit Blick auf diesen langen Zeitraum nannte Hermann die Premierenfahrt am Donnerstag „höchst überfällig“. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hatte bereits 2013 ein Konzept für eine ICE-Verbindung Stuttgart-Berlin via Nürnberg vorgelegt.
Hermann ließ die Bedenken im Rems-Murr-Kreis und in Ostwürttemberg nicht unerwähnt. Dort beobachtete man die Einrichtung der neuen Verbindung mit Argusaugen, weil die Anrainer fürchteten, dass unter ihr der eng getaktete Regionalverkehr leiden würde. Hermann räumte ein, dass man den Fahrplan habe anpassen müssen. Das wäre nicht nötig gewesen, wenn die zwischen Backnang und Schwäbisch Hall eingleisige Strecke ein weiteres Schienenpaar bekommen hätte – wie es schon seit langem im Bundesverkehrswegeplan vorgesehen ist. Aber trotz zusätzlicher Infrastrukturmilliarden fehle der Bahn das Geld für ein solches Vorhaben.
Der Landesverkehrsminister beließ es nicht bei lobenden Worten und klaren Forderungen, sondern mischte sich unter die Premierenfahrgäste. Hermann nutzte die Verbindung, um nach Berlin zu kommen, wo am Freitag die letzte Sitzung des Bundesrats in diesem Jahr stattfindet.
Bahn verweist auf Verbesserungen auch im Regionalverkehr
Anja Schöllmann, Vorstandsmitglied bei der Fernverkehrs-Tochter der DB, erklärte, die neue Verbindung setze Maßstäbe bei Schnelligkeit und Komfort für die Fahrgäste. Der Zug sei zwar nur einmal am Tag unterwegs, aber auch abseits dieses neuen Angebotes verbessere sich die Verbindung zwischen Stuttgart und Berlin, weil die Regionalzüge aus Baden-Württemberg alsbald bessere Umsteigezeiten in Nürnberg in die ICEs Richtung Bundeshauptstadt erhalten.
Stuttgarts OB Frank Nopper unterstrich, dass auch Berliner nun viel schneller nach Stuttgart kommen würde, das – Nopper erinnerte an den Spruch aus Zeiten der Fußball-WM 2006 – viel schöner sei als Berlin. Und Stuttgart werde „so Gott und die DB wollen, mit der Vollendung von Stuttgart21 einer der wichtigsten Schienenverkehrsknotenpunkte in Deutschland und Europa.“ Zudem erhalte die Landeshauptstadt „einen der weltweit attraktivsten Bahnhöfe“. Einmal in Fahrt, regte Nopper an, die neue Sprinterverbindung mit dem Namen „Schwabenpfeil“ zu versehen, weil man künftig „pfeilschnell in Berlin sei“. Der Begriff hat bei der Bahn tatsächlich Tradition, bis Anfang der 1990er Jahre gab es verschiedene Verbindungen unter diesem Namen.
Fahrgastverband fordert mehr internationale Züge
Auch der baden-württembergische Ableger des Fahrgastverbands Pro Bahn begrüßte die Einführung des neuen Angebotes. „Der ICE-Sprinter setzt Maßstäbe für die schnelle Verbindung des Südwestens mit der Bundeshauptstadt und wird insbesondere bei zeitsensiblen und ruhebedürftigen Fahrgästen Anklang finden,“ sagte Matthias Beß, stellvertretender Vorsitzender des Fahrgastverbands. Die Initiative sieht im Südwesten darüber hinaus noch Nachholbedarf bei internationalen Verbindungen. „Direktzüge nach Brüssel, Lyon und Norditalien könnten einen Beitrag leisten, Bahnreisen durch Europa deutlich schneller und komfortabler zu machen“.