Nach 15 Minuten waren 90 Exemplare verkauft; alle, die zum Verkauf gestanden hatten. Wer eins ergattern konnte, feierte: „Echt eine emotionale Sache für mich! Ich bedanke mich für diese Aktion und freue mich sehr auf dieses Artefakt!“ Wer keines erhielt, trauerte: „Mein Herz blutet.“ Nostalgie in Worten, Ausdrücke für die Bedeutung, die die Gasballons für einige Menschen in Aachen und der Umgebung hatten und haben. Der Verkauf von Fragmenten der bekannten ehemaligen Stahlkugeln hat Aufsehen erzeugt. Für die Leerausgegangenen gibt es jetzt interessante Nachrichten.

Ende September dieses Jahres begann der Netzbetreiber Regionetz damit, seine drei Gasballons zu demontieren. Diese waren in den 1960er- und 1970er-Jahren erbaut worden, je 32 Meter hoch, fassten ein Gesamtvolumen von 150.000 Normkubikmetern Erdgas und wurden 2020 stillgelegt. Wegen der Lage an der Ecke Prager Ring/Grüner Weg, vielfach von Pendlern passiert, waren sie für zig Menschen vor allem: nicht zu übersehen, ein täglicher Hingucker, ein Wahrzeichen.

Die drei Gasballons an der Ecke Grüner Weg/Prager Ring sind Geschichte. Foto: Dagmar Meyer-Roeger

So war das auch für Till Borrmann, der 27-Jährige ist in der Region aufgewachsen und absolviert seit dem vergangenen Jahr ein Multimedia-Volontariat bei der Aachener Zeitung. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber vielmehr, dass er 2020 die sogenannte Meme-Seite „acbushofmemes“ ins Leben gerufen hat. Über das entsprechende Profil auf Instagram werden seither täglich Fotos, Montagen und Videos veröffentlicht, die sich humorvoll mit dem Leben in und um Aachen auseinandersetzen. Fast 100.000 Instagram-Konten folgen der Seite, die Reichweite der Beiträge ist enorm.

Die Funken fliegen: Bald ist nichts mehr von den Gasballons übrig © Felker

Davon profitiert nun auch die Caritas Aachen, genauer: das am Café Plattform angesiedelte Projekt „Querbeet“. Dieses gibt unter anderem wohnungslosen und suchtkranken Menschen Aufgaben, die ihre Tage strukturieren und die sie mit Arbeit vertraut machen. Oder anders gesagt: Es gibt Menschen Chancen, es hilft ihnen dabei, ins Leben (zurück)zufinden. Spenden und die Unterstützung der Menschen in Aachen hielten das Projekt am Leben, sagt Mark Krznaric, der das Café Plattform leitet. Die von Borrmann angestoßene Aktion nennt er entsprechend „ganz besonders“.

Die Aktion ist tatsächlich eine Auktion. Und da kommen die Gasballons, die Fragmente, das Nostalgische wieder ins Spiel. Sie stellen schließlich das Was dar, das zu ersteigernde Gut. Am Donnerstag, 18. Dezember, um 18.30 Uhr startet die Online-Auktion, „acbushofmemes“ wird via Instagram (instagram.com/acbushofmemes) zur entsprechenden Zeit auf die entsprechende Internetadresse verweisen. Am 27. Dezember um 15 Uhr soll die Auktion enden. Die dann eingegangenen Einnahmen fließen vollständig an „Querbeet“.

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Versteigert werden drei rund fünf Kilogramm schwere Platten samt Zertifikat. Anders gesagt: drei Stahlschnitzel, die einst Teil der Gasballons waren. Auf Idee von „acbushofmemes“ hatten Auszubildende der Stawag diese – nachdem sie von Asbest befreit worden waren – aus größeren Stücken herausgeschnitten und dem Ideengeber zur Verfügung gestellt. Nicht nur die.

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Auch die erwähnten 90 für je 50 Euro samt Zertifikat verkauften Platten und fünf, die für einer Art Werksverkauf (kommender Samstag, 20. Dezember, 12 bis 15 Uhr im Frankenberger Viertel, genauer Ort folgt via Instagram) zurückgehalten worden waren, sowie fünf Exemplare, die an „acbushofmemes“-Mitarbeiter und Stawag-Auszubildende verschenkt worden sind, waren so entstanden. Diese 100 Fragmente sind wesentlich kleiner als die Auktions-Objekte. Ihr Durchmesser beträgt neun Zentimeter. Die Einnahmen aus den Verkäufen gingen und gehen nicht an „Querbeet“, das gilt nur für die Auktion. 30 der 100 kleinen Fragmente und eines der drei großen tragen aufgemalte Augen, so wie es ein Gasballon in seinem letzten Jahr getan hatte.

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Mark Krznaric freut sich auf die Spenden, die die Auktion generiert – „jeder Euro hilft“. Er freut sich aber auch über die Aufmerksamkeit für die Menschen, die an dem Projekt beteiligt sind, wie er sagt. „Es gibt nicht viele Menschen, die die Stadt so gut kennen, die so viel in der Stadt unterwegs sind.“ Das passe wunderbar zu „acbushofmemes“.

Um die aufwendige und engagierte Arbeit im Dienst schwerkranker und obdachloser Menschen fortsetzen zu können, ist das Projekt „Querbeet“ des Café Plattform der Caritas dringend auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Spenden können jederzeit an Caritas Aachen über die IBAN DE60 3905 0000 0000 0070 70 und unter dem Verwendungszweck „Querbeet“ bei der Sparkasse Aachen überwiesen werden.