Am Donnerstag ist in Stuttgart das Ende der Kohleverstromung eingeläutet worden. Denn die Ladung des letzten Kohleschiffs für die Region Stuttgart ist gelöscht worden, angekommen war das Schiff bereits am Mittwoch. Die Kohle wurde bislang dafür genutzt, bei der Müllverbrennung in Stuttgart-Münster weitere Energie zu liefern.
SWR-Reporter Christoph Ulmer hat die letzte Fahrt begleitet.
Kapitän bei der letzten Ladung wehmütig
Ein bisschen wehmütig ist Kapitän Norbert Heller. Seit mehr als 30 Jahren fährt der Binnenschiffer Kohle. Schon sein Vater war Binnenschiffer, seine Söhne fahren auch.

Kapitän Norbert Heller stammt aus einer Familie von Binnenschiffern. Jetzt ist ist er das letzte Mal mit Kohle gefahren.
Der Laderaum ist rund 70 Meter lang, die Kohlehaufen mehr als 5 Meter hoch. 1.800 Tonnen Kohle hat Heller aus Amsterdam geholt. Zuvor hat die Ladung schon eine Reise über das Meer gemacht, sie kommt aus Kolumbien. Sorgen um die Zukunft macht sich Heller nicht. Es werden andere Güter gefahren, meint er: „Schade ist es aber schon!“
Die EnBW Stuttgart stellt in Münster auf Gas um
Beim Müllheizkraftwerk im Stadtteil Münster wird der Müll der Region Stuttgart verbrannt und dazu genutzt, Wasserdampf zu erzeugen. Der Wasserdampf treibt dann Turbinen an, die Wärme und Strom erzeugen. 500 Tonnen Müll werden hier täglich verbrannt.
Allerdings, vor allem in den Wintermonaten, reicht selbst diese riesige Menge nicht, um den Fernwärme- und Strombedarf der Region zu decken. Daher muss oftmals nachgefeuert werden. Seit 1956 macht man das mit Kohle. Doch nun hat die EnBW umgestellt und große Gasturbinen installiert. Mitte der 2030er Jahre soll von Erdgas auf Wasserstoff umgestellt werden, heißt es.
Letzte Kohlelieferung als Reserve
Die Gasturbinen laufen bereits. Die letzte Kohlelieferung dient als Reserve, um gerüstet zu sein, falls in den nächsten Monaten noch Kinderkrankheiten im neuen System auftauchen und repariert werden müssen. Rund 22.000 Tonnen liegen noch da, genug für sechs bis acht Wochen. Bis Ende März müssen die verfeuert sein, dann erlischt die Genehmigung.
Gemeinsam mit den Heizkraftwerken in Stuttgart-Gaisburg und in Altbach/Deizisau (Kreis Esslingen) werden mehr als 28.000 Wohnungen, 1.400 Firmen sowie 380 öffentliche Einrichtungen in Stuttgart und der Region mit Wärme versorgt.

Ein Blick aus der Vogelperspektive: Die Ladung des letzten Kohleschiffs wird gelöscht.
Historischer Kran steht nun unter Denkmalschutz
Ausgeladen wird auch die letzte Fuhre mit einem großen Industrie-Kran. Oben eine große Holzkabine – von dort hat man einen guten Blick über den Neckar und das riesige Kohlefeld. Seit 30 Jahren ein toller Arbeitsplatz für Vorarbeiter Antonio Isaakidis: „Das ist schon traurig, die Gefühle sind schon da, dass ich nicht mehr hier hochkommen darf.“

Auch Vorarbeiter Antonio Isaakidis wird beim historischen Moment wehmütig.
Am Donnerstagabend wurde der Kran noch einmal auf seine Position gefahren, dann wird er abgestellt. Denn der Kran, mit dem jahrzehntelang Kohle aus den Schiffen geladen wurde, steht sogar unter Denkmalschutz.