Trotz der Kälte mag Ladislav Boho die Weihnachtszeit, weil die Geschäfte da etwas besser laufen als sonst. Vor den Monaten Januar und Februar hat er hingegen jetzt schon Angst, denn da ist erfahrungsgemäß noch weniger los als im restlichen Jahr.
Elf Jahre „Trott-war“-Verkauf in Marbach und Stuttgart
In Marbach kennt ihn (fast) jeder: Ladislav Boho im Jahr 2017. Foto: Werner Kuhnle F
Seit bald elf Jahren kommt Ladislav Boho nach Marbach. Dort und in Stuttgart verkauft er die Straßenzeitung „Trott-war“. Unter der Woche steht er gerade neun bis zehn Stunden am Tag im Bereich des Stuttgarter Weihnachtsmarktes. In Marbach ist er immer samstags zum Wochenmarkt.
Gegessen hat er an diesem Vormittag in Marbach noch nichts. Vielleicht holt er sich nachher eine Butterbrezel oder einer seiner Kunden bringt ihm etwas vorbei. In Stuttgart geht er ab und zu ins Caritashaus oder zur Vesperkirche. Weil er Probleme mit dem Rücken hat und das viele Stehen nicht gut tut, nimmt er jeden Tag eine Schmerztablette.
Ladislav Boho ist 39 Jahre alt, kommt aus einem Dorf im Osten der Slowakei, dort lebt er mit seiner Frau und den beiden Kindern. „Es gibt da keine Jobs, ich habe schon alles probiert“, sagt er. Früher bekam er 60 Euro Sozialhilfe, dann wurde er angezeigt, weil er sich mit Straßenkehren ein paar Euro dazuverdient hatte.
Ein Freund erzählte ihm von der Möglichkeit, in Deutschland Straßenzeitungen zu verkaufen. Beim Stuttgarter Verein Trott-war, der die Zeitungen im Südwesten der Bundesrepublik herausgibt, fand der Slowake eine Anlaufstelle. Für jeweils 1,60 Euro kauft sie Boho vom Verein und verkauft sie für 3,20 Euro weiter an seine Kunden.
Ein bisschen, sagt er, könne er hier schon mehr verdienen, als eben die 60 Euro Sozialhilfe in der Slowakei. Trotzdem wäre er gerne dort, bei seiner Familie. Seit einigen Monaten hofft er darauf, in der Fabrik, die nahe des Dorfes gebaut wird, Arbeit zu finden.
Bis dahin pendelt er weiter zwischen dem Raum Stuttgart und seiner Heimat. Meist ist er einige Wochen in Deutschland und dann wieder ein paar Tage zuhause. An Weihnachten werden es sogar zwei, drei Wochen sein, die er mit seiner Familie verbringt.
Die Fahrt im Flixbus dauert 27 Stunden und kostet ihn in der Regel 45 Euro, jetzt, kurz vor Weihnachten sogar noch etwas mehr. Das ist für Ladislav Boho viel Geld. Weihnachtsgeschenke für seine Kinder? Der 39-Jährige weiß noch nicht, ob es reicht. „Vielleicht eine Kleinigkeit wie Handschuhe. Ich muss schauen.“
„Meine Frau muss sehr sparsam sein“
Ob das Geld, das er in Deutschland beim Verkauf der Straßenzeitungen in der Slowakei zum Leben reicht? Ladislav Boho antwortet typisch schwäbisch: „Muss.“ Auch zuhause in der Slowakei ist alles teurer geworden, die Miete, der Strom, das Wasser… „Meine Frau muss sehr sparsam sein“, sagt er.
Noch bis einschließlich 20. Dezember ist Ladislav Boho samstags in Marbach auf dem Wochenmarkt. Seinen Kunden möchte er danke sagen, das ist ihm wichtig. „Und frohe Weihnachten.“