Der Stuttgarter Gemeinderat entscheidet heute über den neuen Doppelhaushalt für 2026/27. Die Mitglieder des Gemeinderates hatten in den letzten Wochen Vorlagen der Verwaltung für einen harten Sparkurs diskutiert. Fest steht bereits, Vereine werden weniger unterstützt, das Parken wird teurer und Sanierungen werden verschoben. Würde man weitermachen wie bisher, hätten etwa 800 Millionen Euro gefehlt. Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) sagte deshalb zum Auftakt: „Wir stehen mit dem Rücken zu einer stählernen, eisernen Wand.“ Er sei aber zuversichtlich, dass im Lauf des Tages ein genehmigungsfähiger Haushalt zustande komme.
Stuttgart: Kürzungen bei jungen Bürgern und steigende Kitagebühren
Als es um die Sparmaßnahmen in Kinder- und Jugendbereich ging, wurde im Stuttgarter Rathaus emotional diskutiert. So ging es beispielsweise nochmal um Themen wie kostenlose Menstruationsprodukte an Schulen, einen Gebärdendolmetscher oder Demokratieprojekte im Jugendbereich. Diese Anträge wurden abgelehnt. Beschlüsse, die teilweise bereits bekannt waren, sind etwa, dass im kommenden Jahr 200 Millionen Euro in die Schulen investiert werden sollen. Außerdem bleiben Ganztags-, Früh- und Spätbetreuung.

Zum ersten Mal seit zehn Jahren steigen die Kitagebühren in Stuttgart. Das wurde für den neuen Haushalt 2026/27 beschlossen.
Die monatlichen Kita-Gebühren sollen aber um 100 Euro steigen bis 2031. Das ist die erste Erhöhung in Stuttgart seit zehn Jahren. Eine Sprecherin der SPD kritisierte, dass vor allem das Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren teurer werde (11 Prozent für Ganztagsbetreuung) als das von den über-drei-Jährigen (7,5 Prozent). Am Ende würden dadurch vielleicht mehr Eltern und vor allem Frauen länger zuhause bleiben, weil die Kita zu teuer sei. In Baden-Württemberg sei man mit diesen Kitagebühren aber immer noch mit am günstigsten, hieß es aus der CDU.
Die Fraktion „Die Linke SÖS Plus“ hatte zuvor darauf hingewiesen, dass die Belastung in der psychischen Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen steige und man sich deshalb gewünscht hätte, dass bei dieser Gruppe nicht gespart worden wäre. Auch der Jugendgemeinderat sprach sich für ein lebenswertes Stuttgart für junge Menschen aus. Für den Jugendgemeinderat ist es übrigens eine Premiere, sagte ein Sprecher am Morgen. Sie dürften zum ersten Mal Reden halten und Haushaltsanträge stellen.
Gewerbesteuer in Stuttgart geht hoch, Förderung für Soziales runter
Die Gewerbesteuer wird wie vorgeschlagen um zehn Prozent angehoben. Bei der Eröffnung der Gemeinderatssitzung hatte Oberbürgermeister Nopper noch gesagt, er persönlich sei gegen eine Gewerbesteuer-Erhöhung. Die Fraktion „Die Linke SÖS Plus“ hätte die Steuer gerne noch weiter angehoben. Runter geht es dagegen beim Geld für Förderprogramme zu Energieeinsparung – um 20 Prozent.
Auch im sozialen Bereich wurde gekürzt. Künftig gibt es zehn Prozent weniger Förderungen. Dazu hatte es vor der Sitzung am Freitagmorgen erneut Proteste gegeben. Vertreter der Gewerkschaften und Sozial- und Kulturverbände demonstrierten rund um das Stuttgarter Rathaus. Auch Eltern waren da, um gegen die Erhöhung der Kita-Gebühren zu protestieren.

Protest gegen den geplanten Sparkurs der Stadt. Am Freitagmorgen versammelten sich unter anderem Eltern, Gewerkschafter und Vertreter von Sozialverbänden vor dem Rathaus.
Für die Haushaltsverhandlungen hatte sich schon in den vergangenen Wochen ein sogenanntes Haushaltsbündnis aus CDU und Grünen zusammengefunden. Gemeinsam haben sie fast die Mehrheit der Stimmen. Viele Oppotisionsfraktionen kritisieren, dass dieses Haushaltsbündnis sie nicht genug eingebunden hätte. Man hätte sich mehr Transparenz gewünscht. In einem Gemeinderat gebe es schließlich keine Koalitionsverhandlungen.
Kürzungen in der Kultur und ein neues „Stuttgart Sign“
Die Zuschüsse und Förderungen für die Kultur werden um die geplanten sechs Prozent reduziert. Das hat eine Mehrheit des Gemeinderats beschlossen. Davor diskutierten die Fraktionen nochmal über Stadtteilfeste, Kultureinrichtungen, die Opernsanierung und auch das sogenannte „Stuttgart-Sign“. Das wurde nun nach einiger Diskussion mit einer knappen Mehrheit beschlossen.
Unter dem „Stuttgart-Sign“ versteht sich ein großer „Stuttgart“-Schriftzug, der auf dem Marktplatz aufgebaut werden soll. Dieser soll mit LED-Lichtern ausgestattet sein und nicht einfach Hollywood kopieren, heißt es von der CDU dazu. Hannes Rockenbauch (SÖS) gab zu bedenken, dass es nur um sogenannte „Instagramability“ gehe. „Bezahlbare Mieten und Klimaneutralität würden eher auf Zufriedenheit der Bürger einzahlen“, so Rockenbauch.

Markante Stuttgart-Schriftzüge zu Schau- und Fotozwecken hat es in der Stadt immer mal wieder gegeben, z.B. hier vor dem Stadtpalais im Sommer 2025.
Stadt will auf Rücklagen und Sondervermögen zurückgreifen
Gleich die ersten Entscheidungen drehten sich darum, wie die Fehlbeträge ausgeglichen werden können. Denn das Regierungspräsidium Stuttgart fordert von der Stadt, nicht zu viele Kredite aufzunehmen, sonst steht die Genehmigung auf der Kippe. Ein Punkt dazu ist die Auflösung von sogenannten „Davon-Positionen“, Rücklagen von insgesamt 184,5 Millionen Euro. Obwohl sich viele Fraktionen von diesem Vorschlag überrumpelt zeigten, stimmte eine Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder dafür. Oberbürgermeister Nopper sagte, dass das die Finanzprobleme zwar nur in die Zukunft verschieben würde, es aktuell aber keinen anderen Weg gebe.
Ja, das verschärft die Finanzlage in der Zukunft, es verschiebt Finanzprobleme in die Zukunft, aber wir sehen keinen anderen Weg auf der Straße zur Genehmigungsfähigkeit.
Der Gemeinderat stimmte außerdem mit einer Mehrheit dafür, das neue Sondervermögen vom Bund zügig zu nutzen. Bisher wurde noch kein konkreter Zweck dafür festgelegt. Konkret sollen jetzt 200 Millionen Euro des Sondervermögens in den kommenden beiden Jahren verwendet werden.

Der Gemeinderat in Stuttgart hat über mehr als 800 Beschlusspunkte abgestimmt, bevor der neue Sparhaushalt stand.
Warum wird eine Einigung in Stuttgart erwartet?
In der Stadtverwaltung und im Gemeinderat setzt man alles daran, noch vor der Weihnachtspause einen genehmigungsfähigen Haushalt zu verabschieden. Denn sollte das zuständige Regierungspräsidium den Haushalt nicht genehmigen, dann droht der Stadt Stuttgart in Sachen Finanzen eine Art Zwangsverwaltung durch das Regierungspräsidium.
Diese wurde vorab mit dem „Shutdown“ in den USA verglichen. Demnach könnte im Falle der Zwangsverwaltung nur noch Geld für ein rudimentäres Pflichtprogramm ausgegeben werden. Die Stadt gibt bislang einen Großteil ihrer Ausgaben für sogenannte freiwillige Leistungen aus. Dazu gehört die Kulturförderung ebenso wie der ÖPNV oder der Betrieb von Schwimmbädern. Für alle freiwilligen Leistungen der Stadt darf im Falle einer Zwangsverwaltung kein Geld ausgezahlt werden.
Dieser Artikel wird während der Haushaltsdebatte fortlaufend aktualisiert mit neuen Beschlüssen.