DruckenTeilen
Ein russischer Tanker wurde im Mittelmeer von Drohnen zerstört: Der Angriff zeigt die Reichweite der ukrainischen Operationen – Putin kündigt Reaktion an.
Kiew – Mehr als 2000 Kilometer vom ukrainischen Hoheitsgebiet entfernt, hat sich ein weiterer Paukenschlag im Ukraine-Krieg ereignet: Eine mit den Vorgängen vertraute Quelle, berichtet gegenüber der ukrainischen Zeitung Ukrainska Pravda von einer beispiellosen, mehrstufigen Operation. Das Ergebnis ist ein weiterer Tanker von Putins Schattenflotte – zerstört im Mittelmeer.
Der Druck auf die Schattenflotte des ukrainischen Präsidenten Wladimir Putin nimmt weiter zu: Einerseits reagiert die EU härter auf Akteure der Schattenflotte, andererseits gelang der Ukraine ein entscheidender Schlag im Mittelmeer. (Montage) © Montage: Vesa Moilanen/dpa/Ramil Sitdikov/imago-images
Wie die Quelle berichtet, ist der Tanker Qendil im Mittelmeer auf neutralen Gewässern von Drohnen angegriffen worden. Das Schiff habe zum Angriffszeitpunkt keine Fracht transportiert, wodurch die Zerstörung nach Aussage der Quelle keine Gefahr für die Umwelt darstelle. Der Angriff auf die Qendil ist nicht nur deshalb bemerkenswert, weil er weiter entfernt im Mittelmeer stattfand, sondern auch, weil dabei Drohnen zum Einsatz kamen. Die Quelle betont: „Der Feind muss verstehen, dass die Ukraine nicht aufhören wird und ihn überall auf der Welt angreifen wird, wo immer er sich befindet.“
Russlands Schattenflotte im Visier – Drohnenangriff im Mittelmeer
Die Streitkräfte des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nahmen in den vergangenen Wochen vermehrt russische Öltanker ins Visier. Zuletzt wurden die Angriffe auch auf Ölplattformen im Kaspischen Meer ausgeweitet. Der jüngste Angriff soll sich jedoch vor Libyen ereignet haben. Die Nachrichtenagentur Reuters bezieht sich auf Daten von MarineTraffic. Nach diesen befand sich der Tanker um 13:30 Uhr nach mitteleuropäischer Zeit vor der Küste Libyens.
Die Nachrichtenagentur stützt sich abermals einen ukrainischen Beamten, der anonym bleiben wollte. Dieser gab jedoch weder den genauen Standort des Tankers noch den Zeitpunkt des Angriffs bekannt. Von der Quelle bereitgestellte Luftaufnahmen zeigten eine kleine Explosion auf dem Deck eines Tankers. Reuters bestätigte durch einen Vergleich mit Archivbildern, dass es sich bei dem im Video gezeigten Schiff um die Qendil handelte. Dennoch konnte die Agentur weder den Zeitpunkt noch den Ort des Vorfalls verifizieren.
Putins Verbündete: Diese Länder stehen im Ukraine-Krieg an der Seite Russlands
Fotostrecke ansehen
Der Tanker gehört wohl zur sogenannten „Schattenflotte“ Russlands. Dazu werden unregulierte Schiffe gezählt, die laut der Regierung Wladimir Putins dabei helfen, trotz westlicher Sanktionen große Mengen Öl zu exportieren und seine Kriegskasse zu füllen.
Putins Spionage-Werkzeug: Die Schattenflotte mit Wagner-Söldnern
Wie CNN zuletzt berichtete, erfüllt Russlands Schattenflotte neben dem Ölgeschäft einen weiteren strategischen Zweck: die Spionage. Laut der jüngsten Recherchen des Mediums schleust die russische Regierung verdeckt zusätzliches Personal auf die Schiffe. Die eingeschleusten Russen besitzen häufig einen militärischen Hintergrund und sollen unter anderem auch ehemalige Söldner der Wagner-Gruppe sein. Von Bord der Schiffe aus spähen Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen gezielt europäische Militäranlagen aus und fertigen Bildaufnahmen der Küstenverteidigung an. Damit flankiert die Schattenflotte die hybride Kriegsstrategie des Kremls.
Die Qendil war laut Daten von MarineTraffic auf dem Weg vom indischen Hafen Sikka zum russischen Hafen Ust-Luga an der Ostsee. Indien ist ein wichtiger Abnehmer von russischem Öl. Das, obwohl US-Präsident Donald Trump zuletzt Druck ausübte, um die indischen Käufe zu drosseln.
Die ukrainischen Drohnenangriffe auf Öltanker der russischen Schattenflotte beeinträchtigten nach Darstellung Putins bisher nicht die Energieexporte. Die Attacken führten aber zu höheren Versicherungskosten und stellten eine zusätzliche Bedrohung dar, sagte der Kreml-Chef. Putin erklärte dennoch: „Eine Antwort von unserer Seite wird auf jeden Fall folgen“.
Kriegskasse für den Ukraine-Krieg: Kallas will den „Geldfluss Russlands schneller“ abschneiden
Auch die EU beobachtet die Aktivitäten der Schattenflotte mit Argusaugen. So setzte sie zuletzt weitere 40 Schiffe auf ihre Sanktionsliste. „Um den Geldfluss Russlands schneller abzuschneiden, werden wir nun auch Schiffe der Schattenflotte auf fortlaufender Basis mit monatlichen Entscheidungen sanktionieren“, teilte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am vergangenen Montag nach einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel mit. Bislang waren diese Einstufungen stets im Rahmen neuer EU-Sanktionspakete vereinbart worden.
Außerdem beschlossen die Außenministerinnen und Außenminister Sanktionen gegen fünf Menschen und vier Organisationen, denen sie die Unterstützung der Schattenflotte vorwirft. Darunter sind Geschäftsleute mit Verbindungen zu den staatlichen Ölkonzernen Rosneft und Lukoil sowie Reedereien in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Vietnam und Russland. (Quellen: Ukrainska Pravda, dpa, afp, CNN)