Beim Spiel VfB Stuttgart gegen Maccabi Tel Aviv beklagten Fans in Stuttgart desaströse Zustände beim Catering. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse zu den Hintergründen.

Kein Bier, kaum Getränke, kaum Stadionwurst – nachdem der VfB Stuttgart Maccabi Tel Aviv am vergangenen Donnerstag in der MHP Arena empfangen hatte, hallt vor allem Kritik am Catering nach. Die Verpflegung rund um die Europa-League-Begegnung sei mehr als dürftig gewesen, urteilten Fans. Manche, berichteten Stadionbesucher, hätten ihren Frust sogar direkt an den Mitarbeitern der Kioske ausgelassen und herumgepöbelt.

Verein, Caterer Aramark und Behörden haben Aufarbeitung versprochen. Eine Woche später wird nun etwas deutlicher, was für das Catering-Chaos verantwortlich sein könnte. Im Wesentlichen spielen wohl zwei Faktoren eine entscheidende Rolle.

Subunternehmer im Fokus

Zum einen bringt da die Aufarbeitung des Zolls etwas Licht ins Dunkel. Das Hauptzollamt Stuttgart war mit starken Kräften vor Ort gewesen, um etwaige Verstöße gegen das „Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz“, wie es hieß, zu ahnden, führte aber auch allgemeine Sicherheitskontrollen durch. Bei den Kontrollen ging es sowohl um die Einhaltung des Mindestlohns als auch um Arbeitsgenehmigungen und Aufenthaltstitel. „In den Nachuntersuchungen schauen wir uns aktuell die Subunternehmer näher an und ergreifen entsprechende Maßnahmen“, sagt Thomas Seemann, Pressesprecher des Hauptzollamts Stuttgart. Welche Maßnahmen genau, ließ Seemann offen.

Dieser Entscheidung zugrunde liegen mögliche Diskrepanzen auf einer Liste von Namen, die die Stuttgarter Polizei dem Zoll am Spieltag ausgehändigt hatte, welche diese wiederum von der Stadt erhielt. Auf dieser Liste befanden sich die Namen all jener Menschen, die in der MHP Arena in den Bereichen Security und Catering hätten arbeiten sollen. Aus Sicherheitskreisen erfuhr unsere Redaktion, dass fast alle angekündigten Security-Mitarbeiter vorstellig wurden; im Bereich Catering eine „auffällige, signifikante Zahl“ an angekündigten Arbeitskräften jedoch nicht.

Ob es diese Peronalliste ist, die dazu geführt hat, dass der Zoll jetzt die externen Dienstleister des VfB-Caterers unter die Lupe nimmt, wurde dort zwar nicht offiziell bestätigt. Allerdings passt das Vorgehen auch zu Augenzeugenberichten, wonach 100 bis 150 Menschen – manche Quellen sprechen von der fast doppelten Anzahl – ihr Heil in der Flucht gesucht haben sollen, nachdem sie den Zoll vorm Stadion erspäht hatten. In sozialen Medien wird gemutmaßt, sie seien zum Arbeiten eingeteilt gewesen, hätten aber mit fehlenden Ausweis- und anderen Papieren Probleme, weshalb sie die Zollkontrollen nicht riskieren wollten.

So äußert sich Caterer Aramark

Die Liste, anhand derer der Zoll das Catering-Personal kontrollierte, hatte nicht verraten, ob die angemeldeten Mitarbeiter, die nicht erschienen waren, beim Caterer selbst oder bei externen Dienstleistern beschäftigt sind. Daher lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, wo die Ferngebliebenen eigentlich arbeiten. Dass der Zoll jedoch die Subunternehmer und nicht den Caterer selbst in den Fokus nimmt, spricht jedoch dafür, dass die Zollfahnder davon ausgehen, dass manche dieser oft kleineren Dienstleister es mit den Spitzfindigkeiten des Arbeitsrechts womöglich nicht ganz so genau nehmen.

Auch der Caterer Aramark stellt klar, hier keine faulen Kompromisse einzugehen. „Sollte sich durch die Ermittlungen des Zolls herausstellen, das Dienstleister von uns nicht seriös arbeiten, werden wir sofort Konsequenzen daraus ziehen“, sagt ein Pressesprecher des Unternehmens.

Aus Sicht von Aramark ist aber noch ein zweiter Faktor für die mangelhaften Abläufe beim Catering verantwortlich gewesen. „Bei Hochrisikospielen wie diesem sind wir angewiesen, Mitarbeiterlisten einzureichen, die dann sicherheitsüberprüft werden“, so der Sprecher. Dies sei bereits im September erfolgt. Allerdings seien vor allem durch Personalwechsel aufgrund der langen Vorlaufzeit von Behördenseite für viele Mitarbeiter keine Freigaben übermittelt worden. „Wenn wir keine Rückmeldung bekommen, dass die Zuverlässigkeitsprüfung erfolgt ist, können wir einen Mitarbeiter nicht einsetzen“, sagt der Sprecher. Dies habe zur Folge gehabt, dass insgesamt 70 Prozent des ursprünglich eingeteilten Personals nicht habe arbeiten können.

Liegt ein Missverständnis vor?

Möglicherweise liegt hier auch ein Missverständnis vor. Denn laut Zoll würden auch Mitarbeiter, die nicht auf den Listen stehen, weil sie beispielweise kurzfristig eingesprungen sind, ins Stadion gelassen. Bereits kurz nach dem Spiel am vergangenen Donnerstag beschrieb Thomas Seemann von Hauptzollamt das Procedere so: „In diesen Fällen nehmen wir die Personalien auf und überprüfen die Daten dann parallel – den Betrieb hält das nicht auf.“

Was den Punkt mit möglicherweise halbseidenen Dienstleistungsfirmen bei der Bewirtung von Fußballspielen angeht, so ist dieser laut Thomas Seemann vom Hauptzollamt Stuttgart auch kein Stuttgart-exklusiver. „Die Kollegen aus Ulm fahnden beim 1. FC Heidenheim aktuell ebenfalls in den Bereichen Gastro und Security“, sagt Seemann. Ergebnisse würden zwar noch nicht vorliegen, aber handle es sich dort, ähnlich wie beim Thema Weihnachtsmarktpersonal, um „priorisierte, schwarzarbeitsanfällige Branchen“.

Dass denkbare Probleme mit externen Dienstleistern in Fußballstadien gerade bei diesem Spiel sichtbar geworden sein könnten, liegt womöglich auch an der für den Stadion-Caterer ungewöhnlichen Anstoßzeit: Die Europa-League-Partie wurde an einem Donnerstag um 18.45 Uhr angepfiffen – denkbar, dass das sonst verlässliche Stammpersonal der Bundesliga-Wochenenden da schlicht nicht verfügbar war. Der Aramark-Sprecher gibt sich zuversichtlich, dass sich Zustände wie am vergangenen Donnerstag nicht wiederholen werden: „Es finden mit allen Seiten Gespräche statt, wie sich so etwas künftig vermeiden lässt.“