Leipzig. Für viele Menschen, die in Deutschland aufgewachsen sind, gehört Schwimmen zum Alltag. Schulschwimmen, Seepferdchen, Badeseen im Sommer: All das prägt früh den Umgang im Wasser. Für einige Frauen aus arabischen Ländern jedoch ist der Zugang wesentlich schwieriger. Aus kulturellen und religiösen Gründen lernen einige nicht schwimmen – und passende Kurse für Frauen sind in Leipzig rar.

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Der Leipziger Verein Fairbund möchte das ändern – auch mithilfe der LVZ-Spendenaktion „Ein Licht im Advent“. Sozialarbeiter Jamil Jawabra organisiert einen Schwimmkurs speziell für alleinerziehende, arabischsprachige Mütter. Schon vor einigen Jahren gab es ein solches Angebot, das großen Zuspruch fand. „Es gibt den Frauen Selbstvertrauen, wenn sie sich sicher fühlen, und es ermöglicht auch die Teilhabe an öffentlichen Schwimmbädern“, erzählt Jawabra.

Sicherheit für sich und für die Kinder

Eine der Interessentinnen ist Ghadir Alshale, Mutter von zwei Kindern. Vor drei Jahren hat sie schon mal einen Schwimmkurs absolviert und sich die ersten Grundlagen angeeignet. Seitdem geht sie regelmäßig mit ihren Kindern ins Schwimmbad. „Wenn etwas passiert, kannst du mir helfen“, sagte ihre Tochter neulich zu ihr. Vor Ort gibt sie ihr Wissen weiter. „Wenn mich meine Kinder fragen, wie genau etwas geht, kann ich nicht immer alles erklären“, erzählt sie. „Deshalb möchte ich die Technik richtig lernen.“ Besonders freut sie sich auf ein reines Frauenangebot, bei dem „ich nicht nur trainieren, sondern auch andere Frauen kennenlernen kann“.

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Viele Mütter seien motiviert, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Dazu gehöre auch eine zuverlässige Kinderbetreuung, betont Jawabra: „Sonst können manche Mütter nicht wirklich teilnehmen, weil ihre Kinder noch nicht in die Schule gehen.“

Sozialarbeiter Jamil Jawabra vom Verein Fairbund organisiert den Schwimmkurs für die Mütter. Dolmetschen und selbst Schwimmen lernen

Mit dabei sein wird die ausgebildete Dolmetscherin Doaa Abbas. In Ägypten, ihrem Heimatland, hatte sie nie die Möglichkeit, schwimmen zu lernen. Trotz einiger Versuche, auch bei einem Nichtschwimmerkurs an der Universität Leipzig, ist ihr das bisher nicht geglückt. „Jedes Mal habe ich die Hoffnung, dass es klappt und ich hoffe, es funktioniert jetzt“, erzählt sie lächelnd.

Besonders freue ich mich auf ein reines Frauenangebot, bei dem ich nicht nur trainieren, sondern auch andere Frauen kennenlernen kann.

Ghadir Alshale

Mutter von zwei Kindern und Interessentin an den Schwimmkursen

Für sie hat der Kurs eine doppelte Bedeutung: Sie möchte selbst schwimmen lernen und gleichzeitig die Frauen sprachlich unterstützen. „Ich liebe es, in verschiedenen Kontexten zu dolmetschen und besonders, wenn es mal nicht um Probleme geht, sondern ums Vergnügen“, erzählt Abbas.

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Großer Zuspruch, wenig Angebote

Dass die Frauen aus unterschiedlichen arabischen Ländern mit verschiedenen Dialekten stammen, mache die Übersetzung nicht schwierig, da Abbas Hocharabisch spricht: „Außerdem sind die Sätze im Schwimmkurs kurz und dazu arbeite ich viel mit Mimik und Gestik. Und Wiederholungen helfen beim Lernen – auch mir.“

Der Bedarf in Leipzig ist groß: 20 bis 30 Frauen haben sich bereits angemeldet, obwohl es noch keinerlei Werbung vom Verein Fairbund gab. Viele Frauen kennen sich aus anderen Vereinen oder sind in WhatsApp-Gruppen vernetzt. Geplant sind fürs kommende Jahr zwei Kurse mit jeweils zehn Teilnehmerinnen. Mit dem Spendengeld der Leserinnen und Leser der LVZ bei der Aktion „Ein Licht im Advent“ sollen Hallenmiete, Trainerin, Dolmetscherin sowie Kinderbetreuung finanziert werden.

Eine Hürde ist die passende Schwimmhalle. Für die muslimischen Frauen ist es entscheidend, dass sie unbeobachtet trainieren können. Das Westbad in Lindenau bietet diese Bedingungen, es gibt bereits eine Vereinbarung. „In Leipzig gibt es so viele Frauenvereine und geschützte Räume nur für Frauen, aber keine Schwimmhalle oder -kurse ausschließlich für Frauen“, merkt Abbas an. „Dabei ist der Bedarf groß – und zwar kulturübergreifend“. Viele der Frauen hoffen schon jetzt, dass das Angebot nach den beiden Kursen fortgesetzt wird.

LVZ