Kennen Sie den Grinch? Also ich meine diese übel gelaunte grüne Figur, der Jim Carrey in einer US-Komödie Leben einhaucht. Der Grinch hasst – aus tieferliegenden Gründen – Weihnachten und stiehlt den Kindern die Geschenke. Ein Miesepeter, wie er im Buche steht.
Und ich muss an dieser Stelle zugeben: Ab Ende November habe ich mich in diesem Jahr ein wenig so gefühlt, als sei der Grinch in meinen Körper gefahren. Muffelig bis angewidert blickte ich auf die anstehende Vorweihnachtszeit. Und dabei habe ich die früher so geliebt. Das Durchstöbern der Idee-und-Spiel-Kataloge nach potenziellen Weihnachtswünschen, die Hoffnung auf Schnee und Schlittschuhfahren. Ersterer fiel damals tatsächlich noch, und fahren konnte man mitunter auf zugefrorenen Teichen. Nun ja, ich will es nicht sagen, aber früher …
Schluss, das ist Quatsch. Tatsache ist allerdings, dass mir diese kindliche Vorfreude mit zunehmendem Alter nicht nur natürlicherweise abhandengekommen ist, sie hat sich sogar in einen gewissen Unmut verwandelt.
Aussicht auf Weihnachten bedeutet für mich vor allem Stress
Briefe an den Weihnachtsmann waren vor allem als Kind von großer Bedeutung.
| © Jonas Damme
Das liegt zum einen an der immer aufgedrehteren Dauerpräsenz des Festes. Übergeordnete Botschaft des ständigen Leuchtens: So freuet euch endlich! Tue ich aber meist nicht: weil die Vorweihnachtszeit für mich seit Jahren vor allem Stress bedeutet. Wir versuchen mit dem „Haller Kreisblatt“ bis kurz vor dem Fest, nahezu jedem Termin gerecht zu werden, jede Veranstaltung abzubilden, alle berechtigten Interessen unterzubringen.
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Spätestens am dritten Advent leide ich am „Weihnachtsmarkt-Burn-out“. Ich bin in Sachen Vorfreude schon ausgelaugt, ehe das Fest begonnen hat. Zumal die gesammelten privaten Verpflichtungen zur Besinnlichkeit ja noch obendrauf kommen. Und nach dem Fest, nach den Spenden, guten Wünschen und Aktionen lauert schon das „Nichts“ im Januar – tolle Aussichten.
So muffelte ich mich also durch die vergangenen Wochen – bis es mir irgendwann reichte mit meiner schlechten Laune. Keine Angst, hier kommen jetzt keine metaphysischen Erweckungserlebnisse, sondern drei Anekdoten, die mich fröhlich stimmen.
Drei Episoden aus dem Altkreis Halle lassen den Grinch verschwinden
Klosterpforten-Inhaber Reinhold Frie hat der Familie Störmer einen privaten Scheck über 4000 Euro zu Weihnachten überreicht.
| © Wolfgang Wotke
Episode 1: Tradition. Wenn ich schon nicht Schlittschuh laufen kann, dann hole ich mir meine Vorfreude eben mit neuen Traditionen zurück: beim Tannenbaumkauf. Den absolviere ich seit einigen Jahren mit meinen Kindern. Und habe dabei absolut nichts zu bestimmen. Die Tochter schreitet über den Platz, hebt und senkt den Daumen, der etwas jüngere Sohn gibt jetzt auch schon seine Einschätzungen ab – die natürlich denen der Tochter widersprechen. Nach knapp einer Stunde erfolglosen Stöberns entschied das dynamische Duo schließlich: Wir sägen jetzt unseren Baum. Ich sah uns schon im Schlamm liegen, doch dann haben wir unseren Wunschbaum nicht nur gefunden, sondern uns auch mit der Säge nicht blamiert. Und als ich ganz stolz mit der Tanne im Wägelchen aus der Schonung zurückkehrte, merkte ich, dass da plötzlich etwas Vorfreude war.
Episode 2: Begeisterung. Die kann erleben, wer in die Bergengruenstraße nach Brockhagen fährt. Mein Kollege Jonas Damme hat das getan und erlebt, wie eine ganze Nachbarschaft die Straße in eine Weihnachtswelt verwandelt. Mit Briefkasten für den Weihnachtsmann, verzierten Eingängen und unglaublicher Liebe zum Detail. Das steckt dann auch schon wieder an.
Episode 3: Hilfsbereitschaft. Das mag zum Weihnachtsfest etwas abgedroschen klingen – doch in einer Welt voller Krisen, Kriege und Sorgen zeigt sich in diesen Tagen einmal mehr, welche positive Kraft in uns steckt. Mich hat die Geschichte der Familie Störmer aus dem Haller Ortsteil Hesseln sehr berührt. Über das Ehepaar (74 und 79 Jahre alt), das seit 50 Jahren seine schwerstbehinderten Söhne (50 und 49) betreut, berichten wir seit Jahren. Die beiden werden selbst älter – und geben für ihre Kinder trotzdem nie auf. Jetzt spendete der Marienfelder Hotelier Reinhold Frie 4.000 Euro. Und die Sportfreunde Loxten planten im Rahmen ihres Derbys in der Handball-Regionalliga gegen die TG Hörste eine weitere Aktion zugunsten der Familie.
Fest bringt die Menschlichkeit hervor
Das von mir zuletzt so missmutig betrachtete Fest bringt uns in diesen Tagen also doch irgendwie ein bisschen mehr zusammen. Zeichen der Menschlichkeit, die wir dringend brauchen. Ach ja, der Grinch erkennt das am Ende im Film natürlich auch – und feiert mit.
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