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Das Haus an der Ecke Allerheiligenstraße/Battonstraße gehört zu Christa Fajens Lieblingsmotiven, die sie in einem Mehrjahreskalender zusammengefasst hat. © Michelle Spillner
Die Künstlerin hat bereits 72 Frankfurter Häuser in Aquarell gemalt. Ihre zwölf Lieblingsmotive zeigt sie jetzt in einem Kalender.
Das Haus hat ein Gesicht. Es scheint einen aus den beiden großen Fenstern auf halber Höhe anzuschauen, ein wenig zerknautscht, aber bereit, im nächsten Moment mit großen Schritten auf einen zuzugehen – vielleicht, um sich aus den vielen Neubauten um sich herum herauszulösen. Der historische Bau an der Ecke Allerheiligenstraße/Battonstraße ist eines von 100 architektonischen Schmuckstücken in Frankfurt, denen Christan Fajen das Projekt „100 Häuser“ widmet.
Das Maurische Haus ziert das Deckblatt. © Michelle Spillner
Insgesamt hat Christa Fajen bereits 72 Gebäude in Aquarell gemalt. 28 Frankfurter Bauwerke fehlen also noch zur Vollendung ihres Projektes „100 Häuser“, das sie vor gut fünf Jahren begonnen hat. Ihre zwölf Lieblingsmotive hat sie nun in einer Sonderedition ihrer Mehrjahreskalender zusammengefasst, darunter der Hautbahnhof, das futuristisch anmutende „My Zeil“, das Gerichtsgebäude, das Schauspielhaus oder auch ein altes Gebäue am Ostbahnhof, das längst der Abrissbirne zum Opfer gefallen ist. So entsteht nach und nach ein zeichnerischer Spaziergang durch die Stadt.
Auf das Wesentliche reduziert
Christa Fajen ist eine Künstlerin, studierte visuelle Kommunikation in Pforzheim, beherrscht das Urban Sketching und das Graphic Recording. Sketching bezeichnet das freihändige Skizzieren von dem, was man sieht – Dinge wie Ereignisse. Graphic Recording ist die Live-Skizzierung eines Geschehens, einer Veranstaltung beispielsweise, wobei die Zeichnerin auf die wesentlichen Inhalte reduziert. Dem Betrachter hilft das Klarheit zu bekommen. Christa Fajen hat auf diese Wiese bereits Konferenzen simultan dokumentiert, Events abgebildet oder auch eine Hochzeitszeremonie in einer Kirche zeichnerisch festgehalten. Simultan – also parallel während des Geschehens, „wie bei einem Simultan-Dolmetscher“, erklärt sie. Kaum hatte das Brutpaar „Ja“ gesagt, konnte sie ihm vor der Kirche eine kunstvolle Zeichnung ihrer Trauung überreichen, die zu Tränen rührte – als Geschenk von Freunden.
Das Interesse an Häuser erwuchs in ihr, als sie ihr Haus umbaute. „Ich habe einen anderen Blick entwickelt“, schildert sie. Und dann habe sie beim Radeln durch die Stadt Gebäude wahrgenommen, ihre Besonderheiten, ihren Ausdruck, die ihr zuvor nicht aufgefallen seien. Es reizte sie, das, was sie wahrnahm, auf Aquarellpapier zu bringen.
Ihre Zeichnungen bilden die Gebäude nicht eins zu eins in ihrer Architektur korrekt ab. Christa Fajen filtert das heraus, was das Gebäude schnell erfassbar macht. Den Betrachtern der Bilder fällt das nicht auf, „das menschliche Auge ergänzt“, so Fajen. Auch isoliert sie die Häuser bewusst von ihrem Umfeld, stellt sie frei, um ihnen eine größere Wirkung zu verleihen. So sieht man die Häuser anders. Das Weglassen stärkt das Individuum. „Ich versuche den Charakter des Hauses darzustellen“, beschreibt sie. So entstehen Portraits, die den Bauten eine ganz andere Wertigkeit verleihen.
Gezeichnet habe sie schon immer, sagt die 56-Jährige. Das, was sie zeichnet, müsse sie interessieren. „Bei den Häusern ist es wie bei Portraits, ich schaue danach, ob die Gebäude ein gewisses Eigenleben haben, eine Eigenart, ein Statement, bei dem man sich fragt: Wie ist das zustande gekommen?“ Und: „Ich möchte die Welt zeichnerisch erforschen. Zeichnen ist auch ein bisschen, mir selbst die Welt zu erklären“, beschreibt sie.
Ausstellung im Kaufhaus-Hessen
Mehrere Ausstellungen hatte sie bereits. Im Kaufhaus Hessen sind aktuell ihre großformatigen Drucke (120 mal 80 Millimeter) zu sehen und käuflich zu erwerben. Die Stückzahl ist limitiert auf 100 je Motiv. Jeder Druck ist signiert. Dort gibt es auch den neuen Kalender zum Preis von 25 Euro zu kaufen.
Auch moderne Architektur ist im Mehrjahreskalender zu sehen, wie das futuristisch anmutende Gebäude „My Zeil“. © Michelle Spillner
Als nächstes möchte sie sich das Tibethaus vornehmen. An Motiven fehlt es wahrlich nicht. Die Stadt ist voll davon. Dazu kommt, dass Christa Fajen auf ihrer Homepage (www.100haueserfrankfurt.de) auffordert, Häuser vorzuschlagen. Da gibt es schon weit mehr als 100 weitere Anregungen vom Opernturm bis zum Saalbau im Gallus. Vielleicht wird aus dem Projekt „100 Häuser“ ja dann doch noch „200 Häuser“ oder 300 oder 400…?