Der Mythos des deutschen Autos ist geplatzt. Was bleibt von einem Land, das sich über seine Motoren definierte? Ein Besuch bei einem Mercedes-Klub in Stuttgart

Die deutsche Autoindustrie steckt in der schwersten Krise ihrer Geschichte. Während Konzerne Tausende Stellen streichen und Stuttgart pleitegeht, wächst ein Fanklub für alte Mercedes-Modelle. Er hält an einer Ära fest, die nie wiederkehrt.

Das goldene Zeitalter der deutschen Automobilindustrie steht im Nieselregen auf dem Parkplatz der Sportgaststätte Bühl, eine halbe Stunde von Stuttgart entfernt. Eine lange Motorhaube, strenge Linien, ein Kühlergrill aus Chrom. Darüber thront der Stern. Es ist ein Mercedes der Baureihe W124, Baujahr 1992.

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Ein Auto, das einst so selbstverständlich war, dass niemand mehr genau hinschaute. Drinnen aber, in der warmen Gaststube der Sportgaststätte Bühl, sitzen etwa vierzig Menschen, die nur deswegen hier sind: Mitglieder des W124-Clubs, zwischen tropischen Zimmerpflanzen und zu üppig geratener Weihnachtsdekoration. Hauptsächlich Männer über fünfzig, Lesebrillen auf der Nase, kleine Bierbäuche unter Funktionsjacken. Es ist Stammtischtag. Sie studieren die Speisekarte, Schweinemedaillons oder Pizza, bestellen noch ein Helles. Und reden über Ausfahrten im kommenden Jahr oder tauschen Tipps für Ersatzteile aus.

«Schau mal», sagt einer und reicht ein stark vergrössertes Foto eines japanischen AMG-Mercedes über den Tisch. «Da drüben gibt es die Felgen noch.» Sein Gegenüber hält das Smartphone auf Armeslänge, kneift die Augen zusammen. Schnaubt. «Tatsache», sagt er und reicht das Telefon seinem Nachbar.

Für die Menschen hier ist der Mercedes-Benz W124 mehr als nur ein Auto. Er ist eine Zeitkapsel. Eine Erinnerung an eine Epoche, in der noch niemand über Abgasgrenzwerte sprach, in der das Auto kein Umweltproblem war, sondern ein Versprechen von individueller Freiheit. Hier drin sind sich alle einig: Mit dem W124, jener Baureihe, die Mercedes von 1984 bis 1997 baute, war der Höhepunkt der Autoindustrie erreicht.

Am Stammtisch des W124-Automobilclubs werden Mercedes verglichen und Kaufangebote genauestens unter die Lupe genommen.

Wird Stuttgart zum neuen Detroit?

Die Schweizer haben ihre Uhren. Die Franzosen haben ihren Wein. Und die Deutschen? Ihre Autos. Mercedes, BMW, VW, Audi, Opel, Porsche: Kein Produkt steht so sehr für Ingenieurskunst und Präzision, für jenen deutschen Perfektionismus, der bei 180 km/h auf der Autobahn erst richtig zur Geltung kommt. Das deutsche Auto steht für Exportstärke und Wirtschaftsmacht, für den Wiederaufstieg nach dem Krieg.

Die Autoindustrie ist der mit Abstand wichtigste Industriezweig Deutschlands. Sie beschäftigt rund 800 000 Menschen, 2023 lag ihr Umsatz bei 564 Milliarden Euro. Wenn sie fällt, fällt Deutschland mit. Und derzeit wackelt sie gewaltig. Gewinne brechen ein, Elektroautos verkaufen sich schleppend, chinesische Hersteller drängen mit günstigen Modellen auf den Markt. Mercedes bietet Tausenden Mitarbeitenden Abfindungen an, Zulieferer wie ZF oder Bosch streichen Zehntausende Stellen.

Besonders in Baden-Württemberg, wo Porsche, Mercedes und Bosch sitzen, gilt die Krise als existenziell. Sogar der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann will die Autoindustrie schützen und fordert mehr Flexibilität bei den EU-Klimazielen. Diese Woche hat die EU-Kommission das ursprünglich geplante Verbrenner-Aus für 2035 tatsächlich aufgeweicht. Währenddessen rechnet Stuttgart, einst reich durch Mercedes und Porsche, für 2025 mit einem Defizit von 785 Millionen Euro. Deutsche Zeitungen schicken Reporter ins Ländle und fragen: Wird Stuttgart zum neuen Detroit, zur bankrotten Autostadt?

In der Sportgaststätte Bühl sind mittlerweile die ersten zwei Punkte auf der Traktandenliste abgehakt: Getränke- und Essensbestellung. Punkt drei: Ein neues Mitglied wird geehrt, Nummer 2252. Während draussen die Autoindustrie wankt, wächst der W124-Club. Der Vizepräsident steht mit einem Mikrofon am Kopf der Tafel und spricht von einer stattlichen Mitgliederzahl. Die vielen grauen Haare im Raum, sagt er, sollten nicht täuschen, es gebe durchaus auch junge Mitglieder. Die Jüngsten seien Anfang dreissig.

Der Älteste ist Wolfram Körner, Klubmitglied Nummer eins. Gerade neunzig geworden, mit einem grossväterlichen Lächeln. Der Vizepräsident reicht ihm nachträglich einen Geschenkkorb mit Pasta und Saucen – und das Mikrofon. Körner hält sich kurz. «Wenn man solche Klubkollegen hat wie ich hier», sagt er, «ist es nicht schwer, neunzig zu werden.» Er sagt, wie viel ihm die Gemeinschaft bedeutet, und bedankt sich für die vielen Jahre Freundschaft. Applaus. Dann gibt er das Mikrofon zurück.

Wolfram Körner (unten rechts) ist das Klubmitglied Nummer eins. Er hat den Klub vor über zwanzig Jahren mitgegründet. Viele hier haben durch ihr Auto Freundschaften fürs Leben geschlossen.

Die Autokrise trifft die Deutschen nicht nur wirtschaftlich. Es geht um mehr als um Jobs oder Quartalszahlen. Es geht um ein Produkt, über das sich ein Land über Jahrzehnte definiert hat und das nun seine Selbstverständlichkeit verliert. Es geht um Identität.

Erst spät zum Autoland geworden

Andreas Knie sitzt in Berlin vor einem Bücherregal, die Sonne scheint durchs Fenster in sein Gesicht. Der Verkehrsforscher muss schmunzeln, wenn man ihm vom W124-Club erzählt. Deutschland sei lange kein Autoland gewesen, sagt er. Es sei dazu gemacht worden, aus einem Mangelgefühl heraus. Aus einem kollektiven Minderwertigkeitskomplex, der bis heute nachwirke.

Bis weit in die fünfziger Jahre hinein hatten die USA, aber auch Länder wie Frankreich, England, Italien oder Spanien deutlich mehr Autos pro Kopf. «Deutschland war ein Eisenbahnland», sagt Knie. Die Reichsbahn funktionierte, die Fahrradindustrie war weltweit führend, Mopeds und Motorräder kamen aus deutschen Werkhallen. Mobil war man auch ohne Auto.

Automobile hingegen waren Luxus. Hersteller wie Daimler-Benz oder Audi bauten vor dem Zweiten Weltkrieg Einzelstücke für Wohlhabende. Bertolt Brecht oder Leni Riefenstahl konnten sich ein Auto leisten, doch für die meisten blieb es ein fernes Versprechen.

Dann kam Adolf Hitler. Und mit ihm die Idee, dass Modernität messbar sei. Zum Beispiel anhand der Zahl von Autos. Er sah die Entwicklungen in den USA oder Frankreich und sagte: Ein Volk ohne Autos ist kein modernes Volk. Also sollte jede deutsche Familie ein eigenes Fahrzeug besitzen. Weil die Industrie zögerte, beauftragte Hitler Ferdinand Porsche mit der Entwicklung eines Volkswagens. Der Käfer entstand, flankiert von nahezu unbegrenzten staatlichen Mitteln, die unter anderem den Gewerkschaften geraubt worden waren. Gigantische Werke wurden aus dem Boden gestampft, Gesetze umgeschrieben, Plätze zu Parkplätzen gemacht.

Hitler, der Visionär des deutschen Automobils

Die Nazis setzten alles auf das Auto. Die Strassenverkehrsordnung wurde auf den motorisierten Verkehr zugeschnitten, die Reichsgaragenordnung zwang Bauherren, überall Stellplätze einzuplanen. Und dann die Autobahnen: Rund 4000 Kilometer liess Hitler errichten, obwohl der Autoverkauf nur langsam Fahrt aufnahm.

Arbeiter hören Adolf Hitler 1933 bei einer Rede zu. Gleich sollen sie beginnen, die ersten Meter der Reichsautobahn zu schaufeln. Die Nationalsozialisten hatten einen grossen Einfluss auf die Entstehung der deutschen Automobilindustrie.Arbeiter hören Adolf Hitler 1933 bei einer Rede zu. Gleich sollen sie beginnen, die ersten Meter der Reichsautobahn zu schaufeln. Die Nationalsozialisten hatten einen grossen Einfluss auf die Entstehung der deutschen Automobilindustrie.

AP

Knie nennt das den Versuch einer nachholenden Modernisierung, geboren aus dem Gefühl, den Anschluss an die Welt zu verlieren. Und dieses Denken verschwand nach 1945 nicht, im Gegenteil: Steuerliche Anreize fürs Pendeln mit dem Auto, das Dienstwagenprivileg, der Ausbau autogerechter Städte, der Rückzug des öffentlichen Verkehrs aus ländlichen Regionen, all das wurde eingeführt, weil Deutschland glaubte, aufholen zu müssen. Das ging nicht von heute auf morgen: Erst 1962 hatte Deutschland gleich viele private Autos pro Kopf wie seine Nachbarn. Dann kam der Boom.

Wolfram Körner, Klubmitglied Nummer eins, hat die Glanzzeiten miterlebt. Fast sein ganzes Berufsleben arbeitete er für Mercedes, war in über dreissig Ländern tätig, vom Irak und von Pakistan über Frankreich bis nach Mexiko. Körner könnte stundenlang über Mercedes sprechen. Über Firmeninterna, darüber, wie Porsche-Ingenieure einst heimlich Motoren für Mercedes bauten, über die Beschaffenheit des Cabriodachs eines W124. Er spricht etwas lauter als der Rest. Sein Hörgerät sei neu, sagt er, «teuer wie ein Daimler», aber noch nicht richtig eingestellt.

Körner erzählt von den achtziger Jahren, von seiner Zeit im Mercedes-Salon auf der Champs-Élysées in Paris. «Da verkauften wir keine Autos», sagt Körner, «da verkauften wir Lieferzeiten.» Zwölf Monate Wartezeit waren normal. Jeder wollte einen Mercedes.

Für die Deutschen war das Auto da längst mehr als ein Fortbewegungsmittel geworden. Es ging nicht mehr darum, von A nach B zu kommen, sondern um die Freude am Fahren selbst. So zumindest die Erzählung. Und sie wurde gepflegt, systematisch, in Slogans und Bildern: «Vorsprung durch Technik» (Audi), «Freude am Fahren» (BMW) oder einfach «Das Auto» (VW). James Bond fuhr BMW, der VW Käfer «Herbie» bekam fünf Filme, Motorsportlegenden wie Walter Röhrl und Michael Schumacher wurden zu Nationalhelden.

In der Sportgaststätte Bühl ist die Pizza mittlerweile gegessen, die Ausfahrten fürs nächste Jahr sind geplant. Zeit, sich einmal einen Mercedes der Baureihe W124 anzusehen.

Jurica Vrandecic ist mit seinem Mercedes 500E zum Stammtisch angereist. Vom braven Äusseren darf man sich nicht täuschen lassen, sagt er. Unter der Haube versteckt sich ein V8-Motor.

Draussen auf dem Parkplatz, zwischen einem SUV aus Südkorea und einem neongrünen Lieferwagen, lauert der Wolf im Schafspelz. So nenne man seinen Mercedes, sagt Jurica Vrandecic. Weil er von aussen so unscheinbar aussehe. Eine klare, kantige Motorhaube, rechteckige Scheinwerfer, 1,6 Tonnen deutsche Bescheidenheit. Doch davon solle man sich nicht täuschen lassen, sagt Vrandecic, steckt den Schlüssel ins Zündschloss, dreht ihn und schaut uns einige Sekunden mit einem erwartungsvollen Lächeln an. Der Motor räuspert sich kurz, dann fährt Vrandecic los.

«Schau mal, diese Laufruhe»

V8-Motor, 279 PS, erklärt er und tätschelt das Armaturenbrett aus Wurzelholz. Auf der Hutablage wackelt der Kopf eines Wackeldackels. Vrandecic, Baujahr 1970, wie er sagt, grauer Ziegenbart, Schiebermütze, hat sich den Mercedes vor fünf Jahren gekauft. Er lebt eigentlich auf einer kroatischen Insel, deshalb liegt neben dem Sitz ein Nothammer, für den Fall, dass er einmal ins Wasser fällt. Vrandecic biegt auf die Hauptstrasse ab, fährt bis zur nächsten Tankstelle und dann wieder zurück. «Schau mal, diese Laufruhe», sagt er, während er zurück auf den Parkplatz gleitet.

Lange konnte nichts dem Mythos des deutschen Autos etwas anhaben, doch in den letzten zwanzig Jahren habe er angefangen zu bröckeln, sagt der Verkehrsforscher Andreas Knie. Den ersten Wendepunkt setzt er im Jahr 2006. China habe damals entschieden, konsequent auf batterieelektrische Autos zu setzen, und zwar nicht nur aus Klimagründen: Beim Verbrenner, so die chinesische Kalkulation, könne man den Deutschen das Wasser nicht reichen.

Knie beschreibt das als frühes, gut sichtbares Signal. China habe Rohstoff- und Lieferketten gesichert, Kooperationen geschlossen, Standards gesetzt. Und es habe die Deutschen eingeladen, mitzuziehen. Einer der Architekten dieser Strategie sei Wan Gang gewesen, später Wissenschaftsminister, zuvor Audi-Ingenieur in Ingolstadt, bis heute gut in Deutschland vernetzt. Doch den Deutschen habe die Demut gefehlt, sagt Knie. Man habe geglaubt, technologisch überlegen zu sein. Ein Irrtum, den Deutschland mit weiten Teilen Europas teilt. «Mit dieser falschen Einschätzung hat man den Sargnagel eingeschlagen.»

Doch es sind nicht nur die Chinesen. Es ist auch der Mythos selbst, der sich von innen aushöhlt. «Es gibt einfach zu viele Autos», sagt Knie. 69 Millionen bei 83 Millionen Einwohnern. Fahren mache keinen Spass mehr, weil die Strassen überall verstopft seien. Und weil der öffentliche Verkehr auf dem Land massiv zurückgebaut wurde, gibt es für die meisten keine Alternative. Sie müssen fahren, ob sie wollen oder nicht. Das mache es nur schlimmer, sagt Knie. Die emotionale Bedeutung schwindet. Vor allem für die jüngere Generation sehe das Freiheitsversprechen heute anders aus. Das Auto ist für viele zum Gebrauchsgegenstand geworden.

Die meisten Klubmitglieder haben heute ihr «Winterauto» dabei. Neuere Modelle, manchmal aus Japan oder Südkorea. «Reiskocher» nennen sie die, ein Begriff, den man heute nicht mehr verwenden würde. Das merken auch die Herren hier und schieben hastig nach: Das sei nicht böse gemeint, sie würden ja selbst solche Autos fahren, und die seien oft ganz in Ordnung.

Gabi und Horst Mohr besitzen gleich drei Mercedes W124. Die Autos von heute böten nicht mehr das gleiche Fahrgefühl, sagen sie.

Horst und Gabi Mohr, 56 und 57 Jahre alt, gehören zu den wenigen, die mit dem alten Mercedes gekommen sind. Sie haben drei W124: ein Cabrio, einen Kombi und eine Limousine, die im Winter herhalten muss. Horst wirkt wie jemand, der lieber schraubt als klagt, aber heute klagt er trotzdem. Die Autobauer, sagt er, seien nur noch auf Profit aus. Früher sei Qualität Ehrensache gewesen.

Das Auto sei zum Wegwerfartikel geworden, sagt sie

Er beugt sich zur Tür, greift den Griff, lässt sie zufallen. Rumms. «Hörst du das?», fragt Horst Mohr. Er redet über Spaltmasse und Haptik. Über das Fahrgefühl der alten Autos, das es heute nicht mehr gebe. Die alten Autos hätten kein ABS und keinen anderen Schnickschnack gehabt, sagt er. «Da fährst du mit dem Kopf, mit dem Verstand, den man dir als Kind beigebracht hat.» Heute werde alles von Elektronik übernommen, von Assistenten, Sensoren, Bildschirmen. Von einer neuen E-Klasse, aus der er einmal ausgestiegen sei, bleibt ihm vor allem das Material in Erinnerung: zu viel Plastik, alles knarrt und quietscht. «Das ist nicht mehr die Werthaltigkeit, die ich von Mercedes kenne.»

Gabi Mohr hört zu, nickt, ergänzt. Sie arbeitet seit 38 Jahren bei Mercedes, hat dort die Ausbildung gemacht, viele Jahre am Band gestanden, heute ist sie in der Entwicklung. Ein Angebot für Altersteilzeit habe sie bekommen, sagt sie. Sie hat abgelehnt. Die Stimmung sei extrem schlecht im Betrieb.

Die meisten Jungen interessierten sich nicht mehr wirklich für Autos, sagt Horst. «Die wollen Apple Carplay und Android und weiss der Kuckuck.» Langlebigkeit sei ihnen egal. Gabi nickt. Das Auto sei für viele zum Wegwerfartikel verkommen, sagt sie, so wie Handys oder Klamotten.

Horst versteht nicht, warum Deutschland die E-Mobilität so forciere und dabei «eine ganze Industrie kaputtmacht», statt beides parallel laufen zu lassen. Seit die Prämien weg seien, wolle ohnehin niemand mehr ein E-Auto. Und dass Mercedes nun einen Hybridmotor von Geely verbaue, dem chinesischen Grossaktionär, sei für ihn der Endpunkt: «Da machen sie ihr ganzes Know-how kaputt.»

Nachhaltigkeit, sagt Gabi Mohr, werde ihrer Meinung nach oft falsch verstanden. Batterien seien auch nicht grün, man müsse an seltene Erden denken. Dann lacht sie kurz und schiebt hinterher: «Auf Ölplattformen wachsen zwar auch keine Blumen.» Trotzdem: Ihr Kombi sei wirklich nachhaltig. Er ist dreissig Jahre alt, zweimal im Jahr seien sie damit nach Spanien gefahren, nach Alicante, mittlerweile hat er 450 000 Kilometer und fährt immer noch. Die Winterautos der anderen werden das kaum schaffen.

Die Mercedes W124 kommen noch ohne viel technischen Schnickschnack aus. Man kann sie selbst reparieren und sie fahren auch nach 30 Jahren noch, sagen die Mohrs.

Wird die deutsche Autoindustrie verschwinden? Der Verkehrsforscher Knie glaubt das nicht. Mercedes, BMW oder Volkswagen würden in absehbarer Zeit nicht bankrottgehen, sagt er. Dafür sei zu viel Geld im Spiel, zu viel internationales Interesse daran, dass die Produktion weiterlaufe. In den nächsten zehn, fünfzehn Jahren würden deutsche Hersteller mit ihren grossen Modellen in bestimmten Märkten noch immer «wunderbare Margen» machen.

Doch das sei kein Comeback, sondern ein Auslaufen. Der Markt werde kleiner, die Beschäftigung auch. Und irgendwann, so Knie, werde die deutsche Autoindustrie vor allem das machen, was sie historisch immer gekonnt habe: Blech biegen. Die Intelligenz, die Software, die Plattformen, die das Auto der Zukunft definierten, kämen dann von anderswo.

Die letzten Mitglieder verabschieden sich, wünschen sich frohe Weihnachten, fahren davon. Auf dem Parkplatz stehen jetzt nur noch nichtdeutsche Autos: ein Skoda, ein Seat, ein Honda.

Ein Artikel aus der «NZZ am Sonntag»