Stand: 21.12.2025 09:47 Uhr
Wenn Dirk Schmidt nachts durch Eckernförde fährt, wird das Taxi zur Bühne. Der 56-Jährige singt für seine Fahrgäste Rock, Balladen und Lieblingslieder. Warum der „singende Taxifahrer“ Kult ist – und wie er einmal Starthilfe für die Liebe gegeben hat.
Wenn Dirk Schmidt da ist, wird die Eckernförder Taxizentrale zum Proberaum. Der Taxifahrer und leidenschaftliche Hobbysänger geht durch die Räume und übt „Leaving on a Jet Plane“ – doch textsicher ist er noch nicht. „Es gibt Songs, die ich unheimlich gerne singen würde – und da übe ich monatelang und kriege den Text nicht in meinen Schädel“, erklärt Schmidt. „Und dann gibt es wieder Songs, die lerne ich sehr schnell.“
„Mensch, sing mal lauter, das klingt richtig gut!“
Schmidt fährt immer die Spätschicht am Wochenende. Kaum rollt der Wagen, wird der Innenraum zum Mini-Konzertsaal und der 56-Jährige singt, wie ihm der Sinn steht – mal Ballade, mal Rock. Genau so startete auch seine Zeit als singender Taxifahrer: „Ich habe immer schon leise vor mich hin mitgesungen. Dann kamen meine Fahrgäste irgendwann auf mich zu und sagten: ‚Mensch, sing mal lauter, das klingt richtig gut!‘.“ Da der Fahrgast schließlich König sei, habe er das dann auch getan. „Und irgendwann hatte ich den Ruf des singenden Taxifahrers weg.“
Schmidt fährt seit 20 Jahren Taxi, ursprünglich aus der Not heraus. „Anfang der 2000er-Jahre habe ich meine zwölfjährige Dienstzeit bei der Marine beendet“, erinnert sich Schmidt. „Die Babyboomer waren alle voll im Job und irgendwie musste die Miete ja bezahlt werden. Deswegen bin ich dann ins Taxi eingestiegen.“ Eigentlich ist er Elektronikmeister. „Aber mittlerweile mache ich den Job richtig gerne – ich bin mit Herz und Seele Taxifahrer!“
Das Herz an Eckernförde verloren
Sein Herz hat er nicht nur ans Taxifahren verloren, sondern auch an die kleine Küstenstadt Eckernförde. Seine Pausen verbringt er am liebsten am Hafen. Kennengelernt hat er den Ort während seiner Marine-Dienstzeit – ursprünglich kommt er aus Hamm in Nordrhein-Westfalen. „Als ich Eckernförde kennenlernte, hatte ich das erste Mal in meinem Leben das Gefühl, ich bin zu Hause“, erzählt Schmidt. „Da habe ich direkt meine Koffer gepackt und bin hergezogen – denn es ist so schön hier!“

Sandstrand mit Promenade, Hafen und Altstadt: Eckernförde verbindet Urlaubsfeeling und traditionelles Kleinstadtleben.
Früher hat er im Marine-Chor gesungen, jetzt ist er solo unterwegs. Sein Repertoire: mehr als 40 Lieder, gespeichert auf einem USB-Stick. Schmidt ist längst Kult, und Stammgäste wie Babette Jürgensen bestellen ihn explizit in der Zentrale. „Dann wünscht man sich den Dirk herbei“, erklärt Jürgensen. „Jeder kennt ihn hier auch, wenn er irgendwo reinkommt.“
„In einer Großstadt möchte ich nicht Taxi fahren“
Aus Berlin und Hamburg erreichten ihn bereits Anfragen, dort zu fahren. Aber, so Schmidt: „In einer Großstadt möchte ich nicht Taxi fahren. Da sieht man seinen Fahrgast einmal und nie wieder. In Eckernförde dagegen kennen die Leute mich und ich kenne sie. Falls jemand betrunken bei mir ins Taxi fällt, weiß ich schon direkt, wo sie wohnen.“
Für die Nachtschichten hat er sich bewusst entschieden: „Alles ist ruhig, still und friedlich. Es gibt keinen Stress und keine Hektik. Diese Atmosphäre sauge ich so richtig auf – ich brauche das irgendwie. Ich bin kein Freund von Stress.“
Bei „Balu“ von Kettcar flossen Tränchen
Umso mehr ist Schmidt ein Freund der Liebe. Und der hat er durch seinen Gesang auch schon Starthilfe gegeben. „‚Balu‘ von Kettcar war das allererste Lied, das Conni und ich in Dirks Taxi genossen haben“, erzählt Andreas Schlemmer. „Ich war so gerührt, dass mir sogar ein bisschen die Tränen geflossen sind“, erinnert sich Conni. Sechs Tage später waren die beiden ein Paar.
Übrigens, eine Regel gibt es beim singenden Taxifahrer: Niemand steigt aus, bevor der Song zu Ende ist. Für Dirk Schmidt ist eben jede Fahrt ein kleines Konzert auf Rädern.
Schlagwörter zu diesem Artikel