Mindestens elf Menschen sind auf einem Straßenfest im kanadischen Vancouver gestorben, nachdem ein Auto in eine Menschenmenge gefahren war. Der Fahrer wurde am Tatort gefasst und ist der Polizei bekannt. Ein Terrorakt wird jedoch bislang ausgeschlossen. Viele Hintergründe sind noch unklar – was bislang über den Fall bekannt ist.
Übersicht:
Was ist in Vancouver passiert?
Im kanadischen Vancouver ist am Samstagabend während eines philippinischen Straßenfests ein Mann mit seinem Auto in eine Menschenmenge gefahren. Der Vorfall ereignete sich um 20.14 Uhr Ortszeit. Die Zahl der Toten ist am Sonntag auf elf gestiegen, teilte
die Polizei mit. Es sei möglich, dass in den kommenden Tagen
und Wochen weitere Opfer ihren Verletzungen erlägen, hieß es. Nach Angaben der Polizei sind Männer, Frauen und „junge Menschen“ unter den Opfern. Nach Angaben des kanadischen Premierministers Mark Carney wurden mehr als 20 Menschen verletzt.
Nach einem Konzert seien noch viele Menschen auf den Straßen gewesen, berichtete die Vancouver Sun. Der Wagen sei in einen eigentlich nur für Fußgänger vorgesehenen Bereich gefahren. Ein Radiosender berichtete unter Berufung auf einen Augenzeugen, ein Geländewagen sei durch die Menge gefahren. Der Fahrer soll daraufhin versucht haben, zu Fuß zu fliehen. Passanten haben ihn kanadischen Medienberichten zufolge festgehalten.
Wie ist der Stand der Ermittlungen?
Die Polizei hat den Autofahrer, einen 30-jährigen Mann aus Vancouver, am Tatort in Gewahrsam genommen. Die Polizei teilte am Sonntag mit, es handele sich nicht um einen Terrorakt. Der
Verdächtige habe eine Vorgeschichte an psychischen Erkrankungen.
Kanadischen Journalistinnen und Journalisten zufolge soll der 30-Jährige nach dem Vorfall noch vor Ort gesagt haben, es tue ihm leid. Dazu machte Steve Rai, der stellvertretende Polizeichef Vancouvers, am späten Samstagabend zunächst keine Angaben.
© Lea Dohle
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Die Polizei geht davon aus, dass für die Bevölkerung keine weitere Gefahr bestehe. Für den heutigen Sonntag ist in Vancouver ein großes Laufereignis geplant, der Sun Run mit bis zu 50.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Veranstalter kündigten auf X an, dass der Sun Run nach Rücksprache mit den Behörden wie geplant stattfinden werde – mit erhöhter Polizeipräsenz, um die Sicherheit der Zuschauer und Teilnehmer zu gewährleisten. Vor dem Start soll es ein stilles Gedenken geben.
Was für ein Fest feierten die Menschen?
Das Lapu-Lapu-Festival ist ein philippinisches Fest. Jährlich wird dabei dem philippinischen Nationalhelden Lapu-Lapu gedacht, der 1521 die Kolonialisierung des Archipels verhinderte. Für die philippinische Community ist der Lapu-Lapu-Tag eine Feier ihrer Geschichte und Einheit. In Kanada leben mehr als 900.000 Menschen philippinischer Abstammung, 173.000 davon in der Provinz British Columbia, deren größte Stadt Vancouver ist.
Nach Berichten von Augenzeugen feierten die Menschen ein fröhliches Straßenfest mit vielen Tausenden Besuchern. Unter anderem fanden ein Straßenumzug, eine Tanzveranstaltung und ein Konzert mit zwei Mitgliedern der Hip-Hop-Band Black Eyed Peas statt.
Wie reagiert die Politik?
Kanadas Premierminister Mark Carney
zeigte sich schockiert: „Letzten Abend haben Familien eine Schwester, einen Bruder, eine Mutter,
einen Vater, einen Sohn oder eine Tochter verloren. Diese Familien
durchleben den Albtraum einer jeden Familie“, sagte Premier Carney am Sonntag,
während er gegen Tränen ankämpfte. „Ihnen und den vielen anderen
Verletzten, der philippinisch-kanadischen Gemeinschaft und allen
Menschen in Vancouver möchte ich mein tiefstes Beileid aussprechen.“
Ähnlich äußerte sich der Chef der Konservativen, Pierre Poilievre. Auch er dankte den Ersthelfern.
Der Chef der ebenfalls im Parlament vertretenen Neuen Demokratischen Partei, Jagmeet Singh, hatte nach eigenen Angaben selbst an dem Festival teilgenommen und es nur Minuten vor dem Vorfall verlassen. „Wir kennen die Motive nicht, wir kennen Details nicht, aber letztlich ist es etwas, das auf die philippinische Gemeinschaft gezielt hat“, sagte Singh vor Journalisten. „Ich war dort, und ich habe mir gerade die Gesichter der Kinder vorgestellt, die ich lachend und tanzend gesehen habe. Es ist schrecklich.“
Der philippinische Präsident Ferdinand Marcos jr. äußerte sich „erschüttert über den schrecklichen Vorfall“ in Vancouver. Das philippinische Konsulat arbeite mit den kanadischen Behörden zusammen, um sicherzustellen, dass der Vorfall gründlich untersucht werde, teilte er mit.
Am Montag finden in Kanada vorgezogene Parlamentswahlen statt. Carney, der amtierende kanadische Premierminister, tritt als Spitzenkandidat der liberalen Partei gegen den Konservativen Pierre Poilievre an. In den Umfragen liegen die Liberalen vorn. Die Wahlen finden vor dem Hintergrund des von den USA ausgelösten Zollkonflikts statt – und Donald Trumps Drohung, Kanada zum 51. Bundesstaat zu machen.
Dieser Beitrag enthält Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters.