So könnte eine Seilbahn in Stuttgart aussehen. Die Frage nach einem möglichen Standort ist noch offen. Foto: Uwe Anspach
Sowohl in Vaihingen als auch vom Pragsattel zum Robert-Bosch-Krankenhaus gibt es Überlegungen für den Bau einer Seilbahn. Beide könnten Verbesserungen für den Nahverkehr bringen.
Paris macht es vor: In der französischen Hauptstadt verbindet seit 13. Dezember Europas längste urbane Seilbahn vier Vororte im Südosten mit der Innenstadt. Die Câble 1 genannte Linie soll die notorisch verstopften Straßen im 12-Millionen-Einwohner Großraum entlasten und Pendler in nur 17 Minuten über die 4,5 Kilometer lange Strecke befördern. Aber nicht nur in der weltbekannten Metropole, sondern auch in der schwäbischen Landeshauptstadt beschäftigt man sich bereits seit Jahren mit alternativen Fortbewegungsmöglichkeiten im öffentlichen Nahverkehrs – auch mit einer Seilbahn.
Diskussion um Seilbahn in Vaihingen nimmt wieder Fahrt auf
Wieder an Fahrt gewinnt die Diskussion mit dem jüngsten Beschluss des Gemeinderats zum seit 16 Jahren leer stehenden Eiermann-Campus. Die Stadträte gaben grünes Licht für die Pläne der Nokera AG. Die Schweizer Holzbaufirma will das 20 Hektar große Gelände von der finanziell in Schieflage geratenen Adler-Gruppe erwerben und ein neues Stadtquartier mit 2000 Wohnungen, Schule, Kindergärten und Sporthalle entwickeln. Ein wichtiger Bestandteil dabei spielt auch die Erschließung mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Denn klar ist für den Vaihinger Bezirksvorsteher Marcel Wolf, dass „für den Stadtbezirk eine deutliche Verbesserung unumgänglich ist“. Bereits in früheren Planungen wurde neben einer neuen Stadtbahnlinie oder verbesserten Buslinien dabei die Idee einer Seilbahn – mit einer möglichen Station auf dem Dach des Hallenbads – ins Spiel gebracht. Bei den Chancen für eine mögliche Realisierung gehen die Meinungen dabei weit auseinander. Von der „bestmöglichen Anbindung an den Nahverkehr“, ist Beate Schiener (Bündnis 90/Grüne) nach wie vor überzeugt. Hingegen ist für Cornelius Hummel (FDP) eine Seilbahn in Vaihingen lediglich noch „Traumtänzerei“.
Ob Seilbahn, Stadtbahn oder weitere Buslinien – wir benötigen ein vernünftiges Verkehrskonzept.
Marcel Wolf Bezirksvorsteher von Vaihingen
Auch im Hinblick auf die Bürgerinitiative Rosental, die den Gondeln kritisch gegenüber steht, weil sie durch diese den Baumbestand, die Artenvielfalt und das gesamte Landschaftsschutzgebiet gefährdet sieht. „Es müssen alle Aspekte berücksichtigt werden“, will Bezirksvorsteher Wolf den Ergebnissen der von der Stadt in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie nicht vorgreifen. Diese sollen vom Büro SSP Consult im ersten Quartal kommenden Jahres vorgestellt werden. Einen Favoriten hat Wolf dabei nicht, „am Ende muss ein vernünftiges Verkehrskonzept herauskommen“, fordert er.
Fast täglich bilden sich Staus bei der Einfahrt zum Robert-Bosch-Krankenhaus. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt
Dies will Professor Mark Dominik Alscher auch für das Robert-Bosch-Krankenhaus auf dem Burgholzhof und hat bereits eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Der Geschäftsführer der deutschlandweit bekannten Privatklinik schlägt dafür eine Seilbahn vom Pragsattel hoch zum höher gelegenen Cannstatter Stadtteil vor. Denn bislang ist nicht nur das Krankenhaus selbst, sondern auch das im Dreieck zwischen Hallschlag, Rot und Pragsattel gelegene Wohngebiet einzig über die Linie 52 von Bad Cannstatt aus und der Linie 57 vom Pragsattel aus mit Bussen der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) erreichbar. Die Folge sind nahezu tägliche Staus auf der engen, als einzigem Zubringer dienenden Auerbachstraße.
Verkehrsminister Hermann: Variante zum Burgholzhof interessant
Eine mögliche Anbindung an die Stadtbahn, wie von der CDU in Bad Cannstatt ins Spiel gebracht, hält der Klinikchef für zu teuer und langwierig. Unterstützung erhält Alscher dabei nicht nur vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), auch der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Die Grünen) sieht in der Idee „eine praktikable, preisgünstige und schnell umsetzbare Variante“. Insbesondere die Anbindung des Krankenhauses an den wichtigen Verkehrsknotenpunkt auf dem Pragsattel hält er für mehr als interessant. Dort verkehren mit der U6, U7, U13 und U15 gleich vier SSB-Stadtbahnlinien sowie weitere Buslinien. Sowohl „die geplante Route über unbewohntem Gebiet, als auch die wahrscheinliche Fahrgastverteilung“ würden eine fachliche Prüfung verdienen, ist Hermann überzeugt und stellte auch bereits eine Landesförderung in Aussicht.
Wohin die Tendenz des Stuttgarter Gemeinderats geht, ist derzeit noch völlig offen. Doch eines scheint klar: Die Idee einer Seilbahn schwebt weiter über Stuttgart.