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Mit 500 Sensoren und 64 Kilometern Glasfaser haben Wissenschaftler die schlafenden Vulkane unter der Eifel neu vermessen – mit überraschenden Ergebnissen.

Mendig – Tief unter der idyllischen Eifellandschaft schlummern mehrere Hundert Vulkane – typische Vertreter sogenannter Verteilter Vulkanfelder. Einer dieser Vulkane hat vor 13.000 Jahren die verheerende Eruption des Laacher Sees verursacht. Jetzt hat ein Forschungsteam in die Tiefe geblickt und entdeckt, dass das Magmareservoir unter dem Laacher See ganz anders aussieht als gedacht: Es liegt tiefer, ist schräg geneigt und gibt bis heute Lebenszeichen von sich. Über tausend Mikrobeben in nur einem Jahr zeugen davon, dass unter der Oberfläche etwas vor sich geht.

Der Lacher See, Luftaufnahme mit einer Drohne. (Archivbild)Der Lacher See, Luftaufnahme mit einer Drohne. (Archivbild) © Thomas Frey/dpa

Zwischen Herbst 2022 und Sommer 2023 verwirklichten Geologen des GFZ Helmholtz-Zentrums für Geoforschung gemeinsam mit Partnern aus Deutschland und Luxemburg ein außergewöhnliches Vorhaben: Sie verteilten mehr als 500 seismische Sensoren in der Eifel. Zusätzlich nutzten sie eine 64 Kilometer lange Glasfaserleitung als hochsensibles Messinstrument. Die Lichtsignale in der Faser reagieren bereits auf winzigste Erschütterungen und Temperaturveränderungen in der Umgebung.

Ein präziser Blick in den Untergrund der deutschen Vulkanlandschaft in der Eifel

Diese Dichte an Messpunkten – manchmal lagen sie keine zwei Kilometer auseinander – ermöglichte erstmals einen präzisen Blick in den Untergrund der deutschen Vulkanlandschaft. Prof. Dr. Torsten Dahm (GFZ), der das Projekt leitete, und sein Team sprechen von einem „Large-N“-Experiment, weil eine außergewöhnlich große Zahl von Sensoren zum Einsatz kam.

Was die Auswertung der Messdaten offenbarte, hatte niemand so erwartet: Das Magmareservoir, aus dem vor 13.000 Jahren die gewaltige Eruption des Laacher Sees gespeist wurde, reicht bis zu zehn Kilometer in die Tiefe – weiter hinab als Fachleute bislang angenommen hatten. Zuvor konnten Forschende die Dimensionen und Position dieser unterirdischen Kammer nur indirekt aus den Ascheablagerungen bei Mendig ableiten.

Lava und Aschewolken: Diese 25 Vulkane auf der Welt sind aktiv – einer sticht besonders herausLava und Aschewolken: Diese 25 Vulkane auf der Welt sind aktiv – einer sticht besonders herausFotostrecke ansehenIn der Vulkaneifel gab es in einem Jahr mehr als tausend Mikrobeben

Doch damit nicht genug: Die seismischen Daten zeigen, dass sich das Reservoir nicht senkrecht in die Tiefe erstreckt, sondern schräg geneigt ist. Es fällt in Richtung des Neuwieder Beckens ab – genau dorthin, wo sich auch die meisten der winzigen Erdbeben konzentrieren, die das Messnetz registrierte.

Die außergewöhnliche Datenfülle erlaubte es, innerhalb von zwölf Monaten mehr als tausend Mikrobeben präzise zu verorten. Der Großteil dieser minimalen Erschütterungen trat in einem schmalen, vertikal verlaufenden Bereich zwischen Ochtendung und dem Laacher See auf. Unerwartet waren jedoch auch Bebenhäufungen am Rand jener Zonen, in denen die seismischen Wellen sich anders ausbreiten als im umgebenden Gestein. Dies könnte auf höhere Temperaturen in diesen Bereichen hindeuten.

„Ob es sich dabei um Magma oder magmatische Fluide handelt, ist noch nicht geklärt“

„Ungewöhnlich sind auch die starken Reflexionen seismischer Wellen an Schichtgrenzen in der oberen und unteren Kruste unter dem Neuwieder Becken“, erklärt Dahm. „Die Stärke der Reflexionen deutet darauf hin, dass sich Fluide in diesen Schichten angesammelt haben. Ob es sich dabei um Magma oder magmatische Fluide handelt, ist noch nicht geklärt und soll mithilfe verbesserter Auswertemethoden untersucht werden“, sagt der Leiter des Experiments.

Die Erkenntnisse aus diesem Mammutprojekt schaffen eine solide Basis, um die vulkanischen Vorgänge in der Eifel zukünftig genauer einschätzen zu können. Das Forscherteam hat die Resultate in drei wissenschaftlichen Fachzeitschriften publiziert: Seismica, Journal of Geophysical Research: Solid Earth und Geophysical Journal International. Weitere Analysen sollen nun Aufschluss darüber geben, welche Substanzen sich in der Erdkruste angesammelt haben und welche Bedeutung die geneigte Lage des Magmareservoirs für mögliche künftige vulkanische Ereignisse hat. (Quelle: GFZ-Mitteilung) (tab)

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