Schädelvergleich enthüllt Beißtechnik
Wie die Tiere diese Samen genau öffnen, haben nun Forschende um Randall näher untersucht. Dafür analysierten sie die Anatomie aller vier lebenden Arten von Bürstenkängurus: dem Lesueur-Bürstenkänguru (Bettongia lesueur oder „Boodie“), dem Bürstenschwanz-Rattenkänguru (Bettongia penicillata oder „Woylie“), dem Tasmanien-Bürstenrattenkänguru (Bettongia gaimardi) und dem Nördlichen Bürstenrattenkänguru (Bettongia tropica). Die beiden erstgenannten Arten fressen Santalum-Samen, letztere nicht, weil diese in ihrem Lebensraum gar nicht vorkommen.
Das Team scannte insgesamt 161 Schädel dieser Beuteltiere aus Museen in ganz Australien und erstellte daraus digitale 3D-Modelle ihrer Köpfe. Dann verglichen sie Schädelform und Beißwerkzeuge aller vier Arten, um herauszufinden, wie sich die beiden Nussknacker an ihre harte Nahrung angepasst haben.
Maddison Randall und ihre Kollegen scannten die Schädel von mehr als 160 Bürstenkänguru-Skeletten, die in australischen Museen aufbewahrt werden. © Flinders University
Zwei verschiedene Anpassungsstrategien
Das Ergebnis: „Wir hatten erwartet, dass die Schädel dieser winzigen Tiere Kieferanpassungen aufweisen, die höheren Beißkräften standhalten“, sagt Randall. Solche Anpassungen fanden sie tatsächlich. „Wir stellten aber überrascht fest, dass die beiden samenknackenden Arten unterschiedliche Kieferformen und Beißmechanismen für dieselbe Herausforderung entwickelt haben.“
Der Boodie hat demnach einen robusteren Schädel als die anderen Arten sowie ein kürzeres Gesicht mit tieferliegenden Jochbögen. „Dadurch hat er mehr Hebelwirkung und kann kräftiger zubeißen“, berichtet Koautorin Vera Weisbecker von der Flinders University. „Der Woylie hingegen besitzt einen verstärkten Kieferbereich, in dem das Samenknacken stattfindet.“ Zudem liegen die Prämolaren des Woylie weiter hinten im Gebiss und ihre Kronen sind schüsselförmiger, so dass die Samen gezielt in diesen „Knackbereich“ des Kiefers positioniert werden. Durch die Fokussierung auf eine kleinere Fläche steigt die Bisskraft, erklärt das Team.
Dass der Woylie eine andere Strategie zum Nussknacken entwickelt hat als der Boodie, könnte daran liegen, dass er sich sein langes Gesicht zugunsten einer anderen Fähigkeit bewahrt hat. Denn er benötigt seine lange Schnauze zum Aufspüren von Trüffeln und anderen Pilzen im Erdboden. Bei langen Nasen ist die Oberfläche im Inneren größer, was den Geruchssinn verbessert, wie die Forschenden erklären. Dadurch hat der Woylie ein breiteres Nahrungsspektrum als der Boodie.
Ernährung als Schlüssel zum Artenschutz
Das Wissen um die Ernährungsweise dieser beiden Arten könnte nun helfen, die Bürstenkängurus besser zu schützen. Denn alle vier Arten sind stark bedroht. „Ihr Verbreitungsgebiet hat sich seit der europäischen Besiedlung auf einen Bruchteil ihres ursprünglichen Lebensraums reduziert“, berichtet Seniorautor Rex Mitchell von der Flinders University. „Informationen über ihre Ernährung sind für den Artenschutz von entscheidender Bedeutung und könnten genutzt werden, um geeignete Lebensräume für Wiederansiedlungsinitiativen zu ermitteln.“
Den Bestand der Bürstenkängurus zu stabilisieren, hätte auch nützliche Nebeneffekte für die Umwelt. Denn die Tiere graben auf Nahrungssuche regelmäßig den Boden um. Das fördert die Bodengesundheit, den Wasserhaushalt und das Pflanzenwachstum und trägt somit zum Gedeihen des ganzen Ökosystems bei. (Zoological Journal of the Linnean Society, 2025; doi: 10.1093/zoolinnean/zlaf158)
Quelle: Flinders University
23. Dezember 2025
– Claudia Krapp