Hannover – Ein schwerkranker Mann liegt im Krankenhausbett, die Augen müde, aber voller Liebe. Neben ihm sein Hund: die Pfote auf der Decke, Kopf an Kopf mit ihm. Sanft streichelt er ihn. Nichtsahnend, dass dies ihr letzter gemeinsamer Moment sein wird.

Es sind Marc Hairapetian (57), Journalist und Herausgeber des Kulturmagazins „Spirit – Ein Lächeln im Sturm“ aus Berlin, und sein treuer Husky Felix (15). „Er hat mich angeschaut, als wollte er sagen: Alles wird gut“, erzählt Hairapetian. Doch kurz darauf wird Felix eingeschläfert. „Ohne meine Zustimmung“, sagt sein Herrchen.

Lebensgefahr, künstliches KomaEin Foto aus glücklichen Tagen der Gemeinsamkeit: Hairapetian und sein Felix im Sommer vor zwei Jahren

Ein Foto aus glücklichen Tagen der Gemeinsamkeit: Hairapetian und sein Felix im Sommer vor zwei Jahren

Foto: Privat

Sechs Tage zuvor war Hairapetian mit Felix zu Besuch bei seiner 97-jährigen, pflegebedürftigen Mutter in Hannover. Dann kippt die Situation plötzlich: Atemnot, extreme Schwäche. In der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) diagnostizieren Ärzte eine schwere Lungenentzündung, offenbar in Verbindung mit einem Herzinfarkt. Hairapetian schwebt in Lebensgefahr, er liegt zwei Tage im künstlichen Koma.

Nachbarin gibt Felix ins Tierheim

Während er um sein Leben kämpft, glaubt er Felix in sicheren Händen. Er hatte den Hund der langjährigen Nachbarin seiner Mutter übergeben, die sich kümmern wollte. Doch sie gab den Husky ins Tierheim.

Eine Freundin von Hairapetian filmte, wie Felix in der MHH zu seinem Herrchen gebracht wurde

Eine Freundin von Hairapetian filmte, wie Felix in der MHH zu seinem Herrchen gebracht wurde

Foto: Privat

Nach dem Erwachen aus dem Koma erfährt Hairapetian, wo sein Hund ist. „Ich war außer mir“, sagt er. Wenig später wird Felix zu ihm in die MHH gebracht. „Er war lebendig. Er war da“, erklärt er. Hairapetian erfährt, dass Felix einen Tumor im Bauchraum hat und eingeschläfert werden soll. Der Journalist widerspricht sofort: „Er frisst, läuft, erkennt mich. Ich werde dem niemals zustimmen.“ Von dem Tumor wisse er seit mehr als einem Jahr, sagt er. Tierärzte hätten geraten, nichts zu unternehmen, solange es dem Hund gut gehe.

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Was danach geschieht, ist für Hairapetian unbegreiflich. Drei Tage lang versucht er, Auskunft von Stadt und Tierheim zu bekommen – vergeblich. „Ich wollte wissen, wie es Felix geht.“ Am 12. Dezember erhält er die Nachricht seiner Anwaltskanzlei: „Ihr Hund wurde unmittelbar nach dem MHH-Besuch euthanasiert.“

Felix steht vor dem Krankenbett von Marc Hairapetian, der seit wenige Stunden aus dem Koma heraus ist

Felix steht vor dem Krankenbett von Marc Hairapetian, der seit wenigen Stunden aus dem Koma heraus ist

Foto: Privat

„Auch ohne Einwilligung des Halters“

Die Stadt Hannover weist den Vorwurf eines rechtswidrigen Handelns zurück. Laut einem Sprecher sei der Hund schwerstkrank gewesen. Die Rechtslage sei aus Sicht der Stadt eindeutig. „Auf Basis einer tiermedizinischen Begutachtung ist es möglich, dass die Veterinärbehörde zum Schutz des Tieres auch ohne Einwilligung des Halters tätig wird, um das Tier von weiteren erheblichen Schmerzen und weiterem Leiden zu verschonen“, so der Sprecher.

Marc Hairapetian, der in wenigen Tagen eine Bypass-Operation am Herzen vor sich hat, will dennoch gegen die Stadt klagen. „Mein Glaube an die deutsche Demokratie ist hin. Ich habe nicht damit gerechnet, dass man über meinen Kopf hinweg über Felix’ Tod bestimmt. Ich bin zerstört.“