
Die US-Regierung stoppt mehrere Offshore-Projekte vor der Ostküste. Die Aktienkurse großer Windkraft-Anlagenbauer stürzen ab. Die Politik könnte Folgen für die Planungssicherheit der Unternehmen haben.
US-Präsident Donald Trump ist erklärter Windkraft-Gegner. Bereits vor zehn Jahren, als er noch Präsidentschafts-Kandidat der Republikaner war, klagte er gegen einen geplanten Windpark in der Nähe seines Golfresorts in Schottland. Die Windkraftanlagen ruinierten seine Aussicht, hieß es. Einen Rechtsstreit verlor er damals. Nun, als Präsident der Vereinigten Staaten, hat er andere Mittel. So setzte seine Regierung kurzerhand die Pachtverträge für mehrere im Bau befindliche Offshore-Projekte, also Windparks auf dem Meer, vor der Ostküste der USA aus.
Die Reaktion an der Börse folgte prompt: Aktien des dänischen Energiekonzerns Ørsted rutschten in der Spitze um über 12 Prozent ab. Ørsted ist nach eigenen Angaben Weltmarktführer im Bereich Offshore-Windenergie. Neben dem dänischen Konzern sind Projekte des US-Konzerns Dominion Energy und des norwegischen Energie-Unternehmens Equinor von der 90-tägigen Aussetzung betroffen. Es handelt sich um insgesamt fünf große Offshore-Windparkprojekte.
Genehmigungen waren bereits erteilt
Begründet hat die US-Regierung den Schritt dies mit Bedenken für die nationale Sicherheit. Das US-Innenministerium teilte am Montag mit, der Schritt sei eine Reaktion auf Beschwerden des Verteidigungsministeriums. Die Bewegung der großen Rotorblätter sowie die stark reflektierenden Türme der Anlagen verursachten Radarstörungen. Das könne die Lokalisierung und Erkennung von Bedrohungen erschweren. Die Aussetzung gebe den Bundesbehörden Zeit, mit den Pächtern und den Bundesstaaten zusammenzuarbeiten, um die Risiken zu bewerten.
Das nimmt Zeit in Anspruch, was die Unternehmen Geld kostet. Denn die Projekte sind teilweise in einem sehr weit fortgeschrittenen Bau-Stadium. So schreibt Projektentwickler Ørsted über die beiden Windfarmen „Revolution Wind“ und „Sunrise Wind“, die Rhode Island, Connecticut und New York mit Strom aus Windkraft versorgen sollen, das sie „bereits ab 2026 zuverlässigen und bezahlbaren Strom für amerikanische Haushalte liefern werden“.
Revolution Wind werde voraussichtlich im Januar mit der Stromerzeugung beginnen. Die Projekte verfügten demnach „über alle erforderlichen Genehmigungen auf Bundes- und Landesebene, die nach jahrelangen, umfassenden Prüfungen erteilt wurden“. Ørsted prüfe nun gemeinsam mit seinen Partnern alle Optionen, um die Angelegenheit zügig zu lösen.
Gift für Investitionen?
Im August hatte die Regierung bereits den fortgeschrittenen Bau des Projekts Revolution Wind von Ørsted gestoppt, ein Bundesrichter hob das Verbot jedoch später auf. Diese kurzfristigen Einmischungen der US-Regierung in längst verhandelte Verträge führten zu großer Unsicherheit bei Unternehmen, urteilt ING-Bank Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Wenn von langer Hand geplante, millardenschwere Projekte so leicht gestoppt werden könnten, überlegten sich Unternehmen künftig zweimal, ob sie in den USA investieren wollen.
„Das ist ein deutliches Signal an Investoren, sehr zurückhaltend zu sein mit ihren Investitionen,“ so Brzeski gegenüber tagesschau.de. Vor allem wenn es sich um Investitionen handle, die langfristig angelegt seien. „Ein Windpark braucht Jahre, bis man ihn gebaut hat, bis sich die Investition am Ende auch auszahlt.“ Nicht zuletzt schüre das willkürliche Verhalten der US-Regierung Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der Vereinigten Staaten, so Volkswirt Brzeski.
Vertreter von Bundesstaaten, Windkraft-Unternehmen und Branchenverbände kritisierten den Schritt als ungerechtfertigt. „Die Trump-Regierung sucht nach jeder Ausrede, um ihren Angriff auf saubere Energie fortzusetzen“, sagte die Gouverneurin von New York, Kathy Hochul. „Für diesen Stopp gibt es jedoch keine glaubwürdige Rechtfertigung.“
Siemens Energy weniger betroffen
Die Aktien des deutschen Energietechnik-Konzerns Siemens Energy waren zunächst kaum betroffen, drehten im Handelsverlauf jedoch leicht ins Minus. Der Münchner Konzern ist nach eigenen Angaben nur Zulieferer für die betroffenen Offshore-Windparks von Ørsted – steht also nicht so stark im Risiko wie der Projektentwickler selbst.
„Ein Großteil der Turbinen für die US-Offshore-Projekte ist bereits produziert“, heißt es in einem Statement von Siemens Energy. „Die bestehenden Verträge behalten ihre Gültigkeit.“ Mit Blick auf die USA mache das Offshore-Geschäft von Siemens Energy mittlerweile nur noch einen kleineren Teil des globalen Geschäfts aus.
