Leipzig. Es ist die lang ersehnte Nachricht – und sie kommt buchstäblich in letzter Sekunde vor dem Weihnachtsfest: Nach Informationen der Leipziger Volkszeitung ist im Ringen um die Zukunft des Leipziger Straßenbahnherstellers Heiterblick ein Durchbruch gelungen. Der polnische Konzern PESA und die Leipziger haben am Tag vor Heiligabend eine Vereinbarung unterzeichnet. Mit dem Deal seien die Fortführung und der Ausbau des Geschäftsbetriebs möglich, hieß es aus informierten Kreisen. Auch Industriearbeitsplätze in Leipzig würden damit gesichert. Derzeit sind bei Heiterblick rund 250 Mitarbeiter beschäftigt.

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Mit der Unterzeichnung der Vereinbarung endet eine monatelange Hängepartie, die im April mit dem Insolvenzantrag begann und bis zuletzt auch politisch für Nervosität sorgte. Zum Weihnachtsfest sind jetzt die Weichen für die Rettung gestellt – nun müssen vor dem Vollzug noch die letzten Hürden bewältigt werden.

Heiterblick-Sitz im Leipziger Westen: Einstieg von PESA steht bevor.Heiterblick in Leipzig: „Sind auf einem guten Weg“

So steht die Grundsatzvereinbarung den informierten Kreisen zufolge noch unter dem Vorbehalt abschließender Bestätigungen und Zustimmungen – insbesondere von den Banken und Kunden. Insider gehen davon aus, dass die Verhandlungen bis zum Ende des ersten Quartals 2026 abgeschlossen sind. Aus dem Unternehmensumfeld hieß es dazu: „Wir haben eine Grundsatzverständigung. Das heißt, es ist noch nicht alles final geklärt, aber wir sind auf einem guten Weg.“ Endgültig im Kasten ist der Einstieg damit noch nicht.

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Im neuen Jahr gelte es nun, die noch offenen Punkte final zu klären. „Hierzu zählen vor allem verbindliche Zusagen der Gläubiger und der Banken“, erklärten mit den Vorgängen vertraute Personen. Es sei wichtig, dass Heiterblick dieser Durchbruch in den Verhandlungen vor Weihnachten gelungen sei. „Dies gibt den Beschäftigten und dem Standort jetzt Zuversicht für die kommenden Monate.“

PESA will Leipzig für Expansion nutzen

Nicht bekannt wurde zunächst, wie viele Anteile des Unternehmens PESA konkret übernehmen will. Das polnische Unternehmen, mehrheitlich im Besitz des Entwicklungsfonds PFR, äußerte sich am Tag vor Heiligabend zunächst nicht. Auch ein Heiterblick-Sprecher wollte auf Nachfrage keine Auskunft geben. Er verwies lediglich darauf, dass es im Januar eine offizielle Kommunikation geben werde.

PESA möchte den Leipziger Standort von Heiterblick offenbar auch für eine Expansion nach Westeuropa nutzen. Der größte polnische Schienenfahrzeugbauer gilt als „Riese aus dem Osten“. Nicht nur für Polen baut PESA Fahrzeuge, sondern auch für Italien oder Tschechien.

Leipziger Stadtrat ebnete Weg für Deal

Dass die Vereinbarung nun erzielt wurde, werten mit den Vorgängen vertraute Kreise als Beweis dafür, dass Heiterblick ein gutes Geschäftsmodell habe, „das zukunftsfähig ist und das jetzt auch neue finanzielle Stabilität bekommt und einen starken industriellen Partner.“ Hiervon profitierten die Mitarbeiter, der Standort und die Region. Wichtig sei jetzt, dass alle Kunden mitziehen: „An ihnen hängt der zukünftige Erfolg des Unternehmens.“

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Dass die Grundsatzvereinbarung jetzt steht, hängt auch mit einem Beschluss des Leipziger Stadtrates aus der vergangenen Woche zusammen. In geheimer Sitzung hatte dieser den Weg für den Kauf von 30 neuen Straßenbahnen durch den stadteigenen LVV-Konzern geebnet. Die Stadt sichert den Kauf nach LVZ-Informationen mit bis zu 150 Millionen Euro ab. Sollte alles klappen, muss die Stadt das Geld nicht aufbringen. PESA hatte eine mittelfristige Auslastung des Werks offenbar als Voraussetzung für einen Einstieg bei Heiterblick gemacht. Mit der Bestellung soll das erfüllt werden.

Auch mit den jeweiligen Nahverkehrsgesellschaften in Würzburg und Dortmund waren in den vergangenen Tagen Vereinbarungen zustande gekommen. Diese hatten ebenfalls Bahnen bei Heiterblick bestellt – und mussten monatelang um deren Auslieferung bangen.

Die neuen Heiterblick-Bahnen hatten die LVB schon 2023 enthüllt. Bisher wurde keine der Bahnen ausgeliefert.Krisenmanagement bei Heiterblick aus Leipzig

Seit April lief das Krisenmanagement am Heiterblick-Sitz im Leipziger Westen auf Hochtouren. Auch bei den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) war die Nervosität groß: Die LVB haben bei Heiterblick 25 XXL-Straßenbahnen bestellt, die für die kommenden Jahre fest eingeplant sind. Für Leipzig ging es somit um die Verkehrswende – und um 250 Industrie-Jobs in einem Traditionsbetrieb.

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Dass nun, kurz vor Weihnachten, weitgehend eine Lösung für Heiterblick steht, war lange Zeit nicht klar. Nachdem Heiterblick im April in die Insolvenz gerutscht war, drang monatelang nur wenig an die Öffentlichkeit. Im Sommer dann die Hiobsbotschaft: Das Alstom-Werk in Görlitz setzte die Lieferung von Wagenkästen an Heiterblick aus. Im Herbst sprangen Görlitz und Zwickau als Käufer von Heiterblick-Straßenbahnen ab.

Doch im Hintergrund liefen seit Monaten Verhandlungen mit potenziellen Investoren – mehrere Konzerne hatten ihr Interesse bekundet. Mit dem polnischen Konzern PESA passte es offenbar am besten, sodass in den vergangenen Wochen letzte Details zum Einstieg und mit den Auftraggebern aus Leipzig, Dortmund und Würzburg geklärt werden konnten. Auch wenn nun noch nicht alle Verträge unterschrieben sind – der große Rahmen ist gesetzt.

LVZ