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  • Ex-Oberst Jacques Baud will die von der EU gegen ihn verhängten Sanktionen anfechten.
  • Dem ehemaligen Mitarbeiter des Nachrichtendienstes des Bundes wird Verbreitung prorussischer Propaganda vorgeworfen.
  • Bauds Anwälte wollen sich direkt an den Rat der Europäischen Union wenden.

Er werde auch Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einreichen, sagte Baud auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Es gebe keine Hinweise darauf, dass er eine Straftat begangen habe, verteidigen habe er sich auch nicht können. Der Sanktionsentscheid sei rein politisch, nicht juristisch.

Drei Personen bei einem Meeting mit Mikrofonen.

Legende:

War bis in die oberste Etage der Schweizer Regierung vernetzt: Jacques Baud (Mitte) neben alt Bundesrätin Simonetta Sommaruga (links) und der damaligen St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter. Sie trafen sich anlässlich des Forums «Innere Sicherheit» des Verbands Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB) im 2011.

KEYSTONE / Peter Schneider

Der in Brüssel lebende ehemalige Mitarbeiter des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) gab an, am Montag einen Anruf der Schweizer Botschafterin in Den Haag erhalten zu haben. «Sie hat mir lediglich Links zu der EU-Seite weitergeleitet, die sich mit diesen Sanktionen und den Beschwerdeverfahren im Allgemeinen befassen und die ich bereits kannte. Aber sie hat mir keine Informationen darüber gegeben, was die Schweiz tut oder zu tun gedenkt», sagte Baud.

«Das EDA hat Herrn Baud kontaktiert und ihm Unterstützung im Rahmen des Möglichen angeboten. Zudem haben wir heute bei den zuständigen EU-Behörden mehr Informationen über die Hintergründe und die Konsequenzen ihres Entscheides verlangt» bestätigt ein EDA-Sprecher gegenüber SRF.

Fall auch Thema im Parlament

Nach Einschätzung Bauds hat sich die Schweiz für ihn nur eingesetzt, um auf seine Erklärungen gegenüber der «Weltwoche» zu reagieren. Im Gespräch mit Chefredaktor Roger Köppel hatte Baud am Montag erklärt, dass er die Schweizer Mission bei der EU am 12. Dezember angerufen habe, ohne mit der Botschafterin sprechen zu können, «die keine Zeit für ihn hatte».

Das ist ein undemokratisches Vorgehen

Der Fall Baud ist bis ins Bundesparlament vorgedrungen, wo zwei SVP-Politiker den Bundesrat zu diesem Thema befragt haben. Laut der Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» handelt es sich dabei um den Walliser Nationalrat Jean-Luc Addor und seinen Ratskollegen, den Luzerner Franz Grüter.

Grüter zeigt sich gegenüber SRF schockiert: «Das ist ein undemokratisches Vorgehen. Was mich am meisten stört, ist, dass diese betroffenen Personen nicht mal rechtliches Gehör bekommen. Das heisst, sie können sich eigentlich gar nicht wehren gegen diese willkürlichen Sanktionen.»

Begründung: «Informationsmanipulation»

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Der siebzigjährige «strategische Analyst» Jacques Baud sei «regelmässig» Gast in prorussischen Fernseh- und Radioprogrammen, wie es in der EU-Durchführungsverordnung heisst. Baud habe beispielsweise die Ukraine bezichtigt, die russische Invasion selbst herbeigeführt zu haben, um der Nato beizutreten.

Der Westschweizer helfe durch seinen Einsatz von Informationsmanipulation und seine Einflussnahme, die Stabilität oder die Sicherheit in der Ukraine zu untergraben oder zu bedrohen, heisst es weiter.

Baud hat Bücher über den russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen «Operation Z», die als «militärische Spezialoperation» bezeichnete russische Vollinvasion der Ukraine, geschrieben, mit dem Anspruch, die aus seiner Sicht wahren Hintergründe aufzudecken.

Neben Baud sanktionierte die EU elf weitere Personen sowie eine russische Streitkräfteeinheit und eine Propagandagruppe wegen destabilisierender Aktivitäten. Derzeit listet die Verordnung 59 Personen und 17 Organisationen auf wegen «destabilisierender Aktivitäten Russlands».

Der Fall wirft die Frage auf, wo das Grundrecht der Meinungsfreiheit aufhört, und wann eine Einschränkung legitim ist. Markus Schefer, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Basel sagt dazu: «Aus Sicht der Meinungsfreiheit dürfen Behörden Meinungen nicht einfach deshalb einschränken, weil sie ihnen nicht passen, oder weil sie ihnen zutiefst zuwider sind. Sondern es ist erforderlich, dass eine Meinungsäusserung Dritte zu Handlungen aufruft, die sich dann ganz konkret in schwerwiegenden Verletzungen hochwertiger Rechtsgüter niederschlagen, wie beispielsweise Leib und Leben.»

Ob diese hohe Voraussetzung im Fall Baud tatsächlich erfüllt ist, werden die Gerichte entscheiden müssen.

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